Der FC Bayern München wird den Vertrag mit Manuel Neuer vermutlich um ein weiteres Jahr verlängern. Dies könnte allerdings der letzte Vertrag des Torhüters sein. Im Verein gibt es verschiedene Überlegungen, wie es danach weitergehen könnte.

Eine Analyse
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Ein Karriereende kommt Manuel Neuer offenbar noch nicht in den Sinn. Als der Torwart am vergangenen Sonntag bei einem Fanclub-Besuch der "Red Rockets" in Hopferbach (Allgäu) vor Ort war, sagte er über seine Zukunft beim FC Bayern München: "Ich glaube, beide Seiten würden sich freuen, wenn es weitergeht."

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Dies scheint der Wahrheit zu entsprechen. Laut einem Bericht der "Sport Bild" herrscht in der Chefetage des FC Bayern München Einigkeit, dass der im Sommer auslaufende Vertrag bis zum Sommer 2026 verlängert wird. Doch wie geht es danach weiter?

Neuer wird dann bereits 40 Jahre alt sein. Eine weitere Karrierefortsetzung ist zwar nicht ausgeschlossen. Doch grundsätzlich gilt im Sport: Je älter man wird, desto schwieriger ist es, die Form beizubehalten. Oliver Kahn, der beim FC Bayern ebenfalls eine Torwart-Legende gewesen ist, beendete daher im Alter von 38 Jahren seine Karriere.

Die Statistik zeigt: Neuer ist nicht mehr der Alte

Neuer verkörpert an guten Tagen noch immer Top-Niveau. Doch die aktuellen Statistiken des "kicker" beweisen, dass er nicht mehr so gut wie in früheren Tagen ist. Seine Paradenquote liegt bei bescheidenen 53,6 Prozent. Es ist das erste Mal seit der Saison 2011/12, dass dieser Wert bei ihm unter 60 Prozent liegt. In acht Spielzeiten seiner beeindruckenden Karriere lag die Quote bei über 70 Prozent, zuletzt 2020/21.

Ein weiterer interessanter Fakt: Neuer ließ in 19 absolvierten Pflichtspielen 13 Gegentore zu. Dies sind 4,4 Gegentreffer mehr als laut den Expected Goals zu erwarten wären. Zur Erklärung: Expected Goals ist eine Kennzahl zur Messung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuss zu einem Tor führt. Ein Top-Torwart lässt weniger Gegentore als die zu erwartenden Expected Goals. Früher gelang Neuer dies noch. In der Spielzeit 2022/23 kassierte er 5,7 weniger Gegentreffer als laut Expected Goals erwartbar waren.

Hamann kritisiert: Neuer spielt mit zu viel Risiko

Insgesamt scheint die Fehleranfälligkeit von Neuer zugenommen zu haben. "Neuer spielt mir mit zu viel Risiko", sagte Sky-Experte Didi Hamann im November im Interview mit unserer Redaktion und fügte hinzu: "Manchmal spielt er dem Gegner auch den Ball in Fuß."

Auch das Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen ging größtenteils auf seine Kappe, weil er sich bei einem Angriff von Bayer Leverkusen verschätzte und bereits nach 17 Minuten die Rote Karte kassierte. Den Verantwortlichen des FC Bayern dürfte bewusst sein, dass sich die Karriere von Neuer dem Ende zuneigt. Laut der "Sport Bild" soll in den nächsten 12 bis 18 Monaten befunden werden, wie es auf der Torwart-Position weitergeht.

Grundsätzlich ist es schwierig, einen Nachfolger für eine Vereins-Legende zu finden. Nachdem Oliver Kahn im Sommer 2008 seine Karriere beendete, gab es mit Michael Rensing, Thomas Kraft und Hans Jörg Butt drei unterschiedliche Torhüter beim FC Bayern, ehe im Sommer 2011 Neuer für 30 Millionen Euro verpflichtet wurde.

