Oliver Goethe muss lachen. Ja, die Frage nach seinem berühmten Vorfahren kommt eigentlich immer. Dabei hat der 19-Jährige neben familiären Verbindungen auch so eine Menge zu erzählen: wie der Saisonauftakt in der Formel 3 lief, wer seine Vorbilder sind oder warum der Weg durch die Nachwuchsklassen so beschwerlich ist.
Oliver Goethe, zum Auftakt der Formel 3 wurden Sie in Bahrain Neunter und Zehnter. Wie beurteilen Sie das erste Rennwochenende?
Oliver Goethe: Es war ein bisschen enttäuschend, um ehrlich zu sein. Das Qualifying war nicht besonders gut. Wir alle dachten, dass wir im Qualifying schneller sein würden, aber wir haben es einfach nicht richtig hinbekommen. Es gab allerdings einige positive Aspekte in Bezug auf das Renntempo. Das war definitiv stark. Ich habe es geschafft, in beiden Rennen unter die ersten Zehn zu kommen. Aber das Qualifying war nicht überragend, und es hat mir nicht erlaubt, um bessere Positionen und mehr Punkte zu kämpfen. Wir müssen hart arbeiten, um uns zu verbessern, ich selbst und auch das Team, um das Limit besser zu finden.
Was stimmt Sie zuversichtlich, dass Sie bald weiter vorne angreifen können?
Alle Tests mit Campos waren wirklich stark. Das Auto fühlte sich immer fantastisch an, wir waren immer vorne dabei. Ich denke, in diesem Qualifying hat uns etwas gefehlt, und alle anderen Teams haben einen großen Schritt gemacht. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir zurückkommen und die Pace wieder da sein wird.
Hat Sie beim Auftakt-Wochenende etwas überrascht?
Viele Rookies haben nach den Tests einen Schritt nach vorne gemacht. Sie haben gezeigt, dass sie genauso stark sind wie die Fahrer des zweiten Jahres. Es geht so eng zu, die Abstände im Qualifying waren wirklich gering. Es wird eine hart umkämpfte Saison, und es sieht so aus, als könnten viele Teams um die Spitzenplätze kämpfen. Es gibt kein bestimmtes Team, das dominiert. Ich denke, dass viele Leute gute Ergebnisse einfahren können.
Wie hart geht es dann unter den Fahrern zu? Nicht nur das Feld ist groß, die Ziele sind es ja auch…
Rivalitäten bilden sich jedes Jahr. Jeder gibt sein Bestes, um auf den vorderen Plätzen zu landen und das Gesamtpaket und die eigene Leistung zu maximieren. Jeder kämpft um jedes Detail, auf das es ankommt.
Rivalitäten unter Teamkollegen
Wie sieht es mit der Rivalität unter den Red-Bull-Junioren aus? Landsmann Tim Tramnitz ist auch einer…
Da gibt es schon eine gewisse Rivalität. Wir sind beide Red-Bull-Junioren, beide im gleichen Alter und beide aus Deutschland. Ich bin mit Tim aber gut befreundet, daher ist die Beziehung außerhalb der Rennstrecke gut. Wie bei den anderen Red-Bull-Junioren will jeder den anderen schlagen, und das ist ein normaler, gesunder Wettbewerb.
Helmut Marko, Teamchef des Red-Bull-Juniorteams, ist bekannt dafür, dass er manchmal sehr hart zu den Talenten ist, weil er relativ schnell Ergebnisse erwartet. Wie groß ist der zusätzliche Druck, den man als Red-Bull-Junior hat?
Es ist normal, dass es Druck gibt, wenn man Red-Bull-Junior ist. Dr. Marko und alle anderen Beteiligten erwarten Ergebnisse. Doch ob ich nun ein Red-Bull-Junior bin oder nicht, Ergebnisse sind immer wichtig. Natürlich ist das ein zusätzlicher Druck, aber selbst wenn ich kein Junior wäre, müsste ich trotzdem Ergebnisse erzielen, besonders als Fahrer im zweiten Jahr.
Welche Ziele sollen und wollen Sie erreichen?
Für mich ist das Ziel klar: Ich möchte um die Meisterschaft kämpfen. Bahrain war nicht der beste Start, aber es ist eine lange Meisterschaft und es kann noch viel passieren. Wir werden so hart wie möglich kämpfen, um in den nächsten Runden so viele Punkte wie möglich zu holen, um wieder in den Kampf um die Meisterschaft einzusteigen. Daneben möchte weiter lernen und mich selbst als Fahrer so weit wie möglich verbessern.
