Der Start der neuen Saison in der 2. Bundesliga wird mit Spannung erwartet. Alleine das Auftaktduell zwischen dem Hamburger SV und dem FC Schalke 04 lässt die Herzen der Fußballfans hierzulande höher schlagen. Böse Zungen könnten behaupten, manch eine Konferenz im Unterhaus sei prominenter besetzt als ein Nachmittag in der Bundesliga. Zum Kreis der Favoriten auf den Aufstieg zählen vor Saisonstart gleich mehrere Teams. Wir nehmen sie unter die Lupe.
Schalke 04: Mission Wiederaufstieg 2.0
Der FC Schalke 04 stieg in der letzten Saison zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit aus der Bundesliga ab. Die Mission Wiederaufstieg 2.0 begann schon früh, die Basis ist diesmal eine bessere. Unter Trainer Thomas Reis legten die Königsblauen in der Vorsaison nämlich eine Rückrunde hin, die für sich genommen den Klassenerhalt zur Folge gehabt hätte. Viele wichtige Spieler sind geblieben, Abgänge sorgten für Einnahmen.
Ein wesentlicher Faktor im Kampf um den Aufstieg dürfte sein, dass das Team bereits weiß, wie der Trainer über Fußball denkt und was gefordert ist. Zudem wirken die Transfers von Spielern wie Schallenberg, Seguin und Tempelmann durchdacht, Königsblau kaufte schon vor Saisonstart clever ein und hat finanziell noch die Möglichkeiten, im August weiter nachzulegen.
Trotz des Abstiegs herrscht auf Schalke eine positive Grundstimmung. Das Team wird weniger Zeit benötigen als noch 2021/22, um an das eigene Limit zu kommen. Dass Zweitliga-Experte Simon Terodde außerdem weiterhin zum Kader gehört und sogar der Kapitän ist, könnte hilfreicher kaum sein. Kurzum: Vor der Saison 2023/24 spricht vieles dafür, dass S04 der Aufstiegsfavorit Nummer eins ist.
Hertha BSC: Viele Veränderungen, neue Identität
Von einer guten Basis nach dem Abstieg kann bei Hertha BSC indes keine Rede sein. Der Klub aus der Hauptstadt musste und muss sich in vielen Bereichen neu aufstellen. Nicht aber auf der Trainerposition, denn Pal Dardai, am Saisonende installiert, bleibt im Amt. Dass dahingehend früh Klarheit herrschte, beruhigte die Lage in Berlin ein wenig. Trotzdem gibt es viel zu tun, aber die Möglichkeiten sind aufgrund der finanziellen Lage begrenzt.
Ein Problem ist, dass viele Großverdiener noch immer nicht abgegeben werden konnten. Mit zusätzlichen Einnahmen und mehr Gehaltsbudget würde sich der Spielraum erweitern. Entsprechend aufgebläht ist der Kader aktuell noch, weit über 30 Spieler stehen im Aufgebot. Es fehlt vor dem Saisonstart an Homogenität, während Dardai versucht, der Mannschaft seine Werte zu vermitteln, die für den Aufstiegskampf unabdingbar sind.
Positiv ist, dass einige junge Spieler in die 1. Mannschaft drängen. Frischer Wind nach einem Abstieg schadet selten, zumal der Hauptstadtklub über eine gute Jugendarbeit verfügt. Im Gegensatz zu Schalke und anderen Aufstiegskandidaten hat Hertha aber noch die meisten offenen Fragen zu beantworten, weswegen das Team vor Saisonstart zumindest nicht zu den absoluten Topfavoriten gehört.
Hamburger SV: Kapitel 2. Bundesliga beenden
Der Hamburger SV war in der vergangenen Saison wieder nahe dran am Aufstieg in die Bundesliga, scheiterte aber erneut. Diesmal platzte der Traum in der Relegation gegen den VfB Stuttgart. An Trainer Tim Walter wurde trotz einiger Stimmen, die ihm Sturheit und eine gewisse Radikalität in seinem System vorwarfen, festgehalten. Zudem konnten einige neue Spieler verpflichtet werden, die das Potenzial haben, in der 2. Bundesliga einzuschlagen.