Ob der Übergang diesmal reibungsloser funktioniert? Vier Optionen scheinen sich anzubieten:

Option Nr. 1: Ersatztorwart Peretz wird der Nachfolger

Der 23-jährige Daniel Peretz vertritt momentan Neuer, der an einem Rippenbruch laboriert, und könnte auch zur Dauerlösung werden. Sein Vertrag läuft bis zum Sommer 2028. Sportdirektor Christoph Freund bezeichnet Peretz als einen Torwart, "der viel Perspektive hat". Der Torwart selber tönte noch im März gegenüber "ynetnews.com": "Ich habe das Zeug, um Bayerns Stammtorhüter zu sein."

Er wird auch am Freitag im Top-Spiel gegen RB Leipzig die Möglichkeit haben, sich als Zukunftslösung zu empfehlen. Starke Leistungen zeigte er bereits bei der Nationalmannschaft von Israel. Im November stand er in den Partien gegen die Top-Nationen Frankreich und Belgien zwischen den Pfosten und ließ keinen Gegentreffer zu.

Option Nr. 2: Nübel übernimmt ab 2026

Möchte Peretz die Nachfolge von Neuer antreten, müsste er sich wohl in einem internen Konkurrenzkampf gegen Alexander Nübel durchsetzen. Dieser ist aktuell an den VfB Stuttgart verliehen, kehrt laut Vertrag allerdings im Sommer 2026 zurück. Also genau zu jenem Zeitpunkt, wenn Neuer seine Karriere beenden könnte.

Vorteil für Nübel: Er sammelt wöchentlich Spielpraxis in der Bundesliga, momentan sogar in der Champions League. Zudem absolvierte er im Oktober und November seine ersten zwei Länderspiele für Deutschland.

Die Verantwortlichen des FC Bayern schätzen die Entwicklung von Nübel. Sportvorstand Max Eberl sieht in dem 28-Jährigen "einen der besten Torhüter in der Altersklasse". Freund bezeichnet ihn als einen "sehr kompletten Torhüter", einen "mitspielender Torhüter" und eine "richtige Persönlichkeit". Der Vertrag von Nübel beim FC Bayern läuft bis 2029.

Option Nr. 3: Top-Torwart wie Verbruggen

Allerdings könnte es auch Überlegungen geben, einen externen Torwart hinzuzuholen. Hier gäbe es zwei Optionen: ein junger Torwart mit Perspektive oder ein absoluter Top-Torwart. Letzteres wäre zum Beispiel Bart Verbruggen vom Premier-League-Verein Brighton & Hove Albion. Dieser ist zwar erst 22 Jahre alt, absolvierte aber bereits 18 Länderspiele für die Nationalmannschaft von den Niederlanden.

Laut der "Sport Bild" steht Verbruggen schon länger im Fokus des FC Bayern. Doch wäre der Verein dazu bereit, eine hohe zweistellige Millionensumme an Ablöse zu bezahlen? Dies scheint aktuell eher unwahrscheinlich, da die angepeilte Vertragsverlängerung mit Jamal Musiala und eine eventuelle spätere Verpflichtung von Florian Wirtz (Bayer Leverkusen) sehr kostspielig ist.

Option Nr. 4: Junger Torwart wie Urbig

Günstiger wäre die Verpflichtung eines jungen Torhüters, der sich noch in der Entwicklung befindet. Laut dem "kicker" soll der 21-jährige Jonas Urbig vom 1. FC Köln beim FC Bayern weit oben auf der Liste stehen. Neuer soll das Vorhaben, einen Nachwuchskeeper neben sich zu haben und aufzuziehen, sogar unterstützen.

Zeitnah dürfte eine solche Verpflichtung allerdings nicht zustande kommen. Eberl bestätigte am Samstag gegenüber unserer Redaktion noch einmal, dass in diesem Winter die Verpflichtung eines Torhüters keine Option ist.

Auch mittelfristig dürfte der FC Bayern zunächst versuchen, die Nachfolge von Neuer mit Nübel oder Peretz zu regeln. Ein kostspieliger Transfer wäre vermutlich eher ein Notfall-Plan.

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