Uli Hoeneß ist zuletzt wieder zu einem veritablen Teil des Medienbetriebs geworden, die öffentlichen Auftritte des Bayern-Patrons häufen sich. Und die Frage steht im Raum: Ist das jetzt, in einer eher schwierigen Phase der Bayern, nur Zufall?
Man hätte ja zu gerne
In der eher missglückten Konversation zwischen Moderator, Übersetzer und Ismaik hatte der jordanische Geschäftsmann wenig Erhellendes beizutragen, wollte sich aber – nach 14 Jahren als Geldgeber der Löwen und damit irgendwie ja auch Hoeneß' Kontrahent – doch endlich mal mit dem Bayern-Macher treffen.
Wie Hoeneß grundsätzlich über die Löwen im Allgemeinen und Fußball-Oligarchen im Speziellen denkt, ist ein offenes Geheimnis: Für beide hat er wenig übrig. "Wenn er mal wieder in München ist, lässt sich das bestimmt einrichten", sagte Hoeneß mehr pflichtschuldig als freudig, mehr hatte er dann aber nicht zu sagen. Obwohl Ismaik unter anderem angekündigt hatte, seine Anteile bei Sechzig demnächst zu verkaufen.
Zufall oder Kalkül?
Früher hätte sich Hoeneß diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, um gegen die Löwen oder Ismaik oder beide loszuledern. Da war das ja so: Wenn Uli Hoeneß etwas Dringendes zu sagen hatte, wenn ihn etwas störte, wenn er Dinge zurechtrücken musste oder einfach auch mal ein wenig drauflos poltern wollte, dann hat er sich in Sendungen und zu Interviews einladen lassen oder sich – wie bei seinen legendären Anrufen im Sport1-"Doppelpass" – selbst eingeladen.
Diese Zeiten sind nun schon ein Weilchen her und es gibt Monate, in denen sich Hoeneß komplett rausnimmt aus dem Medienbetrieb. Aber ab und zu und wenn er Lust darauf hat, dann gönnt er sich diese Auftritte auch heute noch. In TV-Sendungen, in den Redaktionsstuben verschiedener Zeitungen oder aber auf Podiumsdiskussionen, die einen wie ihn nur zu gerne als Gast und damit Zugpferd anpreisen können.
Gerade scheint Hoeneß wieder so eine Phase zu haben, jedenfalls taucht der mittlerweile 73-Jährige wieder auffällig oft auf und stillt das öffentliche Interesse nach seiner Person. Seit dem offiziellen Ausscheiden aus dem Tagesbetrieb der Bayern sammelt er zu Hause die bei ihm eintrudelnden Fax-Nachrichten und genehmigt sich seine Auftritte dann nach Gutdünken.
Es kann also purer Zufall sein, dass er derzeit wieder häufiger zu sehen und zu hören ist und natürlich zitiert wird. Es könnte aber auch eine fast schon traditionelle Hoeneß-Idee dahinterstecken.
"Abteilung Attacke" bleibt sich treu
Der FC Bayern München muss polarisieren, das war schon immer eines seiner Leitmotive. Gleichgültig dürfen die Bayern den Fans – ihren eigenen und denen anderer Vereine – im besten Fall nie werden. Denn nur mit Konfrontation und auch ein wenig Provokation bleibt man interessant. Das festigt den eigenen Status und lässt gleichzeitig alle anderen wissen, dass sie an das Niveau der Bayern nie werden heranreichen können.
Also nutzt er diesen Effekt und verbindet es damit, selbst im Gespräch zu bleiben. Denn Hoeneß' Wort hat auch heute noch Gewicht, vielleicht sogar mehr als das der aktuellen Bayern-Lenker Max Eberl oder Herbert Hainer. Und: Als Erfinder der "Abteilung Attacke" hatte Hoeneß schon immer ein sehr feines Gespür für Timing, wann also ein aufbrausender Auftritt seine Wirkung nicht verfehlen konnte.
Immer, wenn es bei den Bayern stressig wurde, wenn die Mannschaft sportlich hinter den Erwartungen blieb oder es Debatten hinter den Kulissen gab, trat ein energischer Hoeneß ins Rampenlicht und sorgte so für jene Ablenkung, die dem Rest der Belegschaft etwas Zeit und wieder mehr Ruhe für die tägliche Arbeit verschaffte.
Diese Manöver waren eine Hoeneß-Spezialität und wenn man sich die letzten Tage und Wochen bei den Bayern ins Gedächtnis ruft, könnte jetzt auch wieder so ein Zeitpunkt gekommen sein für ein paar beherzte Hoeneß-Auftritte.
Ablenken im Wirtz-Poker?
Die Münchener Mannschaft ist mittlerweile arg dezimiert, zumindest leise Vorbehalte um die Arbeit von Trainer Vincent Kompany halten sich hartnäckig, in der Bundesliga ließen die Münchener einige Punkte liegen und verpassten es, die Meisterschaft endgültig zu entscheiden.
Und in der Champions League droht nach dem 1:2 zu Hause gegen Inter nun schon im Viertelfinale das Aus – dabei war der erneute Einzug in ein "Finale dahoam" doch abgemachte Sache. Es knirscht ein wenig bei den Bayern, da könnte also dezente Ablenkung von einem wie Hoeneß nicht schaden.
Und dann ist da noch die Sache mit
Dass die Bayern, insbesondere Uli Hoeneß, Wirtz lieber gestern als heute nach München locken wollen, ist kein großes Geheimnis. Dass nun aber Hoeneß auf den Plan tritt und sehr viel Raum einnimmt bei allen Diskussionen um die Bayern, um das geschrumpfte Festgeldkonto etwa, ist zumindest auffällig.
Ob das alles mit Wirtz und dessen möglicher Zukunft in München zu tun hat, wird wohl erst in ein paar Wochen zu erfahren sein. Bis dahin wird man Uli Hoeneß aber garantiert noch das eine oder andere Mal sehen und hören.