Jude Bellingham ist einer der besten Spieler der Liga und ein Schlüssel bei Dortmunds Titeljagd – wenn er sich denn im Griff hat. Auf welchen Bellingham sollten sich die Fans also in der Schlussphase der Saison einstellen?

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Es ist ja nicht so, dass Jude Bellingham nicht selbstkritisch wäre. "Ich glaube, wir waren ein bisschen arrogant und haben uns selbst überschätzt", hat er laut "ran" neulich in einem Interview über das 3:3 in Stuttgart gesagt und neben seiner Mannschaft insbesondere auch sich in die Selbstkasteiung eingeschlossen.

Beim wilden Remis gegen den VfB zeigte die Dortmunder Mannschaft im Großen und Bellingham im Kleinen jene Sprunghaftigkeit und Selbstgefälligkeit, die beiden gerne nachgesagt wird: Überragend in einzelnen Sequenzen des Spiels, zielstrebig und dominant. Aber auch fahrlässig, hochmütig und larmoyant, wenn es darauf ankommt. Nicht der Stoff, aus dem deutsche Meister gemacht sind. Oder etwa doch?

Ein Traum von einem Spieler

Jude Bellingham ist immer noch erst 19 Jahre jung, als 2003er-Jahrgang könnte er theoretisch auch noch in der Dortmunder U 19 spielen. Gegen Rot-Weiß Oberhausen oder VfB 03 Hilden. Tatsächlich spielt Bellingham nun aber seit fast vier Jahren im Profi-Fußball, in Dortmund vor 80.000 Fans im Westfalenstadion.

Und ist in dieser Mannschaft, die so nah dran ist an der deutschen Meisterschaft wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr, eine der entscheidenden Figuren. Vielleicht sogar die entscheidende auf der Zielgeraden einer turbulenten Saison.

Bellingham treibt den Maschinenraum des BVB an. Kein anderer Spieler im Dortmunder Mittelfeld bringt so viel Energie und Wucht ein, hat so eine weiträumige Spielanlage. Gerne wird bei Spielern dieser Art vom Box-to-Box-Spieler gesprochen, die vom eigenen bis zum gegnerischen Strafraum agieren. Bellingham spielt tatsächlich von der eigenen bis zur gegnerischen Torauslinie und auch in den entlegensten Ecken des Spielfelds.

Der Spieler bringt Dynamik und Kampfkraft mit, ist unerschrocken, will Verantwortung übernehmen, geht voran und ist ganz nebenbei auch ein ganz herausragender Einzelkönner am Ball. Mit flinken Bewegungen und Ideen und einem tadellosen Torabschluss. Ein Traum von einem Spieler.

Übermotiviert und ungerecht

Die Sache ist nur die: Jude Bellingham kanalisiert und dosiert seine Energie nicht immer optimal. Dann kann es auch mal aktionistisch werden, fahrig und übermotiviert. Gerne an der Grenze, eine Spur drüber zu sein. Und wie viele andere große Spieler auch kennt Bellingham seinen Stellenwert innerhalb der Mannschaft und seine außergewöhnlichen Fähigkeiten. Wenn dann der Rest der Mannschaft oder einzelne Mitspieler nicht immer mithalten können, zumindest aus seiner Perspektive, wird er gerne auch mal ungerecht.

Mehrmals ist Bellingham mit abfälligen Gesten gegenüber seinen Mitspielern aufgefallen, das kommt natürlich in den seltensten Fällen gut an. Er legt sich mit dem Schiedsrichter an, lamentiert nach harten Zweikämpfen. Dann spielt er noch zu sehr sein eigenes Spiel und trifft unüberlegt auch eigene Entscheidungen. Wie beim letzten Gegentreffer in Stuttgart, als er einfach seine Position verließ, um ein letztes Mal, ohne Unterstützung der Kollegen, ins Pressing zu gehen.

Diese kurzen, undisziplinierten Momente sind nur zu verständlich bei einem Teenager, sie gehören zum Gesamtbild aber auch mit dazu. Und werfen vor den letzten vier entscheidenden Partien dieser Saison die Frage auf, welchen Bellingham die Dortmunder Fans noch zu sehen bekommen.

Bellingham: "Titel würde mir die Welt bedeuten"

Bei einem Punkt Rückstand auf die Bayern sind ab sofort keine Fehler mehr erlaubt. Sehr wahrscheinlich wird die Mannschaft alle vier Spiele gewinnen müssen, um eine realistische Chance auf den Titel zu haben. Dafür braucht sie einen Bellingham in Topform und mit einem exakt ausbalancierten Spiel: Aggressiv und mitreißend genug, ohne dabei zu überdrehen oder gut gemeinten Ansätzen eine lähmende Wirkung zu verpassen.

Es kann sehr gut sein, dass die BVB-Fans einen ihrer Lieblingsspieler nur noch diese vier Mal im schwarz-gelben Trikot erleben dürfen. Die Spekulationen um Bellinghams Abgang dürften in den kommenden Tagen und Wochen noch dramatisch zunehmen. Trotz aller Bemühungen des Klubs, mit einem verbesserten Kontrakt oder vielleicht sogar der Aussicht auf noch mehr Verantwortung innerhalb der Mannschaft, stehen die Zeichen auf Abschied.

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Eine Ablösesumme im dreistelligen Bereich steht im Raum, Bellingham könnte sogar zum teuersten Verkaufsobjekt in der Geschichte des Klubs werden. Mehr Geld erlösen als Ousman Dembele, Jadon Sancho oder zuletzt Erling Haaland. Aber anders als diese prominenten Vorgänger kann er seine Mission in Dortmund mit der deutschen Meisterschaft abschließen.

Ein Meistertitel "würde mir alles bedeuten, es würde mir die Welt bedeuten! Ich würde im Moment mehr als alles andere gerne die Liga für diesen Verein gewinnen, nach allem, was er mir gegeben hat." Dafür sollte er nun dem BVB noch einmal alles geben: Den besten Bellingham, den man sich vorstellen kann.

Verwendete Quelle:

  • ran.de: Bellingham knallhart: "Wir waren arrogant!"
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