Der FC Bayern München hat mit Jonas Urbig einen neuen Torwart verpflichtet, der die Nachfolge von Manuel Neuer antreten könnte. Dabei wurden mit Daniel Peretz und Alexander Nübel früher zwei weitere Torhüter für den gleichen Zweck geholt. Macht die Torwart-Planung Sinn?

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Es war Dienstagvormittag um 10:03 Uhr, als Jonas Urbig erstmals den Trainingsplatz des FC Bayern München an der Säbener Straße betrat. Der 21-Jährige absolvierte gemeinsam mit Torwarttrainer Michael Rechner seine erste individuelle Einheit beim deutschen Rekordmeister. Erst einen Tag zuvor wurde seine Verpflichtung bekannt gegeben.

Bayern-Bosse schwärmen von Urbig

Sportvorstand Max Eberl ist von Urbig überzeugt: "Jonas ist ein sehr moderner Torwart, sehr gut mit den Füßen, sehr gut auf der Linie. Ein Torwart mit extrem großem Potenzial."

Laut Sportdirektor Christoph Freund passt Urbig "von der Art und Weise, wie er sein Torwartspiel ausübt, sehr gut zum FC Bayern München. Er ist ein junger Mensch, der sehr ehrgeizig ist."

Urbig gilt als eines der größten Talente des Landes und ist Torwart der deutschen U21-Nationalmannschaft. Und doch stellt sich die Frage: Kann ein junger Mann, der zuletzt beim Zweitligisten 1. FC Köln nur noch Ersatztorwart gewesen ist, in die großen Fußstapfen von Torwart-Ikone Manuel Neuer treten? Die Meinungen gehen auseinander.

Hamann und Effenberg bewerten den Transfer unterschiedlich

Sky-Experte Didi Hamann zweifelt den Sinn des Transfers an. "Neuer wird zu 99 Prozent noch ein Jahr weiterspielen. Wenn er (Urbig) jetzt 18 Monate auf der Bank sitzt, geht die Chance gegen Null, dass sie ihn als ersten Torwart reinstellen, sollte Neuer nächstes Jahr aufhören", sagte er bei "Sky 90". "Ich glaube, das ist ein herausragender junger Torwart. Aber der muss natürlich spielen."

Der frühere Bayern-Spieler Stefan Effenberg beurteilt den Transfer weniger kritisch. "Urbig macht Sinn, sodass er bei Bayern München relativ schnell viel lernt von dem besten Torhüter, den wir haben. Vielleicht gibt es auch eine Leihe im Hinterkopf", sagte er im "Sport1 Doppelpass".

Auch Peretz und Nübel gelten als potenzielle Neuer-Nachfolger

Tatsächlich könnte eine Ausleihe für die kommende Saison eine Option sein, sodass Urbig bei einem anderen Verein Spielpraxis sammelt. Für die Zeit nach Neuer steht allerdings nicht nur Urbig parat. Im Sommer 2023 wurde der israelische Nationaltorwart Daniel Peretz für eine Ablöse von circa fünf Millionen Euro verpflichtet. Der 24-Jährige absolvierte als Neuer-Vertreter bislang sieben Pflichtspiele für den FC Bayern und hinterließ einen guten Eindruck.

Hinzu kommt Alexander Nübel, der noch bis Sommer 2026 an den VfB Stuttgart verliehen ist und danach zum FC Bayern zurückkehren dürfte. Der 28-Jährige wechselte im Sommer 2020 ablösefrei vom FC Schalke 04 nach München. Urbig, der eine Ablöse von geschätzten sieben Millionen Euro gekostet haben dürfte, ist somit der dritte Torwart, der als potenzieller Neuer-Nachfolger geholt wurde.

Ganz nach dem Motto: Je mehr Torhüter vorhanden sind, desto größer die Chance, dass einer von ihnen die großen Fußstapfen von Neuer ausfüllen kann.

Torwart-Puzzle: Urbig, Neuer und die drei Fragezeichen

Der Wechsel von Jonas Urbig zum FC Bayern hat das Torwart-Puzzle im Verein erweitert - und verkompliziert. Denn während bei Manuel Neuer alle Zeichen auf Vertragsverlängerung stehen, stellt sich die Frage, wie der FCB denn nun mit Nationalkeeper Alexander Nübel plant. Und dann sind da auch noch Sven Ulreich und Daniel Peretz.

Oliver Kahn hat Zweifel

Der frühere Bayern-Torwart und Ex-Vereinsboss Oliver Kahn ist nicht überzeugt, dass Urbig sich bei dieser Konkurrenz durchsetzt. "Der FC Bayern hat in der Vergangenheit öfter Torwart-Talente geholt wie jetzt Urbig. Der Transfer ist ein Signal für die Zukunft. Ich kann mir allerdings auch vorstellen, dass Nübel zurückkehrt und Nummer 1 wird. In Stuttgart hat er sich gut entwickelt", sagte er gegenüber der "Bild".

Eines sei für Kahn klar: Wenn Neuer aufhört, "sind für jeden Nachfolger die Fußstapfen gewaltig. Vielleicht holt Bayern noch eine richtige Rakete. Ich sehe jedoch derzeit keine."

Urbigs Chance auf einen Neuanfang in München

Urbig wurde beim 1. FC Köln ausgebildet und sammelte als Leihtorwart erste Erfahrungen in der 2. Bundesliga. In der Rückrunde der Spielzeit 2022/23 war er Stammtorwart beim SSV Jahn Regensburg, in der Saison 2023/24 ist er die Nummer 1 bei der SpVgg Greuther Fürth gewesen und war einer der besten Schlussmänner der 2. Liga.

Im vergangenen Sommer kehrte er zum 1. FC Köln zurück, der gerade aus der Bundesliga abgestiegen war. Urbig ging als Stammtorwart in die Saison, hielt ordentlich und leistete sich kaum größere Fehler. Dennoch nahm Trainer Gerhard Struber am elften Spieltag einen Wechsel vor und beorderte den 29-jährigen Routinier Marvin Schwäbe zwischen die Pfosten.

Die damalige Begründung: "Marvin hat uns die letzten Wochen im Training gezeigt, dass er eine Ausstrahlung hat, Erfahrung und Führungsqualität mitbringt. Speziell in der Situation, in der wir hängen, können wir darauf zählen." Schwäbe nutzte seine Chance und blieb in den ersten beiden Spielen ohne Gegentor.

Die Kölner blieben nach dem Torwart-Tausch sieben Spiele unbesiegt und gewannen davon sechs Partien. Für den Trainer gab es keine Veranlassung, Urbig zurück ins Tor zu beordern. Somit bot ihm der Wechsel nach München die Chance auf einen Neuanfang. Auch wenn er dort ebenfalls zunächst nur Ersatztorwart sein wird.

"Der FC Bayern ist einer der größten Vereine der Welt", sagt Urbig. "Mein Ziel ist es, jeden Tag professionell an mir zu arbeiten und mich in unserer Torwart-Gruppe um Manuel Neuer beständig weiterzuentwickeln."

Ob das genügen wird, um eines Tages die Nummer 1 des FC Bayern zu sein?

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