Der FC Red Bull Salzburg hat auch Spiel eins nach Peter Zeidler nicht gewinnen können. Die Trainersuche überschattet beim Salzburger Klub alles. Auch die Verantwortlichen stehen verstärkt im Fokus.
Red Bull Salzburg hat bei der Vorstellung seiner Neo-Trainer eine gewisse Routine entwickelt. Seit dem Start des umstrittenen Projekts vor zehn Jahren hat der Klub rekordverdächtige acht Trainer verschlissen.
Vergangenen Donnerstag musste Peter Zeidler gehen. Er folgte damit so illustren Namen wie Giovanni Trapattoni, Huub Stevens oder Roger Schmidt.
Zeidlers Entlassung an sich war keine große Sensation mehr. Dafür lief es in dieser Saison einfach zu unrund für den Serienmeister der vergangenen Jahre. Und auch abseits des Platzes überschlugen sich teilweise die Ereignisse.
Erneut blamierten sich die "Bullen" in der Champions-League-Qualifikation: Sie schieden wieder gegen Malmö aus - diesmal nach einem 2:0-Hinspielsieg und einem Spieler Überzahl in der letzten halben Stunde des Rückspiel in Schweden.
Als das Team auch noch die Trostrunde Europa League gegen das europäische Leichtgewicht Dinamo Minsk verpassten, war Trainer Zeidler quasi schon vom ersten Tag zum Scheitern verurteilt.
"Kinderfußball" beim Meister
Die Spieler widersetzten sich dem deutschen Trainer, sprachen offen von "Kinderfußball", den Zeidler seiner Truppe eintrichtern wolle. Kapitän Jonatan Soriano, einer der letzten verbliebenen Eckpfeiler der überragenden vergangenen Jahre, wollte weg.
Der Start in die Bundesligasaison geriet mit nur einem Pünktchen aus den ersten drei Spielen zum totalen Flop. Erst nach und nach rauften sich das Team und der Trainer zu einer Zweckgemeinschaft zusammen.
Der Verve und die Leichtigkeit, mit der die "Bullen" in den vergangenen Spielzeiten die Liga dominiert hatten, war aber auch in den erfolgreicheren Zeiten kaum noch zu spüren.
Debüt von Thomas Letsch kein Befreiungsschlag
Der offen ausgetragene Streit zwischen Zeidler und Innenverteidiger Martin Hinteregger, der vergangenen Dienstag zum wiederholten Mal aus dem Kader geflogen war, und die zuletzt fehlenden positiven Ergebnisse stellen Red Bull vor die bestens bekannte Frage: Wie soll es weitergehen?
Vorerst sieht der Plan so aus, dass Thomas Letsch von der Außenstelle Liefering nach Salzburg aufrückt. Der Deutsche wird damit zum zweiten Mal Nachfolger von Zeidler, den er bereits in Liefering beerbt hatte.
Letschs Debüt geriet gegen Mattersburg aber zu einer mageren Nullnummer, der erhoffte Trainereffekt stellte sich nicht ein.
Fehlt Red Bull Salzburg die Qualität?
Nicht erst seit Sonntagabend und dem 0:0 in Mattersburg stellt sich die Qualitätsfrage. Der rege Austausch der "Bullen"-Spieler mit dem deutschen Pendant in Leipzig macht sich auf Dauer eben doch bemerkbar.
Der Weg der fußballerischen Klasse wird immer mehr zur Einbahnstraße Richtung zweite deutsche Bundesliga.
Im Gegenzug landen jene Spieler in Salzburg, die es in Leipzig nicht packen. Oder aber zwar talentierte, aber noch nicht gestandene junge Spieler aus Liefering, wie Debütant Hee Chan Hwang.
Damit Letsch überhaupt die minimale Chance auf eine dauerhafte Anstellung bekommt, muss am letzten Spieltag am Wochenende gegen Verfolger Rapid ein Sieg her. Dass Red Bull nach einem neuen, womöglich renommierten Trainer Ausschau hält, ist ja kein Geheimnis.
Freund und Sauer fordern Rückkehr zur alten Klasse
Salzburgs Sportlicher Leiter Christoph Freund und General Manager Jochen Sauer forderten unisono, dass Red Bull alsbald wieder zu jenem Fußball aus der erfolgreichen Ära mit Roger Schmidt oder zuletzt unter Adi Hütter zurückkehren müsse.
"Wir wollen einen Trainer finden, der diesen Fußball wieder spielt", sagt Sauer. "Wir wollen unserem Fußball treu bleiben und ihn verschärfen. Wir wollen mit jungen Spielern arbeiten, aber auch Ziele erreichen, die sich nicht geändert haben."
Namen schwirren einige umher. Zumeist sind es die üblichen Verdächtigen, die jetzt mit Salzburg in Verbindung gebracht werden.
Die Salzburger definieren sich aber auch und immer noch als Ausbildungsverein. Die ganz großen Fische wie Lucien Favre oder Mirko Slomka dürfte diese Aussicht eher abschrecken.
Alexander Zorniger gilt als heißer Kandidat
Klar scheint auch, dass das Team hinter dem ehemaligen Cheftrainer Zeidler bleiben darf - also Gerhard Struber, Richard Kitzbichler und der neu installierte René Aufhauser.
Der im Sommer heiß gehandelte Spanier Oscar García stünde auf der Liste, ebenso der in Hoffenheim vor wenigen Wochen entlassene Markus Gisdol. Beide würden zur grundsätzlichen Salzburger Spielphilosophie passen.
Der Topkandidat ist derzeit aber ein anderer. Alexander Zorniger war bereits Teil der Red-Bull-Familie, hat Leipzig von der vierten in die zweite Liga geführt und sollte nun eigentlich beim VfB Stuttgart groß durchstarten.
Nach nur zwölf Runden war für Zorniger aber beim VfB Schluss. Seine Reputation hat in dieser kurzen Zeit in Deutschland schwer gelitten und nicht wenige fragen sich, ob Zorniger in naher Zukunft überhaupt wieder einen Job in der Bundesliga ergattern könne.
Auch die Bosse unter Druck
Da käme ein Tapetenwechsel in einer etwas gemäßigteren Liga und in einem bekannten Umfeld doch ganz recht, um sich wieder interessant zu machen. Dieser eine Schuss, die Auswahl des nächsten Trainers, sollte aus Salzburger Sicht jedenfalls hundertprozentig passen.
Nach Hütters freiwilligem Aus, der sich mit der Philosophie des Klubs nicht mehr identifizieren konnte, und dem Missverständnis Peter Zeidler stehen auch Sauer und Freund unter Druck.
Er lasse es nicht gelten, "dass wir in Salzburg keine sehr gute Mannschaft hätten", sagte Freund. "Wir können aus dieser Mannschaft mehr herausholen!"
Das war natürlich ein Seitenhieb auf den entlassenen Zeidler - es ist aber auch eine Art Selbstschutzmaßnahme. Schließlich ist Freund mit zuständig für die Planung dieses doch sehr unrund wirkenden Kaders.
Die kommenden Wochen dürften aufregend werden, die Weihnachtsfeiertage bei Red Bull Salzburg alles andere als entspannt. Zumindest kennen die "Bullen" diese Situation zur Genüge.
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