So viel vorgenommen, so grandios gescheitert: Auch zum Start in die Rückrunde läuft bei Borussia Dortmund nichts zusammen. Ein Punkt aus zwei Spielen ist viel zu wenig für den Tabellenletzten. Jürgen Klopp hat der Mannschaft in der Winterpause offenbar doch keine entscheidende Impulse geben können. Noch steht der Trainer nicht zur Disposition. Klar ist aber: Es muss sich etwas ändern. Und zwar schnell.

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An einer Szene ließ sich das ganze Elend bei Borussia Dortmund perfekt ablesen: Neven Subotic ließ sich rund fünf Minuten vor dem Ende zu einer Flanke aus dem Halbfeld hinreißen, aus einer unkontrollierten Bewegung heraus und mit seinem schwächeren linken Fuß. Der Versuch landete im Fangnetz hinter dem Augsburger Tor und neben Subotic standen dessen Mitspieler und starrten mit gesenktem Kopf zu Boden.

Borussia Dortmund hat die Krise des vergangenen Jahres zielsicher in die Rückrunde herübergerettet. Die vollmundigen Ankündigungen von Trainer Jürgen Klopp: bisher nichts als heiße Luft. Die Rückbesinnung auf die bisher so verlässlichen Tugenden: ziemlich missraten. Die Erklärungsversuche: inhaltlich auch nach 19 Spieltagen noch falsch.

Das Remis bei Bayer Leverkusen wurde schöngeredet

Kapitän Mats Hummels merkte nach dem Spiel gegen den FCA unter anderem an, die restlichen Spiele seien jetzt "Kampf, alles Spielerische ist dann Bonus. Wir wissen, dass sich jetzt alles zu 98 Prozent über Kampf definiert." Es sind die üblichen Plattitüden im Kampf gegen den Abstieg. Aber gerade in Dortmund, mit dieser Mannschaft, darf das nicht gelten.

Wenn ein Innenverteidiger in Überzahl bei einem knappen Rückstand kurz vor Schluss anfängt, sinnlose Flanken ins Zentrum zu knüppeln, obwohl zeitgleich Spieler wie Ilkay Gündogan, Nuri Sahin, Shinji Kagawa oder Hummels auf dem Platz stehen, läuft einiges grundlegend schief.

Das Remis in Leverkusen haben sie sich in Dortmund schöngeredet, die Partie gegen Augsburg war ein Hinweis darauf, dass die Borussia mit ihrer Strategie des Kämpfens und Rennens nicht entscheidend weiterkommt. Man könne keinen Champagner-Fußball erwarten, sagten die Beteiligten neulich. Aber doch zumindest etwas mehr als blanken Abstiegskampf - angesichts der Ansammlung von Weltklassespielern im Team.

Borussia Dortmund kann keinen Abstiegskampf

Diese Mannschaft muss passen, kombinieren, spielen. Vier Torchancen in 180 Minuten in der Rückrunde bisher sind ein Armutszeugnis. Und sie sind ein Fingerzeig, dass die Schwerpunkte in der Winterpause sehr wahrscheinlich doch nicht richtig gelegt wurden.

Trainer Klopp wollte die alten BVB-Elemente stärken: das schnörkellose Spiel, das aggressive Pressing tief in der gegnerischen Hälfte, die Umschaltbewegung. Herausgekommen ist eine Karikatur des Erwünschten: Hohe, weite Schläge über das eigene Mittelfeld hinweg, kein kollektives Nachsetzen und ein schlampiges Passspiel. Konstant geblieben ist lediglich die schlechte Verwertung der mittlerweile rar gesäten Chancen.

Es entsteht der Eindruck, dass der BVB auf das falsche Stilmittel setzt. Gegen Augsburg hatte die Borussia am Ende nicht einmal 52 Prozent Ballbesitz - gegen ein Team, das fast eine halbe Stunde mit einem Spieler weniger auf dem Platz stand und nur noch verteidigte. Der Ansatz, dem Gegner selbst in einem Heimspiel den Ball zu überlassen, ist spektakulär gefloppt.

Die Stimmung kippt und neben der Mannschaft gerät auch Klopp immer mehr in den Blickpunkt. Bisher hat er sich dank seiner martialischen Rhetorik immer auch eine Art Schutzschild um sich und sein Team bauen können. Nach den Eindrücken der ersten beiden Spiele und der Erinnerung daran, worauf in der vierwöchigen Vorbereitung der Fokus gelegt wurde, steht Klopp aber mehr in der Kritik denn je.

Jürgen Klopp wird (noch) nicht hinterfragt

Die Verantwortlichen haben sich nach der Augsburg-Pleite nicht zum Trainer geäußert, Klopp selbst wird zu einem so frühen Zeitpunkt der Saison ganz sicher nicht freiwillig hinwerfen. Boss Hans-Joachim Watzke wurde nicht müde zu betonen, dass Klopp beim BVB unkündbar ist.

Irgendwann könnte die Wirklichkeit aber die glorreiche Vergangenheit einholen, trotz aller Beteuerungen ist auch die Borussia den Zwängen des Geschäfts unterlegen. Und Watzke würde seinen Job verfehlen, würde er allen Ernstes lieber mit Klopp in die 2. Liga gehen, als seine Ankündigung zu überdenken.

Noch ist es lange nicht so weit. Es bleiben noch 15 Spiele, da ist kein Platz für Endzeitstimmung. Auch wenn Klopp ziemlich ratlos wirkt und sich in seinen Ausführungen wiederholt: Wer würde die Arbeit in dieser Situation besser machen als der 47-Jährige?

Die Mannschaft benötigt neben einem veränderten Spielkonzept auch psychologischen Beistand. In der Vergangenheit war es oft eine der großen Stärken Klopps, seine Spieler emotional mitzureißen. Momentan zerfällt die Mannschaft nach einem Rückstand in elf Einzelunternehmer. Den Gedanken des Miteinanders gilt es in den kommenden Wochen zu fördern. Darin kann Klopp wahrlich meisterhaft sein. Er muss es jetzt aber auch beweisen.

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