- Turbine Potsdam gewinnt 2:0 gegen Sand und klettert damit auf Platz 3. Der Einzug in die Champions League wäre gleich aus mehreren Gründen wichtig.
- Der SC Freiburg läuft seit Jahren unter dem Radar, bildet aber viele hochklassige Spielerinnen aus.
- Die Champions League ist das große Highlight der Woche. Bayern und Wolfsburg spielen in den großen Arenen – einiges an Potenzial bleibt dennoch ungenutzt.
Als Melissa Kössler in der 52. Minute nach einem Pressschlag mit Torhüterin Sarah-Lisa Dübel auf dem Boden lag, brach plötzlich Jubel aus. Die 22-Jährige hob den Kopf, sah, dass der Ball im Tor des SC Sand landete und breitete die Arme aus. Ein erleichterter Schrei folgte. In einem insgesamt zähen Spiel war dieser Treffer der Dosenöffner für einen extrem wichtigen Saisonsieg. Turbine Potsdam zieht mit den drei Punkten an Frankfurt vorbei und steht nun auf einem Champions-League-Platz.
Der 17. Spieltag in der Fußball-Bundesliga der Frauen hat in allen Bereichen der Tabelle für klarere Verhältnisse gesorgt. An der Spitze läuft es abermals auf einen klaren Zweikampf um den Titel hinaus, den der VfL Wolfsburg nun wieder von Platz 1 aus anführt. Nach Siegen im Nachholspiel beim SC Sand (2:1) und gegen die TSG Hoffenheim (3:0) verweist das Team den FC Bayern München derzeit auf den zweiten Platz. Aber die bleiben mit drei eigenen Punkten gegen Frankfurt dran. Die Tabelle:
Wo es Gewinnerinnen gibt, gibt es auch Verliererinnen. Mit der deutlichen Niederlage in Wolfsburg verliert die TSG Hoffenheim weiter den Anschluss an die Tabellenspitze. Indes hat der SC Sand trotz der Niederlage Glück, dass Essen und Bremen sich die Punkte teilen. Die Ergebnisse im Überblick:
- Bayern 4:2 Frankfurt
- Wolfsburg 3:0 Hoffenheim
- Potsdam 2:0 Sand
- Leverkusen 2:3 Freiburg
- Jena 1:3 Köln
- Essen 0:0 Bremen
In den Themen der Woche geht es um Turbine Potsdam, die Talenteschmiede Freiburg und die anstehenden Champions-League-Spiele in den großen Stadien.
Potsdam lebt den Traum – aus dem Schatten in die Sonne
Die TSG Hoffenheim oder Eintracht Frankfurt? Wer macht das Rennen um den dritten Champions-League-Platz in der Bundesliga? Immer wieder wurde diese Frage gestellt, immer wieder wurde Turbine Potsdam dahinter mehr oder weniger vergessen. Ihre starke Saison fand durchaus Beachtung. Vor allem die nun schwer verletzte Selina Cerci rückte mit ihren Toren zunehmend in den Fokus. Doch den großen Wurf trauen ihnen bis heute nur Wenige zu.
Und genau das macht sie für Frankfurt und Hoffenheim so gefährlich. Nach 12 Spieltagen hatte das Team aus der brandenburgischen Landeshauptstadt vier Punkte Rückstand auf die Eintracht, sechs auf die TSG. Jetzt grüßen sie vom sonnigen dritten Platz – zwei Zähler vor Frankfurt, fünf vor Hoffenheim. Potsdam begeistert mit gnadenlosem Offensivspektakel. Neben Cerci überzeugt vor allem die 22-jährige Melissa Kössler. Sie ist schnell, technisch hoch veranlagt und weiß ebenso wie ihre Kollegin, wo das Tor steht.
Das Team von Trainer Sofian Chahed presst aggressiv und hoch und weiß bei Ballgewinnen überfallartig und präzise umzuschalten. Gleichzeitig haben sie im Saisonverlauf dazugelernt. Ihr Spielstil hat an Balance gewonnen, in der Defensive wirken sie stabiler als noch zu Beginn. In den vergangenen sechs Pflichtspielen kassierten sie nur zwei Gegentore – allesamt beim 4:2-Sieg gegen Leverkusen.
