Nach seinem Patzer in Singapur hätte man meinen können, die Lage um Sebastian Vettel bei Ferrari würde völlig eskalieren. Doch der Rennfahrer zeigt sich überraschend diplomatisch.
Sebastian Vettel gab sich nach den folgenschweren Patzern seines Ferrari-Teams in der Nacht von Singapur auffallend diplomatisch - zumindest nach außen hin. Wieder einmal hatte die Scuderia ihren deutschen Formel-1-Chefpiloten im Stich gelassen und wegen eines Taktikirrtums womöglich seine letzte Chance auf den WM-Titel zunichte gemacht.
Doch von
Vettel: "Ich habe den Leuten meine Meinung gesagt"
Noch vor zwei Wochen hatte sich der Heppenheimer nach dem Fiasko beim Ferrari-Heimspiel in Monza mit Platz vier anders angehört. Da hatte er sich über die fehlende Hilfestellung seines Rennstalls im Duell mit seinem Mercedes-Rivalen
Nun richtete er Mutmacher-Sätze an seine Crew. "Aufstecken ist keine Alternative", sagte er und flüchtete sich in Durchhalteparolen. "Wir haben alle Zutaten, die es braucht.
Wir müssen es zusammenbringen und dann Schritt für Schritt gehen." Natürlich helfe es aber nicht, "wenn man ein Wochenende hat wie dieses und Punkte verliert". Manchmal fehlten Kleinigkeiten. "Solange wir daraus lernen und es das nächste Mal besser machen, ist das auch kein Drama."
Manche läuten bereits das Ende der Meisterschaft ein
Zu lernen gibt es einiges für Ferrari aus dem Singapur-Rennen. Ein Wechsel auf die falschen Reifen zum falschen Zeitpunkt zerstörten Vettels Hoffnungen, Hamilton vielleicht einzufangen. "Wenn es funktioniert, ist es großartig. Wenn nicht, dann ist das nicht großartig. So einfach ist das", meinte Vettel. Am Ende blieb ihm nur Platz drei hinter Hamilton und Max Verstappen im Red Bull.
Nach dem 15. von 21 Saisonrennen deutet nun alles daraufhin, dass Vettel auch im vierten Jahr den ersehnten WM-Triumph mit der Scuderia verpassen wird. "Es ist das Ende der Weltmeisterschaft", schrieb "La Repubblica". Die "Gazzetta dello Sport" ist sich ebenfalls sicher: "Auf Wiedersehen Titel für Vettel."
Beziehung zu Ferrari ohnehin angespannt
Die Beziehung des Deutschen zu seinem italienischen Team ist ohnehin längst nicht mehr spannungsfrei. Es scheint, als habe er nicht nur den Kampf auf der Piste gegen Hamilton, auch wenn Vettel zu versichern versucht: "Wir sind ein Team. Alles, was wir versuchen zu erreichen, versuchen wir, zusammen zu erreichen."
40 Punkte beträgt sein Rückstand auf Singapur-Sieger Hamilton. Immerhin: noch kann er aus eigener Kraft Weltmeister werden. "Es ist ziemlich einfach: Wenn wir ab jetzt alle Rennen gewinnen, sind wir durch", rechnete er vor.
Lässt sich Vettel zu sehr von anderen Dingen ablenken?
Doch das ist theoretische Mathematik angesichts eines übermächtigen und fehlerlosen Hamilton. Dazu hat er ein Mercedes-Team im Rücken, das schneller als andere aus seinen Schwächen lernt. "Ob der Vorsprung 40 Punkte oder null beträgt, ändert für uns gar nichts. Wir müssen weiter Gas geben und dürfen keine Fehler machen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Seinem Cheffahrer scheint derzeit alles zu gelingen - egal, was er auf oder neben der Piste macht. In den Tagen vor dem Sauna-Rennen jettete er nach Shanghai und New York, um seine erste Modelinie vorzustellen. Kritiker glaubten bereits, der 33-Jährige ließe sich zu sehr ablenken.
"The Sun" errechnete am Montag in einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung, dass der Jet-Setter "53 Stunden und 25.000 Meilen in der Luft in den vergangenen zehn Tagen" gewesen sei.
Es liegt noch viel Arbeit vor ihm
"Diese anderen Dinge, die ich draußen mache, stimulieren mich", erklärte Hamilton seinen Lebensstil. Sein Vorgesetzter Wolff unterstützt ihn. "Er hat es in den letzten Tagen so extrem betrieben wie noch nie", sagte der Österreicher. "Und dann kommt er hierher und verbläst alle. Er weiß einfach am besten, was gut für ihn ist."
Doch nach dem "längsten Rennen meines Lebens" sehnt sich selbst Hamilton nach Ruhe. "Ich freue mich, einige Tage frei zu haben", sagte er und verabschiedete sich. Auf seinen Rivalen Vettel und Ferrari wartet hingegen viel Arbeit. © dpa
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