Mit der Verpflichtung von James Rodriguez lässt der FC Bayern auf dem Transfermarkt aufhorchen. Wo soll der Kolumbianer aber spielen, wie verändert der Deal die Struktur des Bayern-Kaders? Und wird es für Thomas Müller noch ungemütlicher?
Man hätte es eigentlich ahnen können: Der FC Bayern war bzw. ist der Arbeitgeber der Torschützenkönige der Weltmeisterschaften 2006 und 2010.
Und weil
Am Dienstag machten die Münchener die Verpflichtung des Kolumbianers publik, der für zwei Jahre auf Leihbasis kommt und für den sich die Bayern eine Kaufoption über rund 40 Millionen Euro gesichert haben.
Für die beiden Jahre der Leihe müssen die Bayern fünf Millionen Euro pro Jahr an Real Madrid überweisen.
Ancelottis Wunschspieler
"Er ist der Wunschspieler von
In Madrid erlebte James zuletzt zwei enttäuschende Jahre. Mit Zinédine Zidane hatte er einen Trainer, der eher auf die Mittelfeldstrategen
In den wichtigen Spielen hatte Zidane keine Verwendung für James, den Champions-League-Triumph von Cardiff vor einigen Wochen erlebte der Kolumbianer von der Tribüne aus - für einen Kaderplatz hatte es mal wieder nicht gereicht.
Auch deshalb erscheint der Deal der Bayern wie ein Schnäppchen. 75 Millionen Euro hatte sich Real damals die Dienste des Kolumbianers kosten lassen. Jetzt könnten die Bayern theoretisch bald für gut die Hälfte zuschlagen.
Carlo Ancelotti hatte James damals nach Madrid gelockt, jetzt hat er ihn zu sich nach München geholt. In seiner ersten Saison in Madrid explodierte James förmlich, kam auf 35 Scorerpunkte (17 Tore, 18 Assists) in 47 Pflichtspielen.
Dass er trotz fehlenden Vertrauens des Trainers auch Leistung bringen kann, zeigte er in der abgelaufenen Saison, als er immerhin 24 Scorerpunkte in 33 Spielen erzielte.
James bringt technische Fähigkeiten mit wie nur wenige Spieler. Der 26-Jährige ist dribbel- und schussstark und kann den zuletzt immer wieder einfallslosen Standards der Bayern neuen Pfiff verleihen.
Mit James' Verpflichtung gehen die Bayern auch einen ersten Schritt in Richtung Post-Robbery-Ära.
Die Flügellastigkeit des Münchner Spiels ist eng verbunden mit den beiden Routiniers Franck Ribéry und Arjen Robben, die beide aber in naher Zukunft nicht mehr für die Bayern spielen werden.
Variabel einsetzbar
Mit James dürften die Bayern wieder flexibler aufgestellt sein, der Kolumbianer ist ein Hybrid aus Flügelspieler, Zehner und verkapptem Angreifer.
In Ancelottis Lieblingssystemen 4-3-3 und 4-3-2-1 wäre James auf den offensiven Halbpositionen perfekt aufgehoben - und die Bayern würden sich von ihrem Fokus auf den Flügeln etwas lösen können.
Kaum zufällig verkündeten die Bayern den Transfer just 24 Stunden, nachdem Serge Gnabrys Wunsch nach einem Leihgeschäft bekannt wurde.
Für Gnabry dürfte mit dem James-Wechsel der Weg frei sein zu einem anderen Verein, bei dem der Nationalspieler Spielpraxis auf möglichst hohem Niveau sammeln und dann gereift und als fertiger Spieler zu seinem "neuen" Klub zurückzukehren.
Damit dürfte auch der in den vergangenen Wochen ohnehin immer unwahrscheinlicher gewordene Transfer von Arsenals Alexis Sanchez vom Tisch sein.
Sanchez ist nicht der klassische Lewandowski-Backup, sondern mit seinem weiträumigen Spieler eher eine Linie dahinter gut aufgehoben - da spielt nun aber James.
Wohin mit Müller?
Pikanterweise macht der Neue auch dem dienstältesten Bayern-Profi und letzten verbliebenen Bayern in der Mannschaft den Platz streitig.
Der WM-Torschützenkönig von 2014 engt den Lebensraum des Torschützenkönigs von 2010 noch mehr ein.
Thomas Müller dürfte vor einer noch schwierigeren Saison stehen als es die vorherige schon war - und da war "Müller spielt immer" für Ancelotti oft keine Option.
"Er wird eine stärkere Saison hinlegen müssen", sagte Rummenigge dem "Münchner Merkur". "Die Konkurrenz auch auf seinen Positionen ist stark. Ich wünsche ihm eine starke Saison und viele Tore."
Und das war noch wenige Tage vor der James-Verpflichtung. Am Ende könnte Müller noch weiter auf den Flügel ausweichen müssen, im Zentrum ist mit James, Vidal, Tolisso, Rudy und Thiago das Angebot fantastisch gut.
Der Transfer des Kolumbianers ist auch eine Art Zugeständnis an Ancelotti und ein Fingerzweig, dass die Bosse dem Italiener trotz einer sehr durchwachsenen ersten Saison weiter vertrauen.
Damit hat Ancelotti - genau wie seine Vorgänger - auch seinen Wunschspieler auf den Hof gestellt bekommen.
Bei Pep Guardiola war dies Thiago, bei Jupp Heynckes der international eher unbekannte Javi Martinez.
Mit James Rodriguez haben die Bayern auf dem Papier eine Granate verpflichtet, wie Uli Hoeneß sie angekündigt hatte.
Aber der Spieler muss unter seinem ehemaligen Mentor nun auch wieder in die Spur finden. Erst dann wird der Deal für alle Seiten wirklich gewinnbringend.
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