Der FC Bayern München setzt sich im Topspiel der Bundesliga durch, Eintracht Frankfurt ist der große Gewinner und beim VfL Wolfsburg muss man sich große Sorgen machen. Fünf Erkenntnisse des sechsten Spieltags.
SGS Essen: Neue defensive Stabilität
42 Gegentore kassierte die SGS Essen in der vergangenen Saison in 22 Partien. Das 0:0 gegen Bayer 04 Leverkusen am sechsten Spieltag ist ein weiterer Beleg dafür, dass das Team von Markus Högner vor allem in einem Bereich große Fortschritte machen konnte: in der Abwehr. Es ist bereits das dritte Mal, dass die SGS zu null spielt. Gegen RB Leipzig gab es drei größtenteils unglückliche Gegentore, hinzu kommen zwei Tore der Bayern und eines von Werder Bremen.
Leverkusen erzielte bisher die drittmeisten Treffer in der Liga (12). Gerade das gefürchtete Angriffsduo bestehend aus Karolina Lea Vilhjalmsdottir und Nikola Karczewska zählte in der Saisonanfangsphase zum Besten, was es in Deutschland zu sehen gab. Wie schon gegen kompakt verteidigende Kölnerinnen tat sich Leverkusen nun aber auch mit dem Abwehrbollwerk der Essenerinnen schwer.
Wobei der Begriff Bollwerk womöglich einen falschen Eindruck vermittelt. Essen lässt laut dem Datenanbieter "Opta" seine Gegenspielerinnen im Schnitt 10,9-mal einen Pass spielen, ehe eine Defensivaktion erfolgt. Damit befindet man sich auf dem achten Platz, allerdings nah dran an Leverkusen (10,5), Frankfurt und Freiburg (beide 10,1). Duisburg (16,5) und Nürnberg bilden das Tabellenende.
Essen versteht es sehr gut, zwischen hohen und tiefen Verteidigungsphasen zu wechseln, Gegner damit mental zu zermürben und sie zu Ballverlusten zu zwingen. 75 hohe Ballgewinne sind der viertbeste Wert der Liga. Die SGS verschiebt klug, hält die Abstände und lässt damit wenig zu. Schaffen sie es nun, auch offensiv wieder gefährlicher zu werden, ist in dieser Saison viel möglich. Denn das 0:0 gegen Leverkusen zeigte ebenfalls, dass die offensiven Umschaltsituationen oft nicht sauber genug ausgespielt werden.
SC Freiburg angekommen – TSG Hoffenheim wieder auf dem Boden
Nach einem soliden Saisonstart gegen die Bayern (2:2) fiel der SC Freiburg in ein Loch. Ein glücklicher 2:1-Sieg gegen Werder Bremen markierte den einzigen Bundesliga-Erfolg bisher. Die Vorzeichen vor dem Duell mit der TSG Hoffenheim waren also alles andere als gut. Doch die Freiburgerinnen absolvierten über weite Strecken ihr bestes Saisonspiel.
Das lag auch daran, dass Trainerin Theresa Merk das Risiko etwas minimierte. Gegen den Ball arbeitete der SC etwas tiefer als gewöhnlich und stellte vor allem das Mittelfeldzentrum zu. Marie Müller verteidigte auf dem rechten Flügel mitunter so aktiv nach hinten, dass Lisa Karl etwas einrückte und hin und wieder eine Fünferkette entstand.
Den Mut verloren die Freiburgerinnen dennoch nicht. Mit dem Ball sehr engagiert, wenn auch längst nicht alles klappte und gegen den Ball immer mit Aggressivität und Laufbereitschaft. Hoffenheim tat sich damit extrem schwer, kam kaum zu strukturierten Angriffen. Es mag die erste Saisonniederlage der TSG gewesen sein, doch die spielerischen Defizite sind unter Stephan Lerch nicht neu.
Während Hoffenheim auf dem Boden der Tatsachen angekommen ist, kam Freiburg also überhaupt an – nämlich in dieser Bundesliga-Saison. In der Tabelle verschafft man sich so zunächst fünf Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz – und auch mit drei Zählern Rückstand auf Hoffenheim (3.) ist nach oben noch einiges möglich. Dafür wird man den jüngsten Trend aber bestätigen müssen.
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Aufsteiger nicht abgezockt genug
Bei RB Leipzig und dem 1. FC Nürnberg wiederholen sich die Ereignisse der letzten Wochen. Beide spielen mitunter guten Fußball dafür, dass sie neu in der Bundesliga sind. Doch beiden fehlt es an Kaltschnäuzigkeit.