In welchen Bereichen können Sie sich am meisten verbessern? Gibt es einen speziellen Bereich?
Damit ich um die Meisterschaft kämpfen kann, muss das Qualifying konstanter sein. In dieser Meisterschaft ist das Qualifying das Wichtigste. Konstanz ist in der Formel 3 der Schlüssel, denn ein kleiner Fehler reicht, und man verliert ein paar Zehntel, und schon kann man im Qualifying um zehn Positionen zurückfallen. Der Fahrer, der am konstantesten ist, wird am Ende die Meisterschaft gewinnen.
Lesen Sie auch
Redbull unterstützt die Fahrer
In welchen Bereichen ist Red Bull eine besondere Hilfe? Unter anderem ist Akademieleiter Guillaume Roquelin,
Red Bull ist sehr unterstützend, wenn es um Dinge wie den Simulator und das Training geht. Dinge, die man außerhalb der Rennstrecke tun kann, um sich als Fahrer zu verbessern. Ich gehe nach Milton Keynes und trainiere dort im Simulator. Sie stellen Einrichtungen zur Verfügung. Guillaume hat eine Menge Erfahrung und man kann viel von ihm lernen. Sie unterstützen mich sehr und werden dafür sorgen, dass ich mich als Fahrer verbessern kann.
Red Bull hat einige Stars hervorgebracht. Wer ist Ihr Vorbild?
Als Kind habe ich immer zu Sebastian Vettel aufgeschaut. Das ist cool: Ich befinde mich auf einem ähnlichen Karriereweg wie er. Er war auch ein deutscher Red-Bull-Junior. Hoffentlich endet es genauso gut wie bei ihm (lacht). Ich hoffe, ich kann das erreichen, was er erreicht hat. Ich lasse mich auch sehr von Max Verstappen inspirieren. Im Moment dominiert er die Formel 1. Ich glaube, jeder Nachwuchsfahrer schaut jetzt zu ihm auf.
Sie haben 2015 mit dem Kartsport angefangen. Was sind die Herausforderungen auf dem Weg durch die unteren Nachwuchsklassen hin zur Formel 1?
Das waren vor allem sportliche. 2021 war ein sehr hartes Jahr, es gab viele enttäuschende Ergebnisse. Mental ist es sehr schwierig, wenn das ganze Jahr über nichts richtig läuft. Es ist dann schwer weiterzukämpfen. In der Saison danach habe ich die Meisterschaft gewechselt und über den Winter sehr, sehr hart gearbeitet. Ich habe einen riesigen Schritt gemacht und das Selbstvertrauen zurückgewonnen. Das zeigt: Die Momente, in denen man am meisten kämpft, sind die Momente, in denen man am meisten lernt. Diese Herausforderungen haben mir sehr geholfen. Klar ist: Es wird auch in Zukunft eine Herausforderung bleiben.
War der finanzielle Aspekt auch eine der Herausforderungen für Sie?
Ja, auf jeden Fall. Heutzutage ist es wirklich teuer. In all den Jahren war es für meine Eltern ein großes Opfer, für den Kartsport und die Formel 4 und so weiter zu bezahlen. Jetzt bekomme ich mehr Unterstützung von Red Bull und auch vom Motorsport Team Germany und meinen Partnern. Dank ihnen ist es einfacher geworden. Es wird aber immer eine Herausforderung sein, denn je höher man fährt, desto teurer wird es. Der beste Weg, damit umzugehen, ist, Ergebnisse zu erzielen, denn dann wird es meist einfacher.
Mentale Gesundheit im Rennsport
Wie schwierig ist die Situation aus mentaler Sicht?
Mental ist es wirklich schwierig. Wie gesagt: Man braucht Ergebnisse. Wenn nicht, kann es sehr schnell vorbei sein. Wenn man Rennen fährt, ist das ein zusätzlicher Druck, den man vergessen muss, und man muss sich nur auf sich selbst konzentrieren und sicherstellen, dass man Ergebnisse erzielt. Dann kann man es schaffen, Wege zu finden.
Wie wichtig war und ist Ihr Vater, vor allem, weil er auch Rennfahrer war?
