Die Niederlage in München war nicht nur ein Déjà-vu, sondern bringt auch längst beendete Debatten zurück. Besonders im Fokus stehen dabei Dortmunds Führungsspieler.

Mehr News zu Borussia Dortmund

Manchmal sind es die kleinen Momente in einem Spiel – oder einer ganzen Saison –, die Vieles verändern. Borussia Dortmund ereilten diese Augenblicke beim ersten Gegentreffer in München. Bis dahin hatte der BVB ein ordentliches Spiel absolviert, erschien aufmerksam, aggressiv und auch selbstbewusst genug, um in der Allianz Arena zu bestehen. Dann schlug Gregor Kobel am Ball vorbei und alles wurde anders: In diesem einen Spiel und vielleicht auch für den Rest der Saison.

Das 0:1 in München öffnete bei beiden Mannschaften alle Schleusen. Aber man kann nur aus Sicht der Bayern behaupten, dass das eine positive Erkenntnis war. Der Rekordmeister fand nach einem verhaltenen Start voll in seinen Spielfluss – ganz so, als hätte jemand einen Schalter umgelegt und aus den alten Bayern neue Bayern gemacht.

Während die Borussia – vor dem Spiel noch Tabellenführer, mit neun Siegen aus zehn Spielen in der Bundesliga ungeschlagen in diesem Kalenderjahr – auf Zwergenniveau gleichzeitig schrumpfte. Mal wieder in einem entscheidenden Spiel. Mal wieder beim Gastspiel in München.

Dortmund wie gelähmt

Thomas Müller verriet nach der Partie am Mikrofon von "ESPN" ein paar interessante Details. Nach dem ersten Gegentor habe er sich mit einigen Dortmunder Spielern auf dem Platz unterhalten. "In den ersten zehn Minuten war Dortmund mit seiner Aggressivität die bessere Mannschaft. Aber das Gegentor hat sie getroffen. Ich habe bei den Spielern, die schon länger dabei sind und hier in München gespielt haben gesehen: Okay..."

Müller meinte damit, dass besonders die erfahrenen Dortmunder Spieler wie gelähmt schienen, wohl wissend, was die Stunde geschlagen hat. Zu oft hatte der BVB in der Vergangenheit schon derbe Klatschen in München kassiert, dieses erste Gegentor ließ die Luft aus allen Dortmunder Versuchen, dieses Mal doch Widerstand zu leisten.

Stattdessen griffen jene Angst und Lethargie um sich, die man von vielen schwarz-gelben Auftritten in München kennt. Auch und besonders bei den gestandenen Spielern im Dortmunder Kader.

Kommen die alten Debatten zurück?

Es waren nicht nur die auf ihren Flügeln sichtlich überforderten Marius Wolf und Julian Ryerson, die Bayerns schnelle Verlagerungen und dem Hinterlaufen der Außenverteidiger kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Zur Wahrheit gehört auch, dass sie in diesen Aktionen von ihren Vorderleuten Julian Brandt und Marco Reus nicht wie gewohnt unterstützt wurden. Dass im zentralen Mittelfeld Emre Can, Raphael Guerreiro und Jude Bellingham gegen das Münchener Trio Müller, Leon Goretzka und Joshua Kimmich hoffnungslos unterlegen waren.

Wie der BVB nach dem ersten Gegentor völlig den Kopf verlor und es niemanden auf dem Platz gab, der die Mannschaft zur Räson rufen und wachrütteln konnte, war ein schlechtes Zeichen: Die Mannschaft ließ nach nur einem Rückschlag jegliche Energie entweichen und musste am Ende froh sein, mit nur zwei Toren Unterschied verloren zu haben – und nicht mit vier, fünf oder sechs.

Nach den ersten Gegentoren "hat sich nicht mehr jeder an den Plan gehalten", sagte Emre Can bei "Sky". "Und dann wird es schwierig hier. Wir hatten uns vor dem Spiel vorgenommen: Egal, was passiert; egal, ob wir in Führung gehen oder ob wir hinten liegen, wir wollen kompakt stehen. Das war nicht mehr der Fall. Vielleicht hatten wir nicht genug Selbstvertrauen."

Aber wie viel Selbstvertrauen ist für die Mannschaft dann notwendig, um in München nicht einfach so unterzugehen? Die Ausgangslage war gut wie seit Jahren nicht mehr, die leidigen Debatten um Mentalität und Widerstandskraft schienen längst beendet. Nun flammen sie nach diesem einen Spiel wieder voll auf.

Lesen Sie auch:

Die Führungsspieler sind gefragt

Und auf einmal droht aus einer bis dahin fast perfekten Ausgangssituation eine gefährliche Gemengelage zu entstehen. Natürlich ist die Meisterschaft noch lange nicht entschieden, zumal der BVB sowohl ein machbares Restprogramm hat als auch fünf der letzten acht Spiele zu Hause absolvieren darf.

Andererseits hatte die Mannschaft nach der Übernahme der Tabellenführung auch erstmals in dieser Saison etwas zu verlieren. So wie das schon am Mittwoch der Fall sein wird, wenn es im Pokal-Viertelfinale zu RB Leipzig geht. Das nächste Spitzenspiel, ein Alles-oder-Nichts-Spiel.

Nun liegt es an Edin Terzic, die Mannschaft wieder aufzubauen. Und an den Führungsspielern, ihrem Anspruch auch gerecht zu werden. Sonst droht der BVB innerhalb weniger Tage die großen Ziele der Saison zu verspielen.

Verwendete Quellen:

  • bvb.de: Dann hat sich nicht mehr jeder an den Plan gehalten
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.