Die Liga diskutiert über die Länge der Sommerpause. Die einen finden sie "katastrophal", die anderen sehen in der langen Regenerationszeit einen Vorteil für Spieler und Mannschaften. Das ist ja alles schön und gut, aber denkt auch mal jemand an die Fans?

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Sommer. Ein Wort, das verzücken kann. Es klingt nach Meer, Freizeit, Wärme, Biergarten, Eisessen und allem, was das Leben sonst noch lebenswert macht. Doch fügt man nur ein kleines Wörtchen hinzu, schon wird es zu einem der größten Ärgernisse, das man als Fußball-Fan kennt: Sommerpause. Ein Wort wie Syndesmosebandriss und Schulterecksgelenksprengung.

111 Tage liegen in diesem Jahr zwischen der alten und der neuen Bundesligaspielzeit. Eine halbe Ewigkeit also. Natürlich werden einige argumentieren, die Europameisterschaft hätte ja auch noch stattgefunden. Aber subtrahiert man die 24 EM-Tage stehen da nach Adam Riese immer noch 87 Tage, an denen sich der gemeine Fan ohne Fußball über Wasser halten muss. Dabei wird oft unterschätzt, welche weitreichenden Folgen die fußballfreie Zeit haben kann. Denn woran soll der Fußballliebhaber nun seine Woche ausrichten? Der Bundesligaspielplan, gepaart mit Champions League, Europa League und DFB-Pokal, gibt dem Leben eines Fans das restliche Jahr über eine wunderbare Struktur. Entfällt diese Konstante, befindet man sich plötzlich in einem luftleeren Raum, der nun gefüllt werden will. Verzweifelte Maßnahmen werden ergriffen. Leicht übergewichtige Männer mittleren Alters bevölkern plötzlich Samstagnachmittag kickenderweise die Parks der Nation. Da die meisten ihre besten Fußballerjahre bereits hinter sich gebracht haben, ist die Verletzungsgefahr bei Hackentrick und Blutgrätsche naturgemäß groß. Verstauchte Knöchel und gerissene Bänder führen dazu, dass sich diese Männer auf der Couch wiederfinden und verzweifelt die Fernsehkanäle nach Neuigkeiten zum Verein ihres Herzens absuchen.

Und Neuigkeiten, die gibt es. Allerdings nur selten solche, die irgendjemanden interessieren würden: Bilder aus Trainingslagern, Testspiele, Transfergerüchte, Transfervollzüge, geplatzte Transfers, Stimmen zu Transfers. Das erträgt man acht, höchstens neun Wochen. 12 Wochen sind jedoch definitiv zu lang. Denn wie hat Otto Rehhagel einst so weise bemerkt: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz." Und so interessant der eine oder andere Neuzugang auch sein mag und wie beflissen auch ein jeder von ihnen beteuert, alles für den neuen Verein geben zu wollen - einschätzen kann man die Qualität eines Fußballers doch erst, wenn man ihn hat spielen sehen. Und zwar nicht in irgendeinem Testspiel gegen die Auswahl von Hintertupfing, sondern in einem Punktspiel. Und weil man sich deshalb noch nicht so richtig über die Spieler aufregen kann, wird dem armen Fan auch die Grundlage für sein Wutbürgertum fast vollständig entzogen. Man könnte sich zwar auch über die Trainingsmethoden – Bilder aus Trainingslagern gäbe es ja genug – beschweren, aber seit Jürgen Klinsmanns Fitness-Revolution versteht wohl kaum mehr einer, was da wirklich gemacht wird. Solange ein elastisches Band vorkommt, wird das schon passen.

Und so bleibt dem Fan nichts anderes übrig, als diese 87 Tage fußballfreie Zeit mit Besuchen bei den Schwiegereltern und Videos längst vergangener Triumphe der eigenen Mannschaft zu überbrücken, bis es endlich heißt: Der Ball rollt wieder. (ae)

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