Der FC Bayern München hat sich zum Ziel gesetzt, das Champions-League-Finale in München zu erreichen. Durch einen Treffer in der Nachspielzeit gegen Celtic Glasgow stehen sie nun zwar im Achtelfinale. Doch die Leistung war stark ausbaufähig.

Eine Analyse
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Die Freude war groß, die Erleichterung noch mehr. Die Spieler des FC Bayern München hüpften feiernd vor dem Fanblock der Allianz Arena, nachdem sie durch das 1:1 gegen Celtic Glasgow (Hinspiel 2:1) das Achtelfinale der Champions League erreicht hatten. Zeitweise sah es nämlich so aus, als könnten sie gegen den Außenseiter aus Schottland scheitern.

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FC Bayern jubelt
Am Ende können die Bayern jubeln, souverän war der Auftritt allerdings nicht. © IMAGO/Oryk HAIST

Defensive Fehleranfälligkeit zeigte sich bereits früh

Bereits früh in der ersten Halbzeit zeigte sich die Fehleranfälligkeit der Defensive. Zwischen der 16. und der 18. Minute ließ der FC Bayern gleich drei hochkarätige Chancen zu. Beim ersten Angriff wurde Rechtsverteidiger Josip Stanisic von seinem Gegenspieler Jota zu einfach ausgespielt. Eine Minute später genügten zwei schnelle Pässe, um die komplette Abwehr zu überspielen.

Schlussendlich leistete sich Innenverteidiger Dayot Upamecano einen Querschläger, der beim Gegner landete. Glück für den FC Bayern, dass Glasgow keine der drei Chancen nutze, die aus diesen Fehlern resultierten. Eine Top-Mannschaft wie Atlético Madrid oder Bayer Leverkusen – eine davon wird je nach Auslosung am Freitag im Achtelfinale der Gegner sein – macht daraus möglicherweise zwei bis drei Tore.

Gegentreffer resultierte aus einer Fehlerkette

In der zweiten Halbzeit setzte sich die Problematik fort. Der Gegentreffer zum 0:1 war auf eine Fehlerkette zurückzuführen: Der unter Druck stehende Stanisic spielte den Ball ins Leere, sodass sein Gegenspieler Daizen Maeda an den Ball herankommen und in den Lauf von Nicolas Kühn spielen konnte.

Die Verteidiger Raphael Guerreiro und vor allem Min-Jae Kim sahen beim Klärungsversuch ganz schlecht aus. Letzterer grätschte an Kühn vorbei. Fast noch unverständlicher: Der zweite Innenverteidiger Upamecano war völlig falsch positioniert. Als Celtic den Angriff einleitete, stand er noch in der gegnerischen Hälfte. Die Konsequenz: Kühn konnte zum Tor vordringen und Manuel Neuer überwinden.

Ex-Bayern-Spieler Nicolas Kühn erzielt die Führung für Celtic
Ex-Bayern-Spieler Nicolas Kühn erzielt die Führung für Celtic. © IMAGO/Philippe Ruiz

"Es ist durchaus ein Thema beim FC Bayern, dass sie häufig das Gefühl haben, sie haben vieles unter Kontrolle – und dann kassieren sie einfache Gegentore", sagte Prime-Kommentator und Ex-Nationalspieler Benedikt Höwedes. Selbst nach dem Gegentreffer war noch eine gewisse Konteranfälligkeit vorhanden.

Höwedes bescheinigt Bayern "eine mittelmäßige Leistung"

Ein weiterer Rückschlag war, dass Harry Kane verletzungsbedingt zur Halbzeit ausgewechselt werden musste. Ob dem Stürmer ein längerer Ausfall droht, konnte Trainer Vincent Kompany noch nicht prognostizieren. Über die Leistung seiner Mannschaft sagte er: "Die erste Halbzeit hätte besser sein können. Die zweite Halbzeit war eigentlich gut. Wir hätten mehr Tore schießen können."

Min-Jae Kim und Leon Goretzka
Min-Jae Kim (r.) konnte gegen Celtic nicht wirklich überzeugen. Für Teamkollege Leon Goretzka geht es aktuell vielmehr darum, die richtigen Ergebnisse einzufahren. © IMAGO/Bernd Feil/M.i.S.

Erst in der letzten Minute der Nachspielzeit gab es für den FC Bayern die Erlösung: Michael Olise spielte eine Flanke in den Strafraum, Leon Goretzka köpfte den Ball aufs Tor, Alphonso Davies traf daraufhin per Abstauber zum 1:1. "Man kann nicht sagen, dass sich das Tor abgezeichnet hat", sagte Höwedes und bezeichnete den Auftritt des FC Bayern als "eine mittelmäßige Leistung".

Die Begründung: "Bayern war auf ganz vielen Positionen nicht am obersten Limit. Ich würde Kimmich herausnehmen, weil er als Leader sehr präsent war. Aber viele andere Spieler sind einfach nicht an ihr Maximum gekommen. Zudem gab es einfache Fehler, auch im Spielaufbau und in Pressing-Situationen… Sie haben sich am Ende mit viel Dusel durchgekämpft."

Der deutsche Rekordmeister hatte zwar 67 Prozent Ballbesitz und ein Torschussverhältnis von 23:5. Dennoch bleibt nach dem 0:0 bei Bayer Leverkusen und dem 1:1 gegen Glasgow der Eindruck, dass dem FC Bayern derzeit die fußballerische Leichtigkeit fehlt. "Es ist nicht einfach, so viele Spiele zu haben", sagte Torschütze Davies als Begründung und sprach dennoch von einer guten Leistung.

Fehler wie der FC Bayern "darfst du dir als Top-Mannschaft nicht erlauben"

Prime-Experte Matthias Sammer bewertete die jüngsten Leistungen differenzierter. "Es waren nicht die beiden besten Spiele", sagte Sammer. Gegen Leverkusen wäre das zwar nicht mit einem Gegentor bestraft worden, gegen Glasgow hingegen schon. "Du darfst dir als Top-Mannschaft nicht erlauben, so ein Gegentor zu bekommen. Das bringt dich in die Bredouille."

Immerhin hätte der FC Bayern reagiert und in der Nachspielzeit getroffen. Das Ergebnis sei für Sammer "am Ende ein Arbeits-Unentschieden-Sieg." Prime-Expertin Josephine Henning ergänzte: "Haben wir das beste Celtic gesehen, was möglich war? Ja. Haben wir die beste Abwehr, die beste Leistung der Bayern gesehen? Nein."

Leon Goretzka war bewusst, dass sich der FC Bayern zuletzt schwertat. Dies sei allerdings nebensächlich. "In den letzten sechs Tagen und drei Spielen ging es einfach nur darum, Ergebnisse zu erzielen", erklärte der Mittelfeldspieler. "Ich glaube, wir sind noch immer die Mannschaft, die die meisten Tore in Europa geschossen hat und eine lange Zeit in der Saison super Fußball gespielt hat. Jetzt ging es einfach darum, Ergebnisse zu erzielen. Das haben wir geschafft."

Fraglich allerdings, ob es mit einer solchen Spielweise möglich ist, das Champions-League-Finale in München zu erreichen.

Verwendete Quellen

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Teaserbild: © IMAGO/Bernd Feil/M.i.S.