- Im Zuge des Ukraine-Kriegs zieht Schalke 04 Konsequenzen und entfernt den Schriftzug "Gazprom" vom Trikot.
- Im Jahr 2006 begann die Partnerschaft mit dem russischen Konzern.
- Seitdem hat der Traditionsverein aus dem Ruhrpott bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr erhalten.
Der 26. Februar 2022 war ein historischer Tag für Schalke 04. Nicht wegen des 1:1 gegen den Karlsruher SC, sondern wegen des Fakts, dass die Königsblauen ohne den Schriftzug von Hauptsponsor "Gazprom" auf dem Trikot aufliefen. Diese deutliche Reaktion des Vereins könnte das Ende einer über 15-jährigen Partnerschaft einleiten.
"Mit Blick auf die Ereignisse, Entwicklung und Zuspitzung der vergangenen Tage hat sich der FC Schalke 04 dazu entschieden, den Schriftzug seines Hauptsponsors – Gazprom – von den Trikots zu nehmen", hieß es in einer Mitteilung auf der Homepage des Klubs. Dieser Schritt sei nach Gesprächen mit der deutschen Vertretung des Unternehmens erfolgt.
Auch personell wurden Konsequenzen gezogen, indem Matthias Warnig, Gazprom-Vertreter und zugleich Vorsitzender der Geschäftsleitung der Nord Stream 2 AG, den Aufsichtsrat von Schalke verließ.
Gazprom-Deal: Tönnies hat eingefädelt
Die Kooperation zwischen dem weltgrößten Erdgasförderunternehmen, das sich mehrheitlich im Besitz des russischen Staates befindet, und dem westdeutschen Traditionsverein kam im Oktober 2006 zustande. Der Strippenzieher war der damalige Aufsichtsratsvorsitzende
Finanziell war der Deal für die Schalker, die zu Bundesliga-Zeiten meist das zweithöchste Gehaltsbudget hinter Bayern München besaßen, nicht nur lukrativ, sondern fast schon überlebensnotwendig. Als Schalke neben der Bundesliga auch in der Champions League vertreten war, soll der Klub bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr von Gazprom kassiert haben.
Stolze neun Millionen für einen Zweitligisten
Mittlerweile in der 2. Bundesliga liegt die jährliche Zahlung bei neun Millionen, könnte aber bei einem Aufstieg wieder auf einen Sockelbetrag von 15 Millionen ansteigen. Für einen Klub mit Verbindlichkeiten von rund 200 Millionen - davon nicht unerheblich viele kurzfristige - ist Gazprom neben dem Stadion-Namensgeber Veltins der wichtigste finanzielle Partner. Eine mögliche Auflösung des noch bis 2025 laufenden Vertrags hätte für die Schalker erhebliche Konsequenzen.
Der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine in der letzten Februar-Woche bildet aber einen noch nie dagewesenen Einschnitt. Seit dem Abschluss des Sponsorenvertrags gab es mehrere geopolitische Ereignisse von erheblicher Bedeutung: Der Kaukasus-Krieg von 2008 sowie die Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland 2014.
Beide Male blieb Schalke auch getrieben durch den machtvollen Tönnies an der Seite von Gazprom. Fraglich ist, wie viele potenzielle Sponsoren eventuell durch die Präsenz des russischen Konzerns von einem Engagement abgehalten wurden – öffentliche Äußerungen gab es dazu von Unternehmen allerdings nie.
Gazprom und das Sponsoring: PR und Netzwerken
Der Energieriese selbst wich Schalke beim Abstieg aus der Bundesliga nicht von der Seite. Man wollte als Partner Verlässlichkeit zeigen, was perfekt zum PR-Konzept Gazproms passt. Denn der Konzern ist kein klassischer Sponsor, der ein Produkt verkauft, das für Fußballzuschauer von Interesse sein könnte. Gazprom verdient mit Erdgasförderung und -export sein Geld.
Die Hauptgründe für das Engagement bei Schalke sowie an anderen Orten – darunter auch in der Champions League – waren die Zuschaustellung von Partnerschaftlichkeit insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussionen um Nord Stream 2 sowie Netzwerkbildung auf den VIP-Logen und in hochkarätig besetzten Gremien. "Das Sponsoring selbst ist eine Art Hülle. Was sich in der Hülle befindet, ist ein komplexes Netzwerk an Kontakten", konstatierte der britische Sportökonom Simon Chadwick bereits im Mai 2021 beim "Deutschlandfunk".
Gazprom und Schalke: Wie geht es weiter?
Durch den militärischen Vorstoß Russlands in die Ukraine hat sich natürlich die Situation auch für Gazprom geändert. Schalke wird sich nun die Frage stellen müssen, wie es bei einem möglichen Waffenstillstand oder einer gewaltsamen Übernahme der Ukraine durch das russische Militär mit der Partnerschaft weitergeht.
Die aktuelle Maßgabe lautet, dass die Königsblauen ein Eintreten für den Frieden als wichtiger erachten als die Partnerschaft mit einem Wirtschaftsakteur aus dem Aggressor-Land. Das ist ein starkes Zeichen gerade in Anbetracht der langen Zusammenarbeit mit Gazprom.
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