Zahlreiche Verträge laufen aus – droht der Zerfall?
In den kommenden Wochen bietet sich ihnen eine große Chance. Gewinnen sie die kommenden zwei Partien gegen Freiburg und Köln, haben sie eine hervorragende Ausgangslage für die finalen drei Spieltage. Denn die haben es in sich: Zunächst müssen sie nach Hoffenheim, spielen dann daheim gegen Frankfurt, um abschließend in München anzutreten. Ein Mammutprogramm.
Dass sie bisher ohne großen Druck aufspielen konnten, schien zu helfen. Die Außenseiterrolle liegt ihnen. Jetzt aber grüßen sie aus der Pole Position im Rennen um den begehrten dritten Platz. Psychologisch könnte das die Situation verändern. Und auch aus einer anderen Richtungen weht etwas Gegenwind.
Aktuell laufen zwölf Verträge im kommenden Sommer aus – darunter sechs Spielerinnen, die gegen Sand in der Startelf standen und Cerci, die wegen ihres Kreuzbandrisses vielleicht kein Spiel mehr für Turbine macht. Zwar haben sie eine Kooperation mit Hertha BSC, aber finanziell nicht die Stabilität, die andere haben. Die Qualifikation für die Champions League könnte ihnen dabei helfen, die eine oder andere Schlüsselspielerin doch noch zu halten. Gelingt das aber nicht, droht der Zerfall.
SC Freiburg: Talenteschmiede des deutschen Frauenfußballs
Im Frauenfußball läuft der SC Freiburg chronisch unter dem Radar. Seit 2011 spielen sie durchgängig in der höchsten Spielklasse, seitdem feierten sie große Erfolge. Zwischen 2016 und 2018 wurden sie zweimal Vierter, einmal Dritter. Spielerinnen wie Klara Bühl, Giulia Gwinn oder Lina Magull (allesamt heute beim FC Bayern) wurden im Breisgau ausgebildet oder genossen zumindest wichtige Jahre ihrer Entwicklung dort.
Auch in dieser Saison spielen beim SC wohl einige Stars der Zukunft. Riola Xhemaili beispielsweise, die mit erst 19 Jahren eine bemerkenswerte Ruhe am Ball mitbringt und technisch hochveranlagt ist. Sie hat sich in den vergangenen Monaten zu einer Konstante im Freiburger Mittelfeld entwickelt. Oder Ereleta Memeti (22), die letzte Woche zweimal gegen Jena traf und mit ihren Tiefenläufen sowie ihrem präzisen Abschluss stets für Gefahr sorgt.
Ob Marie Müller (21), Svenja Fölmli (19), Janina Minge (22) oder Rafaela Borggräfe (22) – auf nahezu allen Positionen hat Freiburg junge Spielerinnen, die in der Bundesliga noch lange eine große Rolle spielen können. Der SC versteht sich selbst als Ausbildungsverein, muss mit dem Verlust solcher Talente also jederzeit rechnen. Wie sie ihre Aufgabe in den vergangenen Jahren aber gelöst haben, ist trotz oder gerade wegen der fehlenden Aufmerksamkeit bemerkenswert.
Spielerin der Woche: Giovanna Hoffmann
Wieder ist es eine Freiburgerin, die sich mit ihren Leistungen ein Sonderlob verdient hat. Die 23-Jährige wurde zur Pause bei einem 0:2-Rückstand gegen Leverkusen eingewechselt, versenkte den Ball anschließend aus gut 20 Metern Entfernung im Winkel, holte einen Elfmeter raus und war auch beim entscheidenden dritten Tor zum 3:2-Sieg in der Nachspielzeit direkt beteiligt.
Champions League: Endlich auf der ganz großen Bühne!
