Wie kommt Red Bull Salzburg mit den Abgängen wichtiger Spieler wie Kevin Kampl und Alan zurecht? Innerhalb des Vereins gab es in den vergangenen Wochen viele Veränderungen. Dass Red Bull den Fokus von Österreich nach Deutschland verlegen will, sorgte bei den Fans für Enttäuschung. Im Interview spricht Salzburg-Trainer Adi Hütter über das Ausscheiden in der Europa League und wie der Abgang wichtiger Spieler kompensiert werden soll.

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In der Meisterschaft läuft es sehr gut für Red Bull Salzburg. Aber wie sehr schmerzt das Ausscheiden in der Europa League noch?

Adi Hütter: Wenn man in einem Bewerb ausscheidet, schmerzt das immer. Wir haben natürlich versucht gegen Villarreal mit zwei Topleistungen weiterzukommen. Die Chance war da, aber unterm Strich sind wir an der Klasse von Villarreal, einer absoluten Top-Mannschaft, gescheitert.

Geht es jetzt in erster Linie um die Meisterschaft und den ÖFB-Cup, oder haben Sie schon die Champions League-Qualifikation der nächsten Saison im Hinterkopf?

Das kurzfristige Ziel kann nur die Verteidigung des Meistertitels und des Cups bedeuten. Das sind zwei große Aufgaben und nachdem ein paar Abgänge zu verzeichnen waren, mussten wir natürlich versuchen, uns personell zu verstärken und die Mannschaft neu aufzubauen. Über den Sommer hinaus wollen wir eine Mannschaft auf die Beine bringen, die dann wieder für internationale Aufgaben bereit ist.

Wie kommen Sie mit den Abgängen wichtiger Spieler wie Kevin Kampl oder Alan zurecht?

Spieler kann man sowieso nie eins zu eins ersetzen, weil jeder seine individuelle Klasse hat. Wir versuchen das mit unserem Teamspirit und durch unsere Spielanlage zu kompensieren. Wir haben auch neue junge Spieler, die versuchen den Weg eines Sadio Mané oder eines Kevin Kampl zu gehen. Alan war ja schon länger in Salzburg, aber diese beiden sind in jungen Jahren hier her gekommen. Auch jetzt hat sich unsere Mannschaft wieder verjüngt und wir versuchen neue Kampls und Manés zu entwickeln.

Aber Sie verfügen momentan nicht über einen qualitativ gleichwertigen Kader, wie das beispielsweise noch vor einem Jahr der Fall war.

Vergleichen sollte man grundsätzlich nicht. Auch Sadio Mané und Kevin Kampl sind als ziemlich unbekannte Spieler nach Salzburg gekommen und sie haben sich von hier aus für höhere Aufgaben empfohlen. Wir haben ja mit Takumi Minamino, Felipe Pires, Naby Keïta und Konrad Laimer, der mit seinen 17 Jahren schon Woche für Woche richtig gute Leistungen bringt, genügend Spieler da. Wir haben Marco Djuricin von Sturm Graz geholt und auch Marcel Sabitzer macht eine richtig gute Entwicklung durch. Ich finde schon, dass wir gut unterwegs sind.

Marcel Sabitzer hat seinen Vertrag ja bei RB Leipzig. Was sagen Sie dazu, dass Red Bull langfristig angekündigt hat, über die Mannschaft in Leipzig in die Champions League vordringen zu wollen?

Marcel Sabitzer haben wir von Leipzig nur ausgeliehen. So lange RB Leipzig nicht international spielt, und da müssten sie zuerst in die erste deutsche Bundesliga aufsteigen oder den Cup gewinnen, muss man natürlich drüber diskutieren, ob es nicht Sinn macht, ihn noch ein Jahr hier zu lassen. Ich glaube, dass er bei uns sehr gut aufgehoben ist. Und alle weiteren Fragen, die muss man mit Sportdirektor Ralf Rangnick bzw. Jochen Sauer oder Christoph Freund, die ab Sommer hier in Salzburg seine Nachfolger und für Transferthemen zuständig sind, klären.

Aber verstehen Sie eine gewisse Enttäuschung, die es zum Teil bei Salzburger Fans gibt, dass der sportliche Fokus bei Red Bull von Österreich nach Deutschland verlegt wird?

Es ist keine Neuigkeit, dass Red Bull mit Leipzig in die Bundesliga kommen will und dass der Fokus sicherlich sehr stark dort hin gehen wird. Aber auf der anderen Seite glaube ich, dass Red Bull Salzburg immer eine Mannschaft haben wird, die – sowohl in Österreich aber auch international - konkurrenzfähig sein wird. Wir verfügen über eine fantastische Akademie, die mit tollen Trainern und guten jungen Spielern besetzt ist. Das ist eine ganz klare Philosophie und da erkennt man eindeutig einen roten Faden. Wir müssen es immer wieder schaffen, eigene junge Spieler einzubauen und natürlich auch die Augen für talentierte ausländische Spieler offen halten.

Jonatan Soriano und Martin Hinteregger fallen durch sehr gute Leistungen auf. Denken Sie, Red Bull wird sie langfristig halten können?

Jonny Soriano ist jetzt keine zwanzig Jahre alt mehr, er geht schon Richtung Dreißig zu. Er fühlt sich pudelwohl in Salzburg, nicht nur sportlich sondern auch privat. Natürlich gibt es immer wieder Anfragen für ihn, aber ich glaube, er hat ein klares Zeichen gesetzt, dass er in Salzburg bleiben will. Auch bei Martin Hinteregger hört man zwischen den Zeilen seiner Statements immer, dass er sich in Salzburg sehr wohl fühlt. Aber eines ist auch klar: Wenn Red Bull Salzburg, so wie in den letzten beiden Jahren, international richtig gute Spiele macht, dann werden zusätzlich auch Spieler wie Sabitzer oder Keïta in Zukunft von Topvereinen aus anderen Ligen gescoutet werden. Dass Spieler ihre sportlichen Ziele auch im Ausland suchen, das denke ich, ist ganz normal.

Sie als aktiver Fußballer, da denkt man natürlich auch an die Austria Salzburg. Ein Verein wurde als Nachfolger der Violetten gegründet und steht kurz vor dem Aufstieg in den Profifußball. Haben Sie persönlich auch Sympathien für diese Mannschaft?

Ich hab bei Austria Salzburg sieben Jahre gespielt, war davon vier Jahre Kapitän und habe dort viele Erfolge gefeiert. Wenn der Klub jetzt den Aufstieg schafft, dann finde ich das absolut gut. Ich wünsche jedem Verein, der Ambitionen hat sich weiter zu entwickeln und aufzusteigen, nur das Beste.

Adi Hütter ist gebürtiger Vorarlberger und wurde als aktiver Spieler dreimal österreichischer Meister. Er stand unter anderem für den Kapfenberger SV, den LASK und Salzburg am Platz. 2007 beendete er seine Karriere und wechselte auf die Trainerbank. Er führte den SV Grödig in die Bundesliga und ist seit 2014 Trainer bei Red Bull Salzburg.
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