Am Campus des FC Bayern war "DFB" an diesem Spieltag ein Unwort. Um das Topspiel gegen Wolfsburg am Freitagnachmittag zu sehen, brachten die Fans große Opfer.

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Zwei riesige Banner zierten den Stehblock des Bayern-Campus: In den Wolfsburger Farben weiß und grün hieß es auf dem ersten Transparent, "In den Farben getrennt, in der Sache vereint!" Direkt darunter die Kernbotschaft in den Bayern-Farben rot und weiß: "Fußball für Fans - nicht fürs TV."

Zum Hintergrund: Das Frauen-Bundesliga-Duell zwischen dem Tabellenersten aus München und dem Tabellendritten Wolfsburg war für 16.55 Uhr am Freitagnachmittag terminiert worden. "Für Fans oder auch Arbeitnehmer, die rechtzeitig vor dem Fernseher sitzen müssen, ist das alles andere als optimal", kritisierte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot im Vorfeld die Ansetzung des Topspiels.

Fanprotest gegen die frühe Anstoßzeit.
Fanprotest gegen die frühe Anstoßzeit. © IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

Bayern gegen Wolfsburg vor 2.500 Fans am Campus und 1,5 Millionen auf dem Sofa

Doch die TV-Quote trotzte dieser düsteren Prognose: "1,52 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer sahen am 14. März 2025 die 'sportstudio live'-Übertragung der Partie vom 17. Spieltag der Frauen-Fußball-Bundesliga zwischen Bayern München und VfL Wolfsburg. Der Marktanteil betrug 11,4 Prozent", schrieb das ZDF auf Nachfrage unserer Redaktion. Parallel zeigten im Pay-TV auch DAZN und Magenta das Spiel.

Zehn Spiele der Frauen-Bundesliga zeigen die Öffentlich-Rechtlichen Sender ARD und ZDF pro Saison im Free-TV: In der Saison 2022/23 wurde die Millionenmarke dabei in zwei von zehn Übertragungen geknackt.

Die Zuschauer-Tendenz ist also durchaus positiv. Aber leidet das Stadion-Erlebnis unter dem TV-Quotenboom? Das wäre zu einfach gedacht. Nein, an der ungeliebten Anstoßzeit 16.55 Uhr sind nicht nur die TV-Sender schuld, sondern auch der DFB - und sogar die beiden teilnehmenden Vereine. Das behauptet jedenfalls der Deutsche Fußballbund selbst.

DFB: Bayern und Wolfsburg hatten Champions League vor Augen

In einem Schreiben an den Sport-Informations-Dienst SID erklärte der DFB, die Entscheidung für den Freitagnachmittag sei in Abstimmung mit Bayern und Wolfsburg gefallen. Die Klubs hätten mit Blick auf die Viertelfinal-Hinspiele der Champions League auf Freitagabend gepocht.

Und die frühe Anstoßzeit? Auch aufgrund anderer Sportarten könne die Frauen-Bundesliga nicht immer ihren "favorisierten Programmplatz" im Free-TV erhalten, heißt es in dem DFB-Schreiben an den SID.

Den 2.500 Fans im ausverkauften Bayern-Campus im Norden Münchens bedeuten solche Erklärungen wenig. Das Protest-Banner im Bayern-Block wurde nach Informationen unserer Redaktion vom Fanclub "Allgäuer Support" organisiert - im ganzen Stadion verteilt hingen dazu Kopien einer Erklärung auf einem A4-Blatt, wo für ein besseres Erlebnis für die Fans im Stadion plädiert wurde.

Zwei Bayern-Frauen-Dauerkarteninhaberinnen aus Stuttgart: Lena und Johanna
Zwei Bayern-Frauen-Dauerkarteninhaberinnen aus Stuttgart: Lena und Johanna © WEB.DE News/Marie Schulte-Bockum

"Ich musste mir tatsächlich Urlaub nehmen für das Spiel, ich bin Krankenschwester", sagt die 21-jährige Lena, die mit ihrer Freundin Johanna um 11 Uhr morgens in Stuttgart losgefahren ist, um die Bayern nachmittags zu unterstützen. Die beiden gehören keinem offiziellen Fanklub an, doch seit der Pandemie reisen sie zu jedem Spiel der Frauen-Mannschaft, auch auswärts.

Die frühe Ansetzung an einem Arbeitstag ist aber auch für sie ein Novum: "Für mich ist es allgemein schwieriger - einfach durch die Schichtarbeit. Aber 16.55 Uhr am Freitag? Sorry, ich weiß nicht, wer sich das ausgedacht hat, aber da muss eine andere Regelung her", sagt die junge Krankenschwester.

"Ich musste mir tatsächlich Urlaub nehmen für das Spiel, ich bin Krankenschwester."

