Die Hälfte der Formel-1-Saison 2019 ist vorbei, und aus einem vorhergesagten Dreikampf um die Weltmeisterschaft ist ein Solo geworden. Mercedes dominiert die Saison beinahe nach Belieben. Die ersten acht Rennen des Jahres gewannen die Silberpfeile. Wir blicken auf den bisherigen Verlauf zurück.

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Ferrari ist mindestens gleichauf mit Mercedes, vielleicht sogar besser als der Titelverteidiger. "Im Moment ist Ferrari die Messlatte, an der wir uns alle orientieren", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im Interview mit RTL. Das geschah im Februar bei den Testfahrten in Barcelona.

Es schien, als hätte die Scuderia über den Winter den Rückstand in einen Vorsprung verwandelt und Sebastian Vettel könnte 2019 um seinen fünften WM-Titel fahren.

Doch bereits beim Saisonauftakt im australischen Melbourne enttäuschte Ferrari. Vettel und sein neuer Teamkollege Charles Leclerc kamen nur auf den Plätzen vier und fünf ins Ziel. Mercedes dagegen feierte einen souveränen Doppelsieg.

Sebastian Vettel: Technische Probleme und eigene Fehler

In Bahrain wollte Ferrari zurückschlagen, ein Ausrufezeichen setzen. Leclerc sicherte sich die erste Pole Position seiner noch jungen Karriere. Auch das Rennen führte er lange Zeit mit großem Vorsprung an.

Doch dann verweigerte eine Zündkerze ihre Arbeit, und der Monegasse verlor deutlich an Leistung. Lewis Hamilton und Auftaktsieger Valtteri Bottas zogen an Leclerc vorbei und Mercedes durfte über den zweiten Doppelsieg jubeln.

Bis einschließlich des fünften Rennens in Spanien feierten Hamilton und Bottas nur Doppelsiege - es ist die längste Serie an Doppelsiegen der Formel-1-Geschichte. Erst in Monaco durchbrach Vettel diese Serie. Er wurde Zweiter hinter Hamilton.

In Kanada bot sich für Vettel erstmals die Chance auf einen Sieg in diesem Jahr. Nach der Pole im Qualifying gewann er auch den Start gegen seinen Rivalen Hamilton. Doch in Runde 43 verbremste sich Vettel, rutschte ins Gras und kam so auf die Strecke zurück, dass er Hamilton dabei behinderte. Vettel erhielt eine Zeitstrafe und wurde am Ende nur Zweiter, obwohl er als Erster durchs Ziel fuhr. Der Einspruch von Ferrari änderte nichts am Ergebnis.

In Österreich vergibt Ferrari eine Chance

Nach dem sechsten Mercedes-Doppelsieg der Saison im französischen Le Castellet, schielte Ferrari auf den Red-Bull-Ring im österreichischen Spielberg, der mit seinen vielen Geraden und wenigen Kurven ideal für einen Ferrari-Sieg schien.

Doch auch im neunten Lauf der Saison sollte nicht alles wie geplant laufen. Während Leclerc sich seine zweite Pole Position sicherte, konnte Vettel im dritten Abschnitt des Qualifyings nicht mehr fahren, weil ihn ein Problem am Luftdruckschlauch, der zum Motor führt, stoppte.

Im Rennen sah Leclerc lange wie der sichere Sieger aus. Doch Max Verstappen im Red Bull kam Runde für Runde näher an den Monegassen heran und überholte ihn zwei Runden vor Schluss mit einem harten Manöver. Für Vettel reichte es immerhin noch zu Platz vier, einen Platz vor WM-Leader Hamilton.

In Silverstone dominiert Lewis Hamilton

Beim Heim-GP des Engländers in Silverstone demonstrierte Hamilton allerdings wieder seine Dominanz und ließ der Konkurrenz keine Chance. Teamkollege Bottas fuhr mit deutlichem Abstand auf Platz zwei und sicherte somit den siebten Doppelsieg der Saison im zehnten Rennen.

Für Vettel war es mal wieder ein Wochenende zum Vergessen. Beim Versuch, Verstappen zu überholen, verbremste er sich und raste in den Red Bull des Niederländers hinein. Beide konnten das Rennen beenden - Verstappen wurde noch Fünfter, Vettel kam als 15. ins Ziel und sammelte keine WM-Punkte.

Auf die durfte der 34-Jährige auch in Hockenheim nicht hoffen. Das technisch bedingte Aus im ersten Qualifying-Abschnitt warf den Lokalmatadoren ausgerechnet im Heimrennen auf den letzten Startplatz zurück.

Hockenheim erlebt Sebastian Vettels besten Auftritt

Was dann in einem vom Regen dominierten Grand Prix passierte, ging in die Geschichtsbücher ein. Vettel bewies das Herz eines Racers, packte die - bei realistischer Betrachtung - nicht vorhandene Chance aufs Podium beim Schopfe und raste in seinem Ferrari bis auf Platz zwei nach vorne. Nur Verstappen verhinderte Vettels ersten Sieg seit Spa-Francorchamps 2018.

Im elften Rennen der Saison stand erstmals kein Mercedes auf dem Podest. Bottas rutschte durch einen Fahrfehler neun Runden vor Schluss von der Strecke, und Weltmeister Hamilton kam nach einem glimpflich endenden Ausritt nur durch die Bestrafung der beiden vor ihm platzierten Alfa Romeo als Neunter noch zu zwei WM-Punkten.

Vettel verkürzte seinen Rückstand auf den WM-Führenden in der Fahrerwertung zwar auf 84 Zähler. Doch deutlich wurde in Hockenheim, dass Mercedes nur durch eigene Fehler oder Pannen die WM wieder spannend machen kann.

Mercedes' Reifen-Coup auf dem Hungaroring

Dies bewahrheitete sich nur eine Woche später auf dem Hungaroring. Hamilton zog drei Runden vor Schluss nach einem beinharten und begeisternden Zweikampf am Polesetter und das Rennen anführenden Verstappen vorbei und klaute dem Sieger von Spielberg und Hockenheim dessen dritten Saisonsieg.

Mercedes gelang der Coup dank eines unplanmäßigen Boxenstopps. Die Strategie, Verstappen mit frischen Reifen noch vor der Ziellinie zu überholen, ging auf. Hamilton triumphierte zum achten Mal in der laufenden Saison und zum siebten Mal in Ungarn.

Dieses Resultat ernüchtert die Konkurrenz, gab es doch für Verstappen auf Rang zwei sieben Punkte weniger als für den Sieger, was sich in der Summe für den ersten Verfolger der Silberpfeile wie eine 14-Punkte-Niederlage anfühlt. Hamiltons Vorsprung auf Verstappen ist neun Läufe vor Saisonende auf 69 Punkte angewachsen.

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Nico Rosbergs Tochter crasht Rennanalyse

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"Lewis hat jetzt umgerechnet fast drei Siege Vorsprung", lautet die pessimistische Hochrechnung von Red Bulls Teamchef Christian Horner bei "Motorsport-Total.com".

Um nicht zum dritten Mal in Folge und zum sechsten Mal insgesamt Weltmeister zu werden, müsse Hamilton "schon bei drei Rennen zu Hause bleiben", hat Horner seit Budapest nur noch wenig Hoffnung auf eine Wende. Mercedes müsse "schon wirklich in einem enormen Ausmaß Mist bauen, um diese Weltmeisterschaft nicht zu gewinnen."

Ferrari wird abgehängt

Was aber soll da erst Ferrari sagen? Die Euphorie der grandiosen Aufholjagden von Vettel und Leclerc in Hockenheim, die Vettel mit einem zweiten Platz hinter Verstappen krönte, wich in Ungarn dem Anerkennen der unumkehrbar erscheinenden Kräfteverhältnisse.

Hamilton und Verstappen konnten sich sogar einen Reifenwechsel mehr leisten und fuhren immer noch meilenweit vor den beiden Ferraris.

Vettels Rückstand auf Hamilton betrug 61,4 Sekunden. Auf Verstappen fehlten ihm 43 Sekunden. Das muss die Scuderia erschrecken.

"Es ist klar, dass wir da nicht sind, wo wir sein wollen", wiederholte Vettel einen Satz, der praktisch seit Saisonbeginn auf Ferrari zutrifft. Die Konkurrenz holt nicht nur auf, sie überholt Ferrari. "Wir haben viel Arbeit vor uns", resümierte Vettel.

Der viermalige Weltmeister landete zwar noch auf dem Podium und Leclerc direkt dahinter. Doch selbst auf Bottas, den sich in der WM-Wertung Verstappen angesichts von neun Punkten Rückstand bereits zum Überholen zurechtgelegt hat, fehlen Vettel 32 Zähler. Auf Hamilton sind es 94.

Wie geht es nach der Sommerpause weiter?

Als nächstes steht mit Spa-Francorchamps in den Ardennen nach der Sommerpause ein Klassiker an, den Vettel schon dreimal gewonnen hat, zuletzt im Vorjahr. Es ist aber auch ein Heimrennen für Verstappen. Der 21-Jährige wurde in Belgien geboren.

Nichstdestotrotz bieten Spa und vor allem Ferraris Heimauftritt in Monza der Scuderia die Chance, den Schaden zu begrenzen.

Die Ardennen-Achterbahn in Spa hat zwar einen sehr kurvigen Mittelteil, dafür geht es in den Sektoren eins und drei fast nur gerade aus. Beim Ferrari-Heimspiel im königlichen Park zu Monza will Vettel endlich in Rot siegen.

Die Strecken in Singapur, Sotschi und Suzuka liegen dann wieder eher dem Mercedes. In Mexiko könnte es für Vettel bereits die letzte Siegchance in diesem Jahr geben, bevor die Formel-1-Saison in Amerika, Brasilien und Abu Dhabi endet.

Ferrari hat keine Chance mehr auf den Titel

Ferrari kann seine Chancen auf den lang ersehnten WM-Titel bereits begraben. Für sie geht es in den verbleibenden neun Rennen nur noch darum, Siege herauszufahren und in die Planung für das Jahr 2020 zu gehen.

In der Fahrer-WM ist selbst der Kampf um Platz drei - ob gegen Verstappen oder möglicherweise bald gegen Bottas - nur schwer zu gewinnen. In der Konstrukteurs-WM hat Ferrari (288) die Nase nach dem Rennen auf dem Hungaroring noch vor Red Bull (244),wenn es um den zweiten Platz geht.

Nach den starken Eindrücken bei den Testfahrten im Frühling enttäuschte die Scuderia jedoch bisher auf ganzer Linie. Ähnlich wie in der zweiten Saisonhälfte 2018 patzte regelmäßig entweder ein Fahrer, das Team, oder die Technik versagte.

Mercedes dagegen legte bis dato eine nahezu perfekte Saison hin und wird sich unter normalen Umständen erneut den WM-Titel sichern. Hamilton läge dann nur noch einen Titel hinter Rekord-Weltmeister Michael Schumacher zurück.

Mit Material der dpa

Verwendete Quellen:

  • www.formel1.de: "Formel-1-WM-Stand 2019"
  • www.auto-motor-und-sport.de: "Keine Strafe - Sieg für Verstappen!"
  • www.rtl.de: "Mercedes-Teamchef Toto Wolff gesteht: "Ferrari ist die Messlatte""
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