"Die Meister. Die Besten. Les grandes équipes." Alle Fußball-Fans kennen diesen Text, viele bekommen schon beim Lesen Gänsehaut. Bei den Frauen war das in den letzten Jahren eher selten der Fall. Der Wettbewerb wurde ebenso wie der Sport insgesamt stiefmütterlich behandelt. Seit dieser Saison ist das anders.
Die Uefa hat tiefgreifende Reformen durchgesetzt, die nicht nur finanzielle Aspekte und Rahmenbedingungen deutlich verbesserten, sondern auch mehr Spiele auf hohem Niveau garantierten. So wurde beispielsweise eine Gruppenphase eingeführt – und eine ganz eigene Gänsehaut-Hymne. "The time is now", heißt es darin. Der vielleicht treffendste Satz.
Übertragen wird die Königsklasse in Deutschland von DAZN nicht nur mit der angemessenen Tiefgründigkeit und Leidenschaft, sondern für alle auf YouTube sogar frei zugänglich. Die aktuelle Champions-League-Saison ist damit eine Art Vorreiter in Bezug auf die Potenziale des Frauenfußballs und zeigt, wie unterhaltsam und spektakulär er sein kann, wenn die Rahmenbedingungen passen.
FC Bayern: Wie voll wird die Arena?
Vor allem ist das jetzt auch ein Anreiz für die großen Klubs, ihre Teams häufiger in den großen Stadien spielen zu lassen. International ist das für ausgewählte Spiele längst normal und auch der VfL Wolfsburg hatte das in der Vergangenheit schon gemacht. Im Viertelfinale werden neben den Wölfinnen aber auch die Bayern erstmals diesen Schritt wagen.
Inwiefern das Spiel am Dienstagabend gegen Paris Saint-Germain (18:45 Uhr) aber tatsächlich ein großer Erfolg wird, ist unklar. Über 2.000 Tickets gibt es noch zu kaufen, an die 10.000 Fans werden erwartet. Für mehr wurde in den letzten Jahren zu wenig getan. Die deutsche Gesellschaft lässt sich von den Potenzialen des Frauenfußballs noch nicht überzeugen – weil die Argumente oft zu halbherzig präsentiert werden.
Der FC Bayern bewirbt dieses anstehende Highlight beispielsweise wie ein typisches Spiel der Männermannschaft. Einige Plakate in der Stadt, ein paar Interviews sowie die regelmäßige Erinnerung daran, dass es noch Tickets gibt. Das Spiel der Frauen ist zwar präsent, die Frage, warum sich jemand dieses Spiel ansehen sollte, der Frauenfußball bisher skeptisch sieht, bleibt jedoch ungeklärt. Es fehlt an Überzeugungskraft. Die Schuld des seit Monaten hervorragend aufspielenden Frauenteams ist das aber sicher nicht. Ihre Argumente sind gut, sie müssen jedoch besser transportiert werden.
So geht es jetzt weiter
In der Bundesliga steht das Topspiel zwischen Frankfurt und Wolfsburg an (Samstag, 13:00 Uhr). Der Fokus liegt in dieser Woche aber auf der Champions League. Die Bayern haben zuletzt bewiesen, dass sie bereit sind für die Herausforderung gegen PSG. Zweimal sind sie nach Rückständen zurückgekommen und konnten sich so Selbstvertrauen holen.
Wolfsburg bekommt es mit dem FC Arsenal zu tun. Die Engländerinnen spielen eine hervorragende Saison, stehen mit einem Spiel mehr als Chelsea und zwei Punkten Vorsprung derzeit an der Tabellenspitze. Ein Blick auf den Clásico, wo den Frauen von Real Madrid eine ähnliche Klatsche droht wie den Männern, lohnt ebenfalls. Das Viertelfinale im Überblick:
- FC Bayern – Paris (Dienstag, 18:45 Uhr, DAZN)
- Real Madrid – FC Barcelona (Dienstag, 21:00 Uhr, DAZN)
- Juventus Turin – Olympique Lyon (Mittwoch, 18:45 Uhr, DAZN)
- FC Arsenal – VfL Wolfsburg (Mittwoch, 21:00 Uhr, DAZN)
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