Das vorzeitige Ausscheiden in der Champions League wirft beim Rekordmeister grundsätzliche Fragen auf – aber nicht die Trainerfrage.
Im Moment dürfen wir uns mit der Gewissheit trösten, dass Bayern München und Borussia Dortmund ihre Viertelfinal-Rückspiele in der Champions League ordentlich bestritten haben. Die einen 2:2 bei Inter Mailand, die anderen 3:1 gegen Barcelona: Das klingt zufriedenstellend und verführt zu der Annahme, dass die Bundesliga noch immer mit den großen Klubs mithalten kann.
Aber wir sollten uns am Ende dieser Königsklassen-Saison nicht selbst täuschen. Beide Mannschaften haben das Viertelfinale in den Hinspielen vergeigt, weil ihre Klasse nicht zu zwei erfolgreichen Resultaten reichte. Für die Bayern ist das besonders bitter: Das Champions-League-Finale dahoam in der Münchner Allianz-Arena findet am 31. Mai ohne den Gastgeber statt.
Die Luft ist raus aus der Müller-Sané-Coman-Gnabry-Generation
In der entscheidenden Phase im Inter-Spiel fehlte dem FC Bayern das eine Prozent, das eine gute Mannschaft von einer sehr guten unterscheidet. Die Bayern, wie wir sie aus ihrer besten Zeit kannten, hätten den Ball in letzter Sekunde noch über die Torlinie gebracht und die Verlängerung erzwungen. Aber die Luft ist raus aus der Müller-Sané-Coman-Gnabry-Generation.
Waren die vielen Verletzten am Ausscheiden schuld? Vielleicht. Aber große Teams haben immer eine zweite Reihe, die in kniffligen Situationen über sich hinauswächst. Von Dier und Stanisisc oder später Guerreiro und Pavlovic kam aber nichts Zwingendes, das Inter Mailand vor unlösbare Aufgaben stellte. Das vorzeitige Ausscheiden tut weh, aber war unter dem Strich verdient.
Bayern München steckt mitten in einem Umbruch und weiß es womöglich nicht
So bleibt von zwei Spielzeiten mit zwei völlig unterschiedlichen Trainertypen vermutlich nur ein einziger Titel:
Wohl kaum. Bayern München steckt mitten in einem Umbruch und weiß es womöglich nicht. Man hat einerseits den Vertrag mit Joshua Kimmich verlängert, andererseits die Beziehung mit Thomas Müller beendet, und nun sind Personalien wie Leon Goretzka und
Kompany verdient eine zweite Saison
Was Bayern braucht, ist eine große Lösung. Einen Ruck. Es reicht nicht, darauf zu hoffen, dass Harry Kane mit bald 32 weiterhin Tore am Fließband schießt und Jamal Musiala die Zuschauer begeistert.
Die Verpflichtung von Florian Wirtz wäre so ein Ruck, logisch. Gerne auch unter einem Trainer Kompany, der zwar große Spiele noch nicht gewinnt, aber die Mannschaft vereint hat.
Er verdient eine zweite Saison. Eine, die er mit Personalwünschen prägen und an der er sich dann messen lassen kann. Aber nach dem Zickzack-Kurs, den die eigene Führungsetage allein bei der Trennung von Müller vollführte, ist keine konsequente Strategie zu vermuten, wie der neue FC Bayern aussehen könnte. Im Moment sieht er nach einem Viertelfinal-K.o. aus.
Über den Autor
- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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