Dem Hoffenheimer Ausgleichstreffer in München geht eine Schwalbe voraus, doch der Video-Assistenten kann aus regeltechnischen Gründen nicht eingreifen. Der VfB Stuttgart darf sich glücklich schätzen, im Spiel gegen den BVB nicht schon nach einer Minute dezimiert worden zu sein. Das Kellerduell zwischen Schalke und Hertha leitet der älteste Bundesliga-Schiedsrichter souverän und sicher.
Nach dem Schlusspfiff des Spiels zwischen dem FC Bayern München und der TSG 1899 Hoffenheim (1:1) stritt Andrej Kramarić gar nicht erst ab, dass er den Freistoß, den er nach 70 Minuten zum 1:1-Ausgleichstor für die Gäste verwandelte, zuvor durch ein Täuschungsmanöver ermogelt hatte.
"Vor dem Freistoß gab es einen ganz kleinen Kontakt in einer sehr gefährlichen Zone", sagte er im Interview des Senders Sky. "Ich wusste, dass es eine Torchance gibt und musste fallen." Kramarić hielt das für "clever", unsportlich wäre dafür allerdings ein deutlich treffenderes Wort.
In der Realgeschwindigkeit auf dem Feld hatte sich das für den ansonsten gut und sicher leitenden Schiedsrichter Bastian Dankert anders dargestellt, doch die Zeitlupe machte es deutlich. VAR Guido Winkmann konnte aber nicht eingreifen, denn die Überprüfung der Berechtigung von Freistößen – wie auch von Eckstößen, Abstößen und Einwürfen – zählt nicht zu seinen Aufgaben.
Nur beim Strafstoß als Spielfortsetzung mit der größten Torwahrscheinlichkeit darf der Video-Assistent intervenieren. Es wäre regeltechnisch auch gar nicht zulässig, erst nach einer Torerzielung zu überprüfen, ob vorher zu Unrecht beispielsweise auf Freistoß oder Eckstoß entschieden wurde.
Denn, wenn das Spiel mit Zustimmung des Schiedsrichters fortgesetzt worden ist, darf eine vorherige Entscheidung nicht mehr revidiert werden. Man müsste also jede einzelne Freistoß-, Eckstoß-, Abstoß- und Einwurf-Entscheidung vor der Spielfortsetzung kontrollieren, denn daraus könnte ja ein Tor resultieren. Das aber würde für nervtötende Verzögerungen sorgen.
Dem VfB Stuttgart bleibt ein sehr früher Feldverweis erspart
In der dramatischen Partie zwischen dem VfB Stuttgart und Borussia Dortmund (3:3) wiederum kam es schon nach wenigen Sekunden zu einer Situation, in der VAR Tobias Welz überlegen musste, ob er Schiedsrichter Harm Osmers ein On-Field-Review empfehlen sollte oder nicht.
Bei einem Zweikampf gingen der Stuttgarter Serhou Guirassy und der Dortmunder
Referee Osmers ließ jedoch weiterspielen, wahrscheinlich hatte er nur das Spielen des Balles durch Guirassy wahrgenommen und nicht den anschließenden regelwidrigen Kontakt. Mit Blick auf das sogenannte Trefferbild – ein Vollkontakt mit der offenen Sohle deutlich oberhalb des Sprunggelenks – und die Intensität wäre eine Rote Karte aber angemessen gewesen.
Dass der Video-Assistent dennoch nicht eingriff, dürfte wesentlich daran gelegen haben, dass Guirassy zuerst den Ball gespielt hatte. Allerdings rutschte er danach nicht bloß unglücklich mit dem Fuß vom Ball auf das Schienbein von Can, sondern er traf den Gegner in einer fließenden Bewegung von unten nach oben.
Doch durch den Ballkontakt von Guirassy gab es noch einen gewissen Ermessensspielraum für die Unparteiischen. Und der mag dazu geführt haben, dass in dieser brisanten Begegnung nicht schon nach knapp einer Minute eine VAR-Intervention erfolgte, die wahrscheinlich zu einer frühzeitigen Dezimierung des VfB Stuttgart und damit zu einem starken Eingriff ins Spiel geführt hätte.
Als Konstantinos Mavropanos am Ende der ersten Hälfte innerhalb weniger Minuten gleich zweimal einen aussichtsreichen Angriff des BVB mit unfairen Mitteln unterband, blieb Osmers jedoch keine Wahl: Völlig zu Recht verwies er den VfB-Verteidiger mit Gelb-Rot des Feldes.
Es ist gut, dass Felix Brych der Bundesliga erhalten bleibt
Ebenfalls richtig lag Schiedsrichter Florian Badstübner im Spiel des SV Werder Bremen gegen den SC Freiburg (1:2), als er den Gästen aus dem Breisgau kurz nach der Pause keinen Handelfmeter zusprach.
Denn als Vincenzo Grifo abzog und Niklas Stark den Ball im eigenen Strafraum mit dem linken Arm ablenkte, hatte der Bremer eben diesen Arm am Körper angelegt. Das signalisierte der Referee auch den protestierenden Freiburgern, bevor die Hausherren im direkten Gegenzug das 1:0 erzielten.
Es war korrekt von Badstübner, dieses Tor anzuerkennen und nicht auf Strafstoß für die Gäste zu entscheiden, die das Spiel gleichwohl noch drehen konnten.
Insgesamt war es erneut ein Spieltag, an dem die Unparteiischen und ihre Video-Assistenten kein großes Thema waren. Schon die Auftaktpartie am Freitagabend zwischen den beiden abstiegsbedrohten Klubs FC Schalke 04 und Hertha BSC (5:2) hatte in Schiedsrichter Felix Brych einen souveränen Spielleiter.
Der 47-Jährige brachte die Begegnung mit all seiner Erfahrung, Akzeptanz und Autorität über die Bühne, trat Konflikten wirksam entgegen, bevor sie sich richtig entfalten konnten, und begegnete den Spielern mit Umsicht und Menschenkenntnis.
Dass er der Bundesliga voraussichtlich zumindest noch ein weiteres Jahr erhalten bleiben wird, obwohl er die informelle Altersgrenze bereits erreicht hat, ist sehr zu begrüßen. Nicht erst das Spiel am Freitagabend hat gezeigt, warum.
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