Nürnberg erwischte keinen guten Start in das Duell mit dem 1. FC Köln, lag bereits nach fünf Minuten mit 0:1 zurück. Doch der Club arbeitete sich in die Partie und hatte vor dem 0:2 durch Marleen Schimmer die eine oder andere Umschaltsituation, die nicht gut ausgespielt wurde. Nervosität? Individuelle Klasse? Nürnberg macht sich die guten Ansätze in den entscheidenden Situationen selbst kaputt. Am Ende verliert man mit 1:3.
Die Leipzigerinnen haben offensiv weniger Probleme – zumindest beim Herausspielen von Möglichkeiten. Bedenkt man, dass sie schon gegen Bayern, Wolfsburg und Frankfurt gespielt haben, sind sechs Treffer ein guter Wert. Doch defensiv verschenkt das Team im Moment zu viel. Gegen Duisburg stand es lange 1:0 und der Sieg wäre angesichts des Spielverlaufs in Ordnung gewesen. Chancen zum 2:0 waren da, wurden aber nicht genutzt.
So wurde es am Ende nochmal hektisch. Das 1:1 und die verlorenen zwei Punkte könnten am Saisonende noch schmerzen. Sowohl Leipzig als auch Nürnberg sind noch nicht abgezockt genug. Vielleicht ist das der größte Unterschied zu Teams wie Duisburg oder Köln, die sich in den vergangenen Spielzeiten einen Erfahrungsvorteil erarbeitet haben.
FC Bayern oben auf, Wolfsburg in der Krise
Dass der FC Bayern nach sechs Spieltagen an der Tabellenspitze steht, hatten nur wenige nach dem Unentschieden gegen Eintracht Frankfurt auf dem Zettel. Doch der VfL Wolfsburg wird in dieser Saisonphase für seine Nachlässigkeiten bestraft. Ein Unentschieden gegen die TSG Hoffenheim sowie die 1:2-Niederlage im Topspiel in München bedeuten, dass man nur noch auf dem zweiten Platz steht.
Anders als in den vergangenen Jahren wirkten die Bayern wie das deutlich reifere Team. Mit dem Ball ließen sie sich von den Pressingversuchen der Gäste nicht irritieren. Mit viel Ruhe und Kontrolle wurde Wolfsburg in Bewegung gehalten. Öffneten sich die offensiven Räume, waren die Angreiferinnen zur Stelle.
Schon nach knapp einer Stunde hätte es 3:0 für die Gastgeberinnen stehen müssen. Jovana Damnjanovic vergab einen Elfmeter, einige weitere Chancen wurden nicht genutzt. Und so holte Lena Oberdorf ihr Team mit einem Traumtor aus großer Distanz wieder ins Spiel. Doch Bayern blieb trotz nun ausgeglichener Partie souveräner. Das 2:1 war hochverdient.
In Wolfsburg wird man sich nach den letzten Misserfolgen Fragen gefallen lassen müssen. "Über den Trainer möchte ich gar nicht sprechen, er macht hervorragende Arbeit", erklärte der sportliche Leiter Ralf Kellermann vor der Partie im "ZDF": "Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam." Doch die Deutlichkeit des Qualitätsunterschieds auf dem Münchner Platz könnte ein erster Anstoß zum Umdenken gewesen sein. Spätestens jetzt kann man beim VfL von einer Krise sprechen.
Eintracht Frankfurt: Gewinner des Spieltags
Hoffenheim und Wolfsburg verlieren, Leverkusen kommt nicht über ein 0:0 hinaus – Eintracht Frankfurt ist mit einem 1:0-Sieg der große Gewinner des Spieltags. Gut, die Bayern sollten in dieser Rechnung nicht zu kurz kommen, haben sie doch die Tabellenführung erobert. Doch die SGE meldet sich mit dem knappen Erfolg über Werder Bremen zurück an der Spitze der Liga.
Nur noch drei Punkte beträgt der Rückstand auf Wolfsburg. Jeweils einer ist es auf Leverkusen und Hoffenheim. Der Sieg gegen Werder war angesichts der Vielzahl an Chancen verdient. Wichtig war vor allem, den Anschluss nach oben wiederherzustellen.
Doch Niko Arnautis und sein Team werden noch einiges an Feinschliff benötigen, um sich wieder für die Champions League zu qualifizieren. Mit dem teils hohen Pressing der Bremerinnen tat sich die SGE ebenso schwer wie mit dem Übernehmen der Spielkontrolle. Lief der Ball zu lange durch die eigenen Reihen, fand man kaum Lücken beim Gegner. Probleme, die nicht neu sind. Doch die neue Tabellensituation könnte Auftrieb geben.
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