Die Diskussion um die Erweiterung der Bundesliga der Frauen auf 16 Mannschaften hat in den vergangenen Tagen und Wochen an Fahrt aufgenommen. Der DFB hat nun offenbar einen Zeitplan vorgelegt. Allerdings gibt es auch Gegenargumente, vor allem was die Infrastruktur, die sportliche Qualität und die Belastung der Top-Spielerinnen angeht.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Christian Stüwe sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Frauen-Bundesliga hat in den vergangenen Jahren einige bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Immer mehr Fans kommen in die Stadien, Rekorde wurden gebrochen. Ein deutlich lukrativerer TV-Vertrag wurde abgeschlossen, mittlerweile werden alle Spiele live übertragen. Und nicht zuletzt wurde mit Google Pixel ein US-Tech-Riese als Namenssponsor gewonnen.

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Der durch die Auftritte des DFB-Teams bei der EM 2022 ausgelöste Hype um den Fußball der Frauen befeuerte die Entwicklung, das Momentum soll aufrechterhalten werden. Die Initiative "Fußball kann mehr" hinterlegte deshalb ein Thesenpapier beim DFB, um Veränderungen anzustoßen und zur weiteren Professionalisierung beizutragen.

"Wir müssen sehr schnell zu einer 16er-Liga kommen", brachte Axel Hellmann, Vorstandssprecher bei Eintracht Frankfurt und Beirat der "Fußball kann mehr"-Initiative, kürzlich im Interview mit der "Frankfurter Rundschau" eine zentrale Forderung auf den Punkt. Hellmann steht damit nicht alleine, es gibt einige Verantwortliche in der Liga, die eine Erweiterung von zwölf auf 16 Mannschaften befürworten würden.

"Eine Aufstockung der Frauen-Bundesliga wäre definitiv wünschenswert, um nicht nur mehr Spannung innerhalb der Liga zu generieren, sondern auch mehr Spielrhythmus und einen konstanten Gesamtspielplan zu ermöglichen. Die Liga muss Schritt für Schritt professioneller werden", erklärte Birgit Bauer-Schick, Abteilungsleiterin der Frauen des SC Freiburg, auf Anfrage unserer Redaktion.

Nicht alle Vereine können eine professionelle Infrastruktur bieten

In einer Bundesliga mit 16 Mannschaften würden 30 Spieltage statt 22 anstehen. Die Teams könnten regelmäßiger spielen, hätten mehr Heimspiele, somit mehr Einnahmen aus Ticketverkäufen und wären vermutlich attraktiver für Sponsoren.

Allerdings gibt es auch starke Gegenargumente. Denn das Leistungsgefälle im Frauenfußball ist deutlich höher als bei den Männern, die Unterschiede zwischen den Teams an der Spitze und denen im Tabellenkeller sind schon jetzt, in einer Zwölfer-Liga, enorm. Sowohl was das Sportliche als auch die Infrastruktur angeht.

"Ich bin nicht dagegen", antwortete Alexander Straus vergangnene Woche in einem Pressegespräch auf die Frage unserer Redaktion zur möglichen Erweiterung der Liga. "Aber es ist wichtig, dass es genug Vereine gibt, die die professionellen Ansprüche einer Top-Liga erfüllen können, unter anderem was die Infrastruktur angeht", erklärte der Trainer der Frauen des FC Bayern München: "Letzte Saison sind wir im Winter zu Turbine Potsdam gereist und ihr Rasen war gefroren und nicht bespielbar. Auch unser DFB-Pokalspiel in Offenbach im Januar musste abgesagt werden. Wenn solche Dinge abgestellt werden, wäre es kein Problem."

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Die Top-Spielerinnen haben zu viele Spiele – die anderen zu wenig

Eine Rasenheizung ist im Frauenfußball selbst in der Bundesliga noch längst nicht Standard. Doch nicht nur die Rahmenbedingungen, auch die sportliche Leistungsstärke wirft Fragen auf. Ergebnisse wie der 9:1-Sieg des VfL Wolfsburg beim 1. FC Nürnberg am Wochenende oder der 11:1-Sieg der Bayern-Frauen gegen Turbine Potsdam am letzten Spieltag der vergangenen Saison belegen, wie hoch das Leistungsgefälle ist. Und dass es gar nicht so einfach wäre, vier weitere Mannschaften für die Bundesliga zu finden, die auch wettbewerbsfähig wären.

Dazu kommt, dass die Belastung für die Nationalspielerinnen in den Top-Teams mit Champions League, Nations League, den Turnieren und Qualifikationsspielen schon jetzt enorm hoch ist. Lena Oberdorf, Alexandra Popp, Klara Bühl oder Georgia Stanway haben in den vergangenen Jahren etwa doppelt so viele Pflichtspiele absolviert wie eine Spielerin, die nur in der Bundesliga und im DFB-Pokal aufläuft. Während viele Spielerinnen mehr Spielpraxis gebrauchen könnten, sind die Top-Stars am Anschlag. Weitere zusätzliche Spiele könnten gerade mit Blick auf die zahlreichen schweren Verletzungen in den vergangenen Jahren problematisch sein.

"Wenn man über uns, Wolfsburg, Eintracht Frankfurt und in den Jahren davor auch Hoffenheim hinausschaut, spielen die Mannschaften, einschließlich des DFB-Pokals, etwa 25 Spiele pro Saison. Das ist zu wenig. Es sind nur die Teams, die international spielen, die sehr viele Spiele haben", sagte Bayern-Trainer Straus und machte einen Vorschlag: "Man könnte die Bundesliga erweitern, oder es vielleicht wie in England machen, wo es einen zusätzlichen Pokal-Wettbewerb gibt. Dadurch könnten die Teams, die nicht in der Champions League spielen, mehr Spiele bekommen. Denn es braucht Spiele, um sich zu entwickeln."

Wächst die Bundesliga bis 2031 auf 16 Vereine an?

Auch der DFB hat die Probleme längst erkannt. Die Liga soll daher erweitert werden, allerdings nicht sofort. Laut einem aktuellen Bericht auf "Sportschau.de" plant der DFB mit 14 Klubs ab 2027, ab 2031 könnte die Frauen-Bundesliga dann auf 16 Vereine anwachsen.

"Sonst führt die Aufstockung zu einer noch weiter auseinanderdriftenden Mehrklassengesellschaft. Aktuell stehen unseres Erachtens keine vier weiteren Klubs vor der Tür, die entsprechende Strukturen und sportliche Qualität mitbringen", wird DFB-Geschäftsführer Holger Blask zitiert.

Schon zur neuen Saison soll offenbar ein Supercup, also ein Spiel zwischen den Meisterinnen und den Pokalsiegerinnen, ausgetragen werden. Weitere Änderungen, wie etwa ein Mindestgehalt, höhere Mindestanforderungen an die Stadien und das Personal rund um die Mannschaften sind beim DFB offenbar ebenfalls angedacht – was wiederum vor allem die kleineren Vereine in Bedrängnis bringen könnte.

Sowohl der DFB wie auch die Initiative "Fußball kann mehr" haben ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung und Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland auf den Tisch gelegt. Nun müssen die einzelnen Vereine das Für und Wider abwägen und sich einig darüber werden, wie schnell diese Schritte realisiert werden.

Verwendete Quellen:

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