Der 1. FC Köln gibt nicht erst seit der Entlassung von Peter Stöger ein jämmerliches Bild ab. Der Klub droht innerhalb eines halben Jahres wieder in längst vergessene Zeiten abzurutschen. Und eine Besserung ist nicht in Sicht.
Vielleicht muss man den großen Fußball-Philosophen
"Es ist nicht wichtig, was die Leute über dich denken, wenn du kommst", hatte Klopp mal gesagt, "es ist wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du gehst."
Alle, die es mit dem Effzeh halten, sind regelrecht schockiert über die Schmierenkomödien der letzten Tage, das Aus von Trainer Peter Stöger, die streitbaren Auftritte der Vereinsbosse und das Trümmerfeld, das sich jetzt mehr und mehr offenbart - kaum sechs Monate nach dem Gefühl größter Glückseligkeit.
Der Aufstieg, die Konsolidierung, der Einzug in den Europapokal nach 25 Jahren, eine organisch gewachsene Mannschaft mit Potenzial und ein Führungsduo, das lange Zeit nahezu perfekt zueinander passte.
Das alles ist jetzt vorbei, eingerissen durch interne Störfeuer und Eitelkeiten.
Der Abstieg scheint unabwendbar
Der Abstieg ist schon nach 14 Spieltagen nur noch schwer vermeidbar, die Konsolidierung des ehemaligen Chaosklubs in einen vernünftigen Bundesligisten damit erstmal auf Eis gelegt.
Die Teilnahme an der Europa League könnte noch ein paar Wochen verlängert werden. Die Mannschaft ist gebeutelt, dezimiert und verglichen mit der strotzenden Einheit der letzten Saison nur noch ein Häuflein Elend. Und vom Führungsduo
Was den 1. FC Köln in den vergangenen Jahren stets ausgezeichnet hat, was für Ruhe in einem nie schlafenden Klub gesorgt hat, war Transparenz.
Nach Jahrzehnten der Klüngelei und der Vetternwirtschaft gab es endlich wieder eine Politik der ruhigen Hand mit einer seriös geführten Geschäftsleitung als Basis.
Mit den ersten schlechten Ergebnissen erkalteten die Umgangsformen untereinander, Stöger entfernte sich von Schmadtke offenbar sehr weit, das Ende des Sportdirektors kam abrupt und wurde verklausuliert verkauft.
Ein Rückfall in alte Zeiten
Warum Schmadtke nun wirklich gegangen ist, ob er dies aus freien Stücken tat, wie das Verhältnis zu Stöger und Geschäftsführer Alexander Wehrle und Präsident Werner Spinner nun wirklich war: Das alles blieb im Verborgenen und wurde schlicht wegmoderiert.
Das halbgare Verhalten der Verantwortlichen sollte sich die vergangenen Wochen wie ein roter Faden durchziehen mit der Krönung der Freistellung Stögers.
Dem wurde vor dem Spiel auf Schalke die Entscheidung schon mitgeteilt, dann durfte die Mannschaft mit Stöger an der Linie noch ein Remis beim Dritten erkämpfen, um den längst feststehenden Plan von der Demission dann wenige Stunden später publik zu machen.
Die Pressekonferenz von Spinner und Wehrle am Sonntag erinnerte an eine aus einer längst vergessenen Zeiten. Zu den Gründen für die Trennung - und vor allen Dingen deren Zeitpunkt - wurde beharrlich geschwiegen.
Dafür arbeitete sich Wehrle an den Spekulationen um ein angebliches Interesse des FC an Hannovers Horst Heldt überaus offenherzig ab.
Da wurden Interna auf den Markt geworfen, die sowohl bei Heldt als auch bei dessen Arbeitsgeber in Hannover für allerhand Irritationen führen dürften. Man kann durchaus so agieren wie die FC-Verantwortlichen, um einer aus dem Ruder laufenden Debatte Einhalt zu gebieten und die eigene Position zu stärken.
Das ungeschriebene Gesetz des Profifußballs aber zu missachten und Details der Winkelzüge hinter den Kulissen der Öffentlichkeit brühwarm zu servieren, ist kein besonders guter Stil.
Schlechter Start für Stefan Ruthenbeck
Der neue Übergangstrainer Stefan Ruthenbeck handelte sich gleich nach wenigen Stunden einen dicken Rüffel von Präsident Spinner ein. Ruthenbeck habe sich am Freitag schon von seiner U19 verabschiedet und damit indirekt das Ende von Stöger öffentlich gemacht.
Der Interimscoach widersprach dieser Version seines Vorgesetzten im "Kicker" vehement. Nicht die beste Basis für eine Zusammenarbeit, in der momentanen Kölner Gemengelage aber offensichtlich so etwas wie der Standard.
Wie unglücklich die Bosse derzeit agieren, zeigt sich auch an einer anderen Episode. Es gäbe "eine Reihe von Moralaposteln in der Stadt, die uns den respektlosen Umgang mit Peter Stöger vorwerfen", sagte Spinner.
Dazu zählt unter anderem beinahe die gesamte Mannschaft, die sich in den sozialen Netzwerken bestürzt und traurig über den Abgang ihres beliebten Trainers geäußert hatte.
Natürlich wurden von den Spielern kritische Untertöne zu den Verantwortlichen ausgespart, die Tendenz war aber nicht zu übersehen.
Und weil sich jetzt auch noch der Vereinsheilige Lukas Podolski aus dem fernen Japan zu Wort meldet, scheinen Spinner und Wehrle völlig isoliert.
"Stöger hat vier Jahre sehr gute Arbeit geleistet, da geht man nicht so miteinander um. Das kann man anders lösen, jetzt gibt es nur Verlierer. Ein Hinhalten hatte Stöger nicht verdient", ließ Podolski in seiner Kolumne in der "Sport Bild" mitteilen. Er sei erstaunt, wie viele Interna zuletzt immer wieder nach außen getragen wurde, "das erinnert mich stark an frühere Zeiten".
Engagement Dietmar Beiersdorfers steht im Raum
Genau das ist jetzt die große Angst viele FC-Fans: Dass die schönen Jahre schon wieder vorbei sind und der Klub mal wieder ins Chaos abdriften könnte.
Die beiden unwürdigen Rauswürfe von Schmadtke und Stöger, die in der Öffentlichkeit diskutierten Personalien Heldt und Trainer Markus Anfang, den der FC angeblich von Holstein Kiel abwerben will, lassen einen Scherbenhaufen zurück.
Dass nun auch noch Dietmar Beiersdorfer als neuer Geschäftsführer Sport gehandelt wird, befeuert diesen Missstand nur noch mehr als dass er Linderung verspräche.
Beiersdorfer war einmal der Dukaten-Didi, der Talente ausgräbt, verpflichtet und später gewinnbringend weiterverkauft. Bei seinem letzten Engagement in Hamburg aber wurde aus dem Dukaten-Didi der Verbrennungs-Didi, der geliehenes Geld ohne sportlichen oder finanziellen Gewinn versenkte - und dessen Ruf seitdem erheblich beschädigt ist.
"Wir haben uns im Verein ein Stück weit von Werten losgelöst, die wir über Jahre gelebt haben. Da geht es um Vertrauen, Respekt und Verantwortung", hatte Peter Stöger auf seiner letzten Pressekonferenz vor dem Schalke-Spiel gesagt.
Der Österreicher kann erhobenen Hauptes gehen. Fast alle denken nur gut über ihn.
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