An der Struktur im Kader hat sich dabei nicht besonders viel verändert. Immanuel Pherai soll das Kreativzentrum beleben und den abgewanderten Sonny Kittel ersetzen, Ignace van der Brempt die defensive rechte Außenbahn verstärken und Levin Öztunali das Zentrum noch flexibler machen. Auf dem Papier hat der HSV wieder einen Kader, der zu den besten der Liga gehört.
Allerdings mussten die Norddeutschen in der Vorbereitung auch mit der ein oder anderen Verletzung umgehen. Zuletzt traf es Ludovit Reis, der auf unbestimmte Zeit ausfällt. Er soll eigentlich die Schaltzentrale im Mittelfeld lenken, das Tempo vorgeben. Eine schnelle Rückkehr würde dem HSV helfen. Ansonsten ist die Ausgangslage klar: Gelingt es dem Team, die Qualität auf den Platz zu bringen und die Nerven zu behalten, reicht es wahrscheinlich für die Top 3.
FC St. Pauli: Von Beginn an bei 100 Prozent
Der FC St. Pauli hat in dieser Saison einiges vor und will die sehr starke Rückrunde der vergangenen Spielzeit bestätigen. Damals konnten 13 der 17 Spiele gewonnen werden, mit sieben Punkten Vorsprung auf Heidenheim wurde das Team die beste Rückrundenmannschaft der 2. Bundesliga. Diesen Schwung will die Elf von Trainer Fabian Hürzeler nun natürlich mitnehmen, um nach 13 Jahren Abstinenz wieder in die Bundesliga zurückkehren zu können.
Wichtig wird sein, den Saisonstart nicht zu verschlafen und sich von Beginn an in der Spitzengruppe zu etablieren. Die in der Rückrunde ohnehin schon starke Defensive wurde noch einmal essenziell verstärkt, wenngleich der Abgang von Linksverteidiger Paqarada zum 1. FC Köln auch eine ordentliche Lücke hinterließ. Das Team ist dennoch eingespielt, zeigte in der Vorbereitung hervorragende Ansätze und muss sich auch individuell nicht verstecken. Bleiben die Schlüsselspieler fit, dann mischt St. Pauli definitiv ganz weit oben mit.
SC Paderborn und der Faktor Kruse
Der SC Paderborn ist so etwas wie die große Unbekannte in der neuen Saison. Einige Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass die Mannschaft eine gute Rolle spielen kann. Trainer Lukas Kwasniok kennt das Team, lässt phasenweise sehr furiosen Fußball spielen und die Neuzugänge passen zu den fußballerischen Vorstellungen des Trainers. In der Vorsaison fehlte es aber an Konstanz, zudem kassierte Paderborn über 40 Gegentore.
Es gibt aber einen Faktor, der dem SCP in dieser Saison das gewisse Extra verleihen kann:
Hannover 96: Die Gunst der Stunde nutzen
An dieser Stelle hätte sicher auch Fortuna Düsseldorf oder ein Überraschungsteam wie Magdeburg oder Kiel stehen können, doch Hannover 96 hat in der Vorbereitung Argumente gesammelt, die die Niedersachsen in einem guten Licht dastehen lassen. Vor allem die Partie eine Woche vor Saisonstart gegen den FC Villarreal (3:0) zeigte, was in dem Kader steckt, wenn es gut läuft. "Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Wir haben gegen Widerstände angekämpft, haben uns reingeworfen und uns unterstützt", resümierte Trainer Stefan Leitl nach der Partie im "Kicker".
Allerdings darf nicht vergessen werden, dass den Niedersachsen in der Vorsaison die Konstanz fast völlig abging. Hannover hat einige spannende Spieler, ist flexibel in der Systematik und Trainer Leitl ist schon einmal in die Bundesliga aufgestiegen. Trotz all diesen Parametern müssen die anderen Teams schwächeln, damit in Sachen Aufstieg etwas möglich ist.
Verwendete Quellen:
- Kicker.de: Leitl nach finalem Test gegen Villarreal: "Ich habe gesehen, was ich sehen wollte"
- Transfermarkt.de: 2. Bundesliga Übersicht
- Transfermarkt.de: 2. Bundesliga Transfers
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