Bayern-Fan Lena am Freitagnachmittag am Campus

Johanna hat ihrer Freundin aufmerksam zugehört. Sie ist ebenfalls 21, aber noch nicht berufstätig wie Lena. Johanna ist BWL-Studentin mit Schwerpunkt Sportmanagement. Deshalb verstehe sie auch das Stadion-Dilemma der Bayern-Frauen, sagt die Stuttgarterin - und bezieht sich damit auf die Debatte um die geringe Kapazität des FC Bayern Campus (2.500 Zuschauer), auf dem die Mannschaft im März neben dem Bundesliga-Topsiel gegen Wolfsburg auch ihr Champions-League-Viertelfinale gegen Olympique Lyon und ihr Pokal-Halbfinale gegen Hoffenheim austragen wird.

Fans der Bayern-Frauen wollen in die Allianz Arena: "Der Klub soll nicht so geizig sein"

Die Allianz Arena habe eben viel zu hohe Fixkosten, sagt die BWL-Studentin. Sie schätzt sich glücklich, heute dabei sein zu können, denn als Dauerkarteninhaberin hatte sie ein Vorkaufsrecht für das Topspiel gegen Wolfsburg, welches nach 15 Minuten im Bayern-Ticketshop ausverkauft wurde. Zeitweise stürzte der Shop unter dem Andrang sogar komplett ab.

"Aber es wäre deutlich mehr drin gewesen heute", fügt Johanna noch hinzu. Sie atmet kurz ein, sagt dann: "Darf ich ehrlich sein? Der Klub soll nicht so geizig sein. Selbst wenn man jetzt in die Allianz Arena geht und nicht alle Zuschauer Vollzahler sind, kann Bayern das definitiv stemmen. Wir sind der FC Bayern mit einem Milliardenumsatz - wir sind nicht Potsdam."

Dann kommen die beiden Stuttgarterinnen ins Schwärmen, denn sie waren 2023 in der Allianz Arena dabei, als die Bayern-Frauen 0:0 gegen Eintracht Frankfurt spielten. "Das Ergebnis war ungünstig, es hat geschüttet - aber das war der Wahnsinn", sagt Johanna. "Ich saß auf der Haupttribüne in der dritten Reihe. Das war ein schönes Erlebnis, weil man sonst einfach nicht in diese Lage, an diese Tickets im Stadion kommt."

20 Meter weiter links steht Martin, der ganz in Grün gekleidet ist. Der Signaltechniker ist aus Frankfurt an der Oder angereist, um den VfL anzufeuern. Muss er gar nicht arbeiten am Freitagnachmittag? "Ich hatte noch Überstunden abzubauen", sagt er und grinst. "Ich finde es persönlich auch blöd", meint Martin über die kleine Kulisse am Campus. Er habe aber vorab gelesen, dass die Bayern deutlich mehr als 20.000 Tickets hätten verkaufen müssen, damit sich die Austragung in der Allianz Arena rechnet. "Die kriegen sie nicht zusammen", mutmaßt Martin.

Für die Spielerinnen des FC Bayern ist der Campus ein "Hexenkessel" - und ihre Heimat

Lena, die lange selber als Fußballerin aktiv war und heute bei kaum einem Bayern-Spiel fehlt, bringt das Problem auf den Punkt: "Die Allianz Arena ist zu groß und der Campus ist zu klein." Sie wünscht sich ein "Zwischenstadion", vielleicht mit einer Kapazität für 8.000 Zuschauer, sagt sie. Denn einige Vorteile habe der Campus durchaus: "Man kann die Fans auf den Rängen miteinbeziehen, sodass es allgemein lautstärker ist", sagt Lena nicht ohne Stolz. "Ich finde am Campus - gerade durch die aktive Fanszene - ist die Stimmung einfach brutal."

Das sehen die Bayern-Spielerinnen übrigens auch so. Im Interview mit unserer Redaktion schwärmte Caro Simon zuletzt, der Campus sei "ein Hexenkessel" und "unsere Heimat". Tatsächlich trainieren die Bayern-Frauen auch während der Woche auf dem Campus-Gelände, viele Spielerinnen wohnen deshalb auch in Pendeldistanz im Norden der Stadt.

Sydney Lohmann (links) und Caro Simon (rechts) beim Topspiel gegen Wolfsburg.
Sydney Lohmann (links) und Caro Simon (rechts) beim Topspiel gegen Wolfsburg. © IMAGO/ActionPictures

Vor mehr als 1,5 Millionen TV-Zuschauern und vor ausverkauftem Haus am Campus besiegen die Bayern-Frauen die Wölfinnen 3:1 und halten das Team von Alex Popp damit erst einmal auf Distanz. Matchwinnerin ist die dänische Stürmerin Pernille Harder, die die ersten beiden Treffer erzielte.

Die 32-Jährige sagt gegenüber unserer Redaktion nach Abpfiff in der Mixed Zone: "Leider können hier nur 2.500 Menschen rein. Ich verstehe das Problem mit der Allianz Arena, die Platz für 75.000 Leute hat. Das ist ein bisschen anders. Es gibt nichts dazwischen." Die Stürmerin schaut jedoch zuversichtlich nach vorne: "Ich bin mir sicher, dass der Verein auch über dieses Thema spricht und wir auch eine gute Lösung finden wollen, die uns passt."

Verwendete Quellen: