Borussia Dortmund schliddert nach der vierten Niederlage in Folge in der Bundesliga in den Abstiegskampf. Der BVB befindet sich in der schwersten sportlichen Krise der Ära Jürgen Klopp. Der Trainer kämpft dabei an fast allen Fronten. Doch was sind die Gründe für den Absturz des einstigen Bayern-Jägers?

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"Wir sind die Mannschaft der Bundesliga, die am weitesten von ihren Saisonzielen entfernt ist." Jürgen Klopp formulierte es am Samstag nach dem 0:1 gegen Hannover schonungslos. In der Liga ist Borussia Dortmund derzeit lediglich eine Karikatur seiner selbst.

Zehn Punkte beträgt der Rückstand auf Platz vier bereits, 14 auf Spitzenreiter Bayern. Dafür ist in der anderen Richtung Relegationsrang 16 nur noch einen Zähler entfernt. Der BVB steckt in der tiefsten sportlichen Krise seit fast einem Jahrzehnt. Und dafür gibt es Gründe.

1. Das unflexible Spielsystem

Ungeachtet der symmetrischen Anordnung der Spieler auf dem Platz, ob im 4-4-2, 4-3-2-1 oder 4-1-4-1, stößt das jahrelang erfolgreich praktizierte Dortmunder Spiel derzeit an Grenzen. Die vielen Verletzten und der ständige Drei-Tage-Rhythmus lassen kein planmäßiges Training zu. Der Dortmunder Fußball mit Pressing, Gegenpressing und schnellem Umschalten sowohl in die Defensive als auch in die Offensive wird von immer mehr Mannschaften in der Bundesliga entschlüsselt.

Und wenn es an einen Plan B geht, fällt der Mannschaft nichts ein. Dann agiert das Team kopflos, hektisch und ohne Zutrauen in eine Alternativlösung. Diese einzustudieren wäre längst überfällig. Nur fehlt dafür die Zeit. "Wir spielen aus dem Langzeitgedächtnis raus. Aber ohne die Form, als wir noch so spielen konnten", gesteht Klopp, der seinen Spielern viel Theorie und Analysen liefert, diese in den englischen Wochen aber auf dem Trainingsplatz nicht umsetzen kann.

2. Die Fehleinschätzung des Trainers

Klopp ordnete seine Startelf am Wochenende im Vergleich zum erfolgreichen Champions-League-Auftritt in Istanbul neu, brachte drei neue Spieler und stellte die grundsätzliche Taktik von 4-2-3-1 auf ein 4-4-2 um. Natürlich war das auch dem Gegner geschuldet, den Klopp deutlich defensiver erwartet hatte als noch die Türken unter der Woche. Trotzdem bringen zu viele Rochaden eine ohnehin schon verunsicherte Mannschaft offenbar nicht weiter.

3. Die angekratzte Psyche

Die Borussia war unter Klopp nie gut darin, vor dem Tor eiskalt und effizient zu sein. Die Chancenverwertung war stets ein Problem und wiegt nun noch schwerer, wo das Team deutlich weniger Gelegenheiten herausspielt. Mit jeder vergebenen Chance schwindet das Vertrauen in die eigenen Stärken. Und gerät die Mannschaft dann auch noch in Rückstand, bricht das Chaos aus. Selbst gestandene Nationalspieler, Weltmeister, Routiniers lassen sich davon anstecken.

4. Die unbekannte Situation

Bis auf Roman Weidenfeller und Sebastian Kehl hat kein anderer Spieler im Kader je ein längeres Tal durchschritten. Für alle ging es - meistens gemeinsam mit dem BVB - bisher nur bergauf. Mit dieser neuen Herausforderung müssen einige offenbar erst klarkommen. Das Krisenmanagement der Mannschaft als Kollektiv passt derzeit ebenso wenig wie das zahlreicher Einzelspieler.

5. Die atmosphärischen Störungen

Mit dem Misserfolg kommen die Schuldzuweisungen. Im Erfolg läuft sicherlich auch nicht immer alles glatt, aber Siege übertünchen einiges. Jetzt, wo es in der Bundesliga eine Niederlage nach der anderen setzt, erscheint auch das Teamgebilde wackelig - auch wenn Mats Hummels seine Andeutung in Richtung Keeper Weidenfeller, der Ball sei bei Kiyotakes Schuss schließlich "sehr lange geflogen", kurze Zeit später revidierte.

Dennoch: Dass es auf zwischenmenschlicher Ebene aber nicht mehr ganz rund läuft, zeigen die vermehrten Debatten auf dem Feld und der Umgang der Spieler untereinander nach Fehlern des anderen. Der Druck verändert die Spieler. "Es wird eine Herausforderung in den nächsten Wochen, mit dieser Situation vernünftig umzugehen und vielleicht den Druck vernünftig in Energie zu kanalisieren", fordert Sportdirektor Michael Zorc. Oder besser: Er hofft es.

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