Das Wechsel-Hickhack um Kevin De Bruyne erreicht eine neue Dimension. Der Belgier und seine Berater machen weiter Druck. Und am Ende wird der VfL Wolfsburg wohl seinen besten Spieler verlieren.

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Wer noch einen Zweifel daran hat, wie groß der Einfluss von Beratern auf ihr kickendes Personal ist, dem sei die Saga um Kevin De Bruyne als Paradebeispiel ans Herz gelegt. Seit Monaten ranken sich die Gerüchte um die Zukunft des Belgiers, der beim VfL Wolfsburg einen Vertrag bis 2019 besitzt.

Dass der Kontrakt das Papier kaum wert ist, auf dem er festgehalten wurde, versteht sich in Zeiten des modernen Fußballs fast von selbst. Es sind keine Arbeitsverträge mehr, es handelt sich vielmehr um bessere Absichtserklärungen, die zumeist einer Partei ein Sprungbrett zu einer jederzeit möglichen Verbesserung schafft. Der Spieler sitzt am Ende immer am längeren Hebel.

Das weiß De Bruyne. Und das weiß sein Beraterteam um Patrick De Koster. Längst sind die Medien als probates Vehikel auserkoren, um Dinge zu lancieren, Strömungen in die richtige Richtung zu lenken, kurz: um mächtig Druck aufzubauen. Was als gesprochenes Wort den Weg in die Öffentlichkeit findet, ist kaum mehr als eine Seifenblase. Hinter den Kulissen wird gerungen und gefeilscht, die medialen Nebengeräusche helfen dabei nur dem Spieler, nicht aber dem vermeintlich abgebenden Klub.

Bommes-Verhalten ärgert De Bruynes Berater

Da passt es dann gar nicht, wenn etwas aus der Reihe läuft, wenn es live passiert und vorher nicht abgesprochen und chemisch gereinigt über den Äther gejagt wird. So wie in der Nacht von Montag auf Dienstag, als De Bruyne im Rahmen der "Sportbild Awards" als "Star der Saison" geehrt wurde und auf der Bühne in eine flapsige Falle von Moderator Alexander Bommes getappt ist.

Bommes legte dem 24-Jährigen einen Satz in den Mund, der danach für große Aufregung sorgen sollte. "Ich, Kevin De Bruyne, werde auf jeden Fall diese Saison beim VfL Wolfsburg spielen!" De Bruyne wiederholte artig - und schon war die Maschinerie im Gange. Die meisten Medien fassten den locker rezitierten Satz als Treuebekenntnis zu den Wölfen auf, in den sozialen Netzwerken überschlugen sich spätnachts noch die Kommentare und Einschätzungen.

Im Publikum lächelte Wolfsburg-Coach Dieter Hecking selig, während der De-Bruyne-Clan wohl eher die Hände über den Köpfen zusammenschlug - und prompt reagierte. Nur wenige Minuten später schäumte Berater De Koster in der "Bild": "Wir sind am Boden zerstört. Ein Witz in einer Live-Show, in einer Sprache, die der Spieler nicht komplett versteht. Unglaublich!"

Es war eine neue Wendung in einer nicht enden wollenden Geschichte. Nur wenige Stunden zuvor hatte ihn sein Trainer quasi schon aus Wolfsburg verabschiedet. Im Rahmen einer anderen Verleihung sagte Hecking: "Das werden noch schwierige 14 Tage", so der Trainer im Hinblick auf die am 31. August endende Transferperiode und wandte sich dann direkt an seinen Star. "Aber selbst wenn der Weg nicht mehr beim VfL Wolfsburg weitergeht, wünsche ich dir alles Gute."

Klaus Allofs gibt sich in der gesamten Causa mittlerweile verhaltener. Vor wenigen Wochen erklärte er den Belgier als unverkäuflich, dann ließ er ein Hintertürchen offen, als er De Bruynes Verbleib mit 99,9 Prozent bezifferte. In Wirklichkeit dürften es damals schon deutlich weniger als 50 Prozent gewesen sein. Mittlerweile stehen die Zeichen eindeutig auf Abschied.

"Es wurde noch keine Entscheidung über Kevins Zukunft in dieser Transferperiode gefällt. Wir müssen noch abwarten, ob Wolfsburg eine Einigung mit einem anderen Klub erzielt. Er ist fokussiert auf den Job bei seinem Klub und ist glücklich in Wolfsburg", sagte De Koster noch bei "Sky Sport News HD".

Manchester City? Oder doch der FC Bayern München?

Manchester City soll rund 210.000 Euro Salär bieten - pro Woche. Wolfsburg würde die ohnehin schon üppigen Bezüge des Spielers, die derzeit bei rund fünf Millionen Euro pro Saison liegen, nochmals um zwei, vielleicht drei Millionen anheben und De Bruyne damit zum eindeutigen Spitzenverdiener machen. Am Ende dürfte aber auch der wirtschaftliche so starke VW-Klub gegen die TV- und Scheich-Millionen aus England keine Chance haben.

De Bruynes Seite betont immer wieder, dass es dem Spieler nicht nur um Geld gehe. Mit 24 Jahren ist De Bruyne im besten Alter, er hat sich in Wolfsburg in die internationale Topriege gespielt und will jetzt den nächsten logischen Schritt in seiner Karriere vollziehen. Da ,muss es schon ein Topklub sein - was die Auswahl an möglichen Arbeitgebern schnell klar einschränkt und ManCity aus rein sportlichen Gesichtspunkten eher außen vor lässt.

"Bei aller Wertschätzung für Manchester City: Es wäre etwas anderes für mich, wenn Real Madrid, Bayern München oder Barcelona kommen würden, dann würde ich auch alles verstehen", sagt Hecking. City hat beim VfL offenbar ein Angebot über 67 Millionen Euro Ablöse hinterlegt. Dabei wäre ein Wechsel innerhalb der Bundesliga eigentlich die erste Option.

Die Bayern sind immer noch heiß im Rennen, auch wenn deren Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge zuletzt betont hatte, dem VfL in dieser Transferperiode in der Causa De Bruyne "nicht reinzugrätschen", also den Spieler nicht zu umwerben.

Es wird noch viel geredet und kokettiert, gehandelt und gefeilscht werden. Das ist schön für die Medien, weil es jeden Tag etwas zu berichten gibt. Es ist schön für die De-Bruyne-Seite, weil sie die besten Karten auf der Hand hält und alles in Ruhe auf sich zukommen lassen kann. Und es ist weniger schön für den VfL Wolfsburg, der sich redlich bemüht, am Ende aber wahrscheinlich trotzdem seinen besten Spieler verlieren wird. So läuft das Geschäft nunmal.

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