Der FC Bayern München startet mit einem neuen Trainer und einigen neuen Spielern in die Saison. Der Sky-Experte Didi Hamann sieht beim deutschen Rekordmeister viele Fragezeichen und auch Unruhepotenzial. Wenig Verständnis hat er für den Verkauf von Matthijs de Ligt.

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Nach einer titellosen Saison startet der FC Bayern München mit dem neuen Trainer Vincent Kompany und einigen vielversprechenden Neuzugängen in die Saison. Am Freitagabend steht das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal gegen den SSV Ulm an. Didi Hamann sieht bezüglich des neuen Übungsleiters Vincent Kompany viele Fragezeichen.

"Der Trainer ist mit Burnley mit über 100 Punkten aufgestiegen, hat dann über 100 Millionen Pfund ausgegeben und ist wirklich dort gescheitert. Obwohl Nottingham und Everton Punktabzüge hatten, waren sie weit davon entfernt, die Klasse zu halten", sagte Hamann bei einem Presseevent von "Sky" über die Vergangenheit von Kompany in der englischen Premier League.

Hamann sieht großen Unterschied zwischen Alonso und Kompany

Hamann kennt Kompany noch aus seiner aktiven Zeit, weil sie in der Saison 2008/2009 Mitspieler bei Manchester City waren. "Er ist ein toller Spieler gewesen. Aber ob er sich in München durchsetzen kann und auch die Lockerheit hat, wird man sehen. Ich weiß nicht, ob er diese Lockerheit bereits nach drei Jahren als Trainer hat."

Zwar kam auch Xabi Alonso als junger Trainer in die Bundesliga und hatte mit Bayer Leverkusen auf Anhieb Erfolg. Aber: "Ich glaube, dass Alonso eine natürliche Ausstrahlung hat. Ich glaube, dass Kompany ein anderer Typ ist. Er hat auch anders Fußball gespielt. Aber man muss ihm jetzt einfach mal eine Chance geben."

Unruhepotenzial sieht Hamann in der Führungsetage des FC Bayern. Dass der Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß kürzlich öffentlich klarstellte, es dürfen keine Spieler mehr gekauft werden, ehe Spieler verkauft wurden, gibt Hamann zu denken: "Da war schon eine gewisse Schärfe drin. Das rührt auch daher, dass Uli Hoeneß Hansi Flick für ein Jahr zurückholen wollte, nachdem einige Trainer abgesagt hatten. Aber das wollte Max Eberl nicht. Das hat ihm (Hoeneß, Anm. d. Red.) nicht so gepasst."

Hamann nimmt Hoeneß in Schutz: "Das muss der FC Bayern aushalten"

Der Druck auf Kompany und vor allem auf Eberl sei daher groß: "Von Tag eins werden sie zum Siegen verdammt sein. Ich glaube, dass die Zukunft von Max Eberl sehr stark abhängig ist vom jetzigen Trainer. Natürlich wird man als Sportvorstand immer nach Erfolg bemessen. Aber umso mehr nach dem, was im Sommer mit den Trainerabsagen passiert ist und nachdem Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge Hansi Flick reinbringen wollten."

Dass sich Hoeneß immer wieder öffentlich zu Wort meldet, kann Hamann gut nachvollziehen: "Wenn du drei oder vier Trainer anfragst, die alle halbwegs zusagen und dann doch wieder absagen, dann hat Hoeneß meiner Meinung nach nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, etwas zu sagen. Der FC Bayern ist sein Kind. Und ich kann nicht mit Trainern nach vorne preschen, wenn ich mir nicht 100-prozentig sicher bin, dass die auch kommen. Wenn sich Hoeneß mal zu Wort meldet, muss der FC Bayern das aushalten."

Defensive Anfälligkeit noch immer vorhanden

Doch wie stark ist der FC Bayern nun wirklich? Dass zwei Testspiele gegen den englischen Top-Verein Tottenham Hotspur gewonnen wurden, habe laut Hamann keine Aussagekraft. Allerdings stellt er fest: "Die Anfälligkeit (in der Defensive, Anm. d. Red.) hatten sie jetzt gegen Tottenham schon wieder, als sie zwei Tore kassiert haben."

Das Wichtigste sei nun, was mit den Spielern passiert: "Kimmich spielt jetzt wieder in der Mitte, man hat auch einen Palhinha geholt, Leon Goretzka ist auch noch hier. Ich glaube, Konrad Laimer wird es unheimlich schwer haben. Denn bei Kompany wird es sehr auf die spielerischen Komponenten ankommen."

Harry Kane hat laut Hamann "etwas zu beweisen"

Besonders in der Pflicht sieht Hamann Stürmer Harry Kane, der beim FC Bayern nun in seine zweite Saison geht: "Kane hat eine katastrophale Europameisterschaft gespielt. Und ich glaube, dass auch er in der neuen Saison etwas zu beweisen hat. Er hat zwar in der letzten Saison über 30 Tore geschossen. Aber er ist nicht geholt worden, damit er einen Hattrick gegen Darmstadt schießt, sondern damit er im Viertelfinale oder Halbfinale der Champions League die entscheidenden Tore schießt. Das hat er nicht gemacht."

Die Neuzugänge João Palhinha, Michael Olise und Hiroki Itō bewertet Hamann positiv: "Palhinha ist ein sehr guter Spieler. Man muss schauen, wie sich alle im Mittelfeld einfinden. Olise ist ein interessanter Spieler, der letzte Saison Crystal Palace unheimlich geholfen hat. Er hatte allerdings einige Verletzungen und hat bei Olympia gespielt, das heißt, er wird spät kommen und wenig Pause haben. Das ist nicht ideal. Ito ist ein zuverlässiger Spieler und wird sich beim FC Bayern wunderbar einfügen."

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Hamann kann Verkauf von Matthijs de Ligt nicht nachvollziehen

Doch eines fehlt der Mannschaft: "Du brauchst einen Leader, der die Abwehr führt. Das war Matthijs de Ligt, der das schon mit 20 Jahren bei Ajax Amsterdam gemacht hat. Er war für mich in den letzten sechs, acht Monaten der stabilste Innenverteidiger. Er ist einer, der spricht und andere besser macht."

Nachdem der Niederländer nun an Manchester United verkauft wurde, sei ein solcher Spielertyp nicht mehr vorhanden: "Upamecano, Kim und Ito – ich glaube, das sind alles keine großen Sprecher. Für mich wäre de Ligt gesetzt gewesen. Auch Jonathan Tah (an dem der FC Bayern interessiert sein soll, Anm. d. Red.) wäre kein Spieler, der eine Abwehr führt oder leitet."

Somit starte der FC Bayern mit "vielen Unbekannten" in die neue Saison: "Dass nun innerhalb von sechs, acht Wochen alles zusammenkommt, da habe ich meine Zweifel." Der Meistertipp von Hamann lautet daher nicht Bayern München, sondern Bayer Leverkusen: "Sie werden meiner Meinung nach wieder die Liga gewinnen."

Verwendete Quelle

  • Sky Presseevent
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