Der FC Bayern München, Real Madrid, Atletico Madrid und der FC Chelsea stehen im Halbfinale der Champions League. Gelingt es den Bayern als erstem Klub, den Titel in der Königsklasse zu verteidigen? Holen Real oder etwa Atletico den Henkelpott nach Madrid? Oder gewinnt der FC Chelsea zum zweiten Mal nach 2012 die Champions League? Die vier Halbfinalisten im Favoritencheck:

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Der Topfavorit: FC Bayern München

Man hätte es ja kaum für möglich gehalten, doch der FC Bayern München spielt in dieser Saison tatsächlich noch besser als in der Triple-Saison unter Jupp Heynckes. Hätte Pep Guardiola es in seiner ersten Pressekonferenz Jürgen Klinsmann gleichgetan und versprochen "Ich will jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen", er hätte Wort gehalten. Franck Ribery und Arjen Robben sind unter ihm noch spielfreudiger und dabei mannschaftsdienlicher geworden; Philipp Lahm im Mittelfeld vereint Stabilität und Spielübersicht in einer Perfektion, die er sich selbst zu Beginn der Saison wohl kaum zugetraut hätte; die gesamte Mannschaft ist extrem flexibel und damit mehr auszurechnen. Nach einer kurzen Schwächephase wie in der ersten Hälfte gegen Manchester United, gelingt es Guardiolas Team, immer noch eine Schippe draufzulegen.

Zu den spielerischen Qualitäten der Bayern gesellt sich zudem ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber den vier anderen Teams: Der FCB ist bereits Deutscher Meister und muss im DFB-Pokal-Halbfinale gegen einen Zweitligisten ran. Der FCB kann sich also in aller Ruhe auf die Champions League konzentrieren, während sich Atletico und Real um die spanische Meisterschaft kabbeln und der FC Chelsea den FC Liverpool in der Premier League vor der Nase hat.

Die Sehnsüchtigen: Real Madrid

Sie wünschen sich diesen Titel so sehr: Es wäre der 10. Champions-League-Sieg für Madrilenen von Real, die heiß ersehnte "Decima". Und sie ist zum Greifen nah. Real hat in beiden Spielen gegen den FC Schalke 04 und auch im Hinspiel gegen Borussia Dortmund eine Klasse offenbart, die es fast legitimiert wieder von den "Galaktischen" zu sprechen. Zumindest wenn Madrids Weltfußballer Cristiano Ronaldo spielt. Dann sind die Mannschaft kaum aufzuhalten. Dann entwickeln vor allem das Duo Ronaldo und Gareth Bale eine Offensivwucht, die kaum zu verteidigen ist. Aber nur dann. Ohne Ronaldo sind sie schlagbar. Das hat der BVB bewiesen. Dieses beeindruckende 2:0 der Borussen gibt den Real-Gegnern Hoffnung, genauso wie ein Blick auf die Tabelle der Primera Division. Dort steht Real auf einem enttäuschenden dritten Platz, hinter Atletico und Barcelona. Das liegt vor allem an der erstaunlichen Inkonstanz, die das Team von Carlo Ancelotti zeitweise an den Tag legt.

Noch ist der spanische Meistertitel freilich nicht abgeschrieben für Madrid. Doch Atletico hat mit drei Punkten Vorsprung die bessere Ausgangsposition. Eine Saison ohne Titel ist aber keine Option für Real. Der Gegner der "Königlichen" muss sich also auf ein entschlossenes Real gefasst machen.

Die Überraschung: Atletico Madrid

Der FC Barcelona muss sich in den ersten Minuten gegen Atletico Madrid wie in einer Zwangsjacke gefühlt haben: Jegliche Spielfreude abgeschnürt, der Bewegungsfreiraum auf ein Minimum eingeschränkt. Atletico ließ dem Gegner keine Luft zum Atmen - ganz wie es Barca jahrelang praktiziert hatte. Allerdings spielen die Madrilenen geradliniger als das Barca je getan hat. Koke, Adrian, David Villa und Co. zirkeln nicht stundenlang um den Strafraum auf der Suche nach der einen kleinen Lücke. Lange Bälle sind bei Atletico erlaubt, wenn sie denn zum Ziel führen. Und das tun sie oftmals. Was die Hauptstädter besser macht als den FC Barcelona ist die Fähigkeit, das Offensivfeuerwerk auf Knopfdruck in ein Abwehrbollwerk zu verwandeln. Diese Fähigkeit und die Leidenschaft, sich in jedem Spiel die Lunge aus dem Körper laufen, hat Atletico unter die beste vier Mannschaften Europas gebracht.

Atletico sind das Borussia Dortmund der vergangenen Saison. Frisch, abgezockt und mit einem Trainer, der seine Spieler - ähnlich wie Jürgen Klopp - perfekt zu motivieren weiß. Man glaubt es Diego Simeone, wenn er sagt: "Ich bewundere diese Spieler. Ich liebe sie." Dieser Geist und das Überraschungsmoment, das Atletico durch diese Saison trägt, macht die Mannschaft zum inzwischen am wenigsten geheimen Geheimfavoriten dieser Champions-League-Saison.

Die Abgezockten: FC Chelsea

Als Demba Ba das zweite Tor gegen Paris St Germain und damit die Franzosen aus der Champions League geschossen hatte, sprang Jose Mourinho wie von der Tarantel gestochen auf und rannte zu seinen Spielern. Er umarmte Demba Ba und Fernando Torre und schrie ihnen ins Gesicht: "I told you it would happen!" - "Ich habe euch gesagt, dass es passieren wird!" Gefühlte Millisekunden später ist der Jubel verflogen und Mourinho gibt schon wieder taktische Anweisungen: "Ich wusste in diesem Moment, dass wir noch drei plus drei oder vier weitere Minuten zu spielen hatten." Mourinho verzeiht keine Unkonzentriertheit.

Mourinho ist der FC Chelsea. Er hat aus einer Mannschaft, die aus glorifizierten, den eigenen Erwartungen hinterherlaufenden Einzelspielern bestand, ein Team geformt "mit einem ganz besonderen Geist". Ein Team, das in letzter Minute noch einmal zuschlagen kann und das bei Weitem nicht mehr nur auf die Defensive vertraut. Dennoch ist Chelsea der Außenseiter. Spielerisch können sie nicht mit den Bayern, Real oder Atletico mithalten. Chelseas einzige Waffen sind der Trainer und die Abgezocktheit, die Mourinho seiner Mannschaft eingeimpft hat. Die Londoner brauchen zwei Über-Tage, wenn sie ins Finale einziehen wollen. Doch mit einem Jose Mourinho ist ja fast alles möglich.

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