Mein Vater war für meine gesamte Karriere sehr wichtig. Er hat mich zum Kartsport gebracht. Er ist immer zu meinen Rennen gekommen und hat mich unterstützt. Er hat viel Zeit und Geld geopfert, um mir zu helfen und mir diese Chance zu geben. Ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen.
Wie hart und kritisch ist er zu Ihnen?
Das kommt darauf an. Ich denke, er ist natürlich emotional, wie es jeder Vater sein würde. Er will das Beste für mich. Natürlich ist er verärgert, wenn die Ergebnisse nicht so sind, wie wir es wollen. Er ist aber eine große Stütze. Ob er nun hart ist oder nicht, ich weiß, dass er nur versucht, mich zu unterstützen.
Ihre Mutter ist Dänin, Ihr Vater ist Deutscher, Sie sind in England und Monaco aufgewachsen und fahren jetzt unter deutscher Flagge. Wie wichtig ist die Nationalität für Sie?
Ja, ich bin ziemlich multikulturell (lacht). Für mich ist die Nationalität aber sehr wichtig. Ich möchte das repräsentieren, woher ich ursprünglich komme. Mein Vater ist Deutscher. Mein Nachname ist deutsch. Ich möchte Deutschland vertreten, so wie es mein Vater getan hat, als er Rennen fuhr. Ich habe nie in Deutschland gelebt, fühle mich aber als Deutscher. Ich habe Familie in Deutschland. Ich bin stolz darauf, das Land zu repräsentieren.
Ihr Vater spricht manchmal mit Ihnen auf Deutsch. Wie ist es da inzwischen um Ihre Fähigkeiten bestellt?
Seitdem ich unter deutscher Flagge fahre, spricht mein Vater viel mehr mit mir auf Deutsch. Ich kann jetzt ziemlich viel verstehen. Es ist aber sehr schwierig, es zu sprechen. Ich lerne immer noch. Aber es wird immer besser. Hoffentlich kann ich bald anfangen, mich auf Deutsch zu unterhalten und Interviews zu geben. Ich tue mein Bestes.
Wir müssen natürlich auch über Ihren Nachnamen sprechen. Wie oft ist Johann Wolfgang von Goethe Thema in Interviews?
(lacht) Das kommt immer wieder vor, weil ich mit Johann Wolfgang von Goethe verwandt bin. Ich bin stolz auf meinen Nachnamen. Ich weiß, dass das in Deutschland eine große Sache ist. Es ist sehr ironisch, dass ich Motorsport betreibe und er Dichter ist. Das ist sehr unterschiedlich. Ich denke, das ist das Tolle daran.
Wie sehr interessieren Sie sich für sein Leben?
In bin in England aufgewachsen und zur Schule gegangen, deshalb habe ich nie wirklich etwas über ihn gelernt. Meine Familie hat mir aber natürlich von ihm erzählt. Ich habe mich dann damit befasst und fand es sehr cool. Ich habe es leider noch nicht geschafft, eines seiner Werke zu lesen. Ich würde aber definitiv gerne mehr über ihn erfahren. Das werde ich also noch nachholen.
Ein Platz neben Schuhmacher und Vettel?
Sie sind eine der deutschen Hoffnungen im Motorsport. Deutschland ist ein Land mit Legenden wie Michael Schumacher und Sebastian Vettel. Was bedeutet das für Sie?
Das bedeutet auf jeden Fall eine Menge. Ich nutze es als Motivation. Es ist definitiv etwas, das mich motiviert.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sie eines Tages die Formel 1 erreichen?
Es ist ein sehr hartes Business und es kann alles passieren. Ich weiß, dass ich eine genauso große oder vielleicht sogar noch größere Chance habe als andere. Ich weiß, dass ich in der Lage bin, es zu schaffen. Im Moment konzentriere ich mich nur auf die Rennen und versuche, mein Bestes zu geben. Wenn ich der Formel 2 näherkomme, weiß ich, dass es nicht mehr weit ist. Ich bin zuversichtlich, dass ich das Zeug dazu habe.
Zum Gesprächspartner:
- Oliver Goethe absolviert 2024 seine zweite Saison in der Formel 3, mit der er im Rahmenprogramm der Formel 1 unterwegs ist. Er fährt für das Campos-Team und ist zudem Red-Bull-Junior. Der 19-Jährige ist zudem ein Nachkomme von Dichter Johann Wolfgang von Goethe.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.