Der Winter kehrt plötzlich zurück - und wirft in Hannover einige Fragen auf, die der Unparteiische beantworten muss. Tat er es richtig? In Dortmund und Bremen ist dagegen der Video-Assistent gefragt und sorgt in beiden Fällen für Diskussionen - zu Recht?
Nicht nur der Straßen- und Schienenverkehr, sondern auch der Spielbetrieb im Fußball litt am Sonntag stark unter dem Sturmtief "Eberhard".
In den Amateurligen fielen vielerorts Partien aus, weil der orkanartige Wind kein reguläres Spiel zuließ oder umgeknickte Bäume das Spielfeld unbenutzbar machten.
Hier und dort ging mit dem Tief außerdem heftiger Schneefall einher, beispielsweise in Niedersachsen, wo er kurz vor Beginn der Bundesliga-Begegnung zwischen Hannover 96 und Bayer 04 Leverkusen (2:3) einsetzte und den Rasen rasch weiß werden ließ.
In dieser Situation stellten sich dem Schiedsrichter einige Fragen, die vor allem regeltechnischer Natur waren:
- Waren die äußeren Bedingungen noch regulär? Das hat ausschließlich der Unparteiische zu entscheiden. Und der kam zu dem nachvollziehbaren Schluss: Der Platz war weiterhin bespielbar, das Verletzungsrisiko für die Spieler nicht zu stark erhöht. Auch der Ball rollte weitgehend ungehindert - abgesehen von der 33. Minute, als der Hannoveraner Genki Haraguchi den Leverkusener Schlussmann Lukas Hradecky umkurvte und die Kugel auf das leere Tor schoss. Kurz vor der Torlinie blieb sie liegen,
Jonathan Tah konnte klären. Großes Pech für die Gastgeber, denn bei anderen Platzverhältnissen wäre der Ball über die Linie gerollt. Ein Grund, das Spiel abzubrechen, war das aber nicht. - Dürfen die weißen Spielbälle gegen farbige ausgetauscht werden? Ja, denn die Farbe des Balles ist in den Regeln nicht vorgeschrieben. Also ließ Schiedsrichter Sören Storks in Hannover bald mit einer roten, besser sichtbaren Kugel spielen. Bevor diese benutzt werden konnte, musste allerdings die Torlinientechnik kurz neu kalibriert werden, denn sie ist auf die weißen Bälle ausgerichtet. Deshalb war das Spiel einen Moment lang unterbrochen.
- Was geschieht, wenn die Linien auf dem Feld nicht mehr zu sehen sind? Dann sind "acht Hilfsflaggen zur Kennzeichnung der Strafräume einen Meter außerhalb der Begrenzungslinien aufzustellen", wie es in den Regeln heißt, also vier auf jeder Seite, um die Strafraumgrenzen abzustecken. Statt Flaggen "sind auch sogenannte Hütchen zugelassen". Diese wurden in Hannover tatsächlich verwendet, allerdings bieten sie nur eine grobe Orientierung. Deshalb unterbrach Sören Storks mehrmals das Spiel, damit Helfer die Linien freiräumen konnten.
- Was wäre geschehen, wenn die Partie hätte abgebrochen werden müssen? Wird ein Spiel ohne Verschulden beider Mannschaften vom Referee vorzeitig beendet, etwa aus Witterungsgründen, dann "ist es an demselben Ort zu wiederholen" - und zwar vollständig. So steht es in der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Anders als in anderen Ländern und bei internationalen Spielen gibt es in Deutschland keine Teilwiederholungen.
Korrekter Strafstoß für den BVB
Im Spiel Borussia Dortmund - VfB Stuttgart (3:1) griff derweil nach einer Stunde der Video-Assistent ein.
Der Stuttgarter Gonzalo Castro hatte den Ball zunächst außerhalb des eigenen Strafraums mit der Hand gespielt und war unmittelbar danach innerhalb des Sechzehners auf den Fuß von Jadon Sancho gestiegen.
Referee Benjamin Cortus hatte das Foulspiel jedoch außerhalb des Strafraums verortet und deshalb zunächst nur einen Freistoß gegeben. Erst nach einer Intervention aus Köln entschied er auf Strafstoß. Dass nicht das Handspiel von Castro geahndet wurde, war dabei richtig.
Denn wenn eine Mannschaft mehrere Regelverstöße hintereinander begeht und das Spiel in der Zwischenzeit weiterläuft, muss der Schiedsrichter den regeltechnisch schwersten ahnden.
Und da es für das Handspiel - wenn es aus der Sicht des Schiedsrichters denn überhaupt strafbar war - nur einen Freistoß gegeben hätte, war das Foul im Strafraum das gravierendste Vergehen.
Kein Abseits beim Bremer Ausgleichstor?
Erheblich mehr diskutiert wurde zum Auftakt des Spieltags am Freitagabend im Spiel des SV Werder Bremen gegen den FC Schalke 04 (4:2).
Etwa darüber, ob
Bei der Flanke in den Strafraum hatte sich der 40-jährige Peruaner zum Ball bewegt und ihn nur knapp verfehlt.
Den direkt hinter ihm befindlichen Schalker Verteidiger beeinflusste er dadurch in dessen Möglichkeit, den Ball zu spielen. Schließlich erreichte Rashica die Kugel und beförderte sie ins Tor.
Nicht zweifelsfrei aufklären ließ sich jedoch, ob sich Pizarro tatsächlich im Abseits befand. Die Fernsehbilder legten das zwar nahe, aber die Sender konnten in diesem Fall nicht die kalibrierten Linien aus dem Video-Assist-Center in Köln zeigen.
Vielleicht konnte man sie dort gar nicht anlegen, weil Nastasic teilweise von Pizarro verdeckt wurde und damit nicht alle für die Beurteilung relevanten Körperteile zu sehen waren, insbesondere nicht der rechte Fuß des Schalkers.
Ein Dilemma, das sich nicht lösen lässt, weil die Video-Assistenten auf die Bilder des Fernsehens angewiesen sind und keine eigenen haben.
Damit ließ sich in diesem Fall zwar stark vermuten, dass Pizarro im Abseits war, aber endgültig beweisen ließ es sich nicht. Also blieb es bei der Entscheidung, die auf dem Platz getroffen worden war.
Zweifelhafter Elfmeter für Werder
Kaum weniger knifflig war die Beurteilung des Zweikampfs zwischen Jeffrey Bruma und dem Bremer Max Kruse im Schalker Strafraum nach 50 Minuten.
Gab es hier einen Kontakt im Bereich der Ferse, der Kruse stürzen ließ? Schiedsrichter Martin Petersen hatte auf dem Feld keine Regelwidrigkeit wahrgenommen.
Auf Empfehlung des Video-Assistenten jedoch schaute er sich die Szene in der Review Area noch einmal an und entschied schließlich auf Strafstoß für die Hausherren. Womöglich hatte Bruma im Laufduell Kruse leicht berührt, sodass dieser schließlich über die eigenen Beine fiel.
Eine Strafstoßentscheidung jedenfalls, die auch nach dem On-Field-Review fraglich blieb. Die Bilder waren hier, wie so oft, nicht eindeutig. Ein Problem, das den sogenannten Videobeweis wohl immer begleiten wird.
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