- Nicholas Latifi hat in dieser Saison bereits einige Unfälle in der Formel 1 gebaut.
- Der Kanadier muss sich Hohn und Spott gefallen lassen, er steckt in einem Teufelskreis.
- Seit dem WM-Finale in Abu Dhabi läuft es bei ihm nicht mehr.
- Damals gab es Morddrohungen gegen ihn.
Nicholas Latifi befindet sich in einem komplizierten Teufelskreis. Morddrohungen gegen ihn nach dem letztjährigen WM-Finale der Formel 1 haben tiefe Spuren hinterlassen, das Selbstvertrauen litt. Erschwerend kommt hinzu: Er kommt mit dem neuen Williams-Boliden nicht gut zurecht, hat in dieser Saison bereits einige Unfälle gebaut. Was zu Hohn und Spott führte. Und einem weiter sinkenden Selbstvertrauen. Ein Ende der Abwärtsspirale ist bei dem Kanadier in seinem dritten Jahr in der Königsklasse derzeit nicht in Sicht.
"Was ihn am meisten getroffen hat, waren die Kommentare und Drohungen, die er in den sozialen Medien bekommen hat", bestätigte Williams-Teamchef Jost Capito. "Wir haben ihm geholfen, damit klarzukommen. Natürlich setzt das dem Selbstvertrauen zu, aber wir arbeiten daran, sein Selbstbewusstsein zu steigern. Ich denke, Nicholas ist auf einem guten Weg." Latifi hatte in Abu Dhabi mit einem Crash die entscheidende Safety-Car-Phase, die im Endeffekt Max Verstappen zum Weltmeister machte, ausgelöst und anschließende Morddrohungen gegen ihn öffentlich gemacht.
Selbstvertrauen ist ein Problem
Er erhielt in der Folge viel Zuspruch, muss sich aber offenbar immer noch mit den psychischen Folgen auseinandersetzen. "Natürlich ist das Selbstvertrauen ein Problem. Die Formel 1 ist auch eine Kopfsache", sagt Capito. "Er wäre in der Lage, Rundenzeiten wie Alex Albon zu fahren, wenn er in der richtigen Verfassung ist. Aber wenn du ein paar Aussetzer hast, dann haderst du natürlich mit dem Selbstbewusstsein."
2021 noch zeigte sich Latifi im internen Duell mit George Russell (inzwischen bei Mercedes) verbessert, schien nach Startproblemen in seine Formel-1-Karriere den nächsten Schritt machen zu können.
Doch seit Abu Dhabi ist der Wurm drin, Latifi ist die Verunsicherung anzumerken, verstärkt wird das Ganze durch weitere Unfälle wie in diesem Jahr in Saudi-Arabien, wo er an einem Wochenende gleich zweimal verunfallte.
Das sorgt dann dafür, dass der 26-Jährige nach einem Slapstick-Crash mit Lance Stroll (Aston Martin) in Australien in den sozialen Medien aufs Korn genommen wurde, obwohl die Schuld bei Stroll lag. Und es sorgt schlussendlich auch dafür, dass er gegen Rückkehrer Albon im eigenen Stall das Nachsehen hat.
Auch das Vertrauen ins Auto fehlt
Zuletzt in Imola gab es zumindest schon mal keinen Crash. Trotzdem fehle ihm das Vertrauen ins Auto, sagte er: „Schon seit Saudi-Arabien habe ich kein gutes Gefühl.“ Was am Gesamtpaket liegt, an der neuen Auto-Generation, mit der Latifi noch nicht wirklich klarkommt, und daran, dass der Williams grundsätzlich schwierig zu fahren ist. Er bräuchte vor allem im Moment eigentlich einen Boliden, der auch mal kleine Fehler verzeiht, stattdessen folgt die Strafe für Patzer auf dem Fuße.
Und das hat weitere Probleme zur Folge. "Wenn du deinem Auto nicht vertraust, kann das gefährlich werden. Ich meine das nicht bezüglich der Sicherheit, sondern dass du eher Unfälle baust oder dich nicht traust, an das Limit zu gehen", so Latifi. Das ging sogar so weit, dass er sich in Imola nicht an die Box traute, um als Erster im Feld von Regenreifen auf Slicks zu wechseln. Er wartete ab, bis die anderen Piloten wechselten, für ein besseres Ergebnis war es da aber längst zu spät. Dass er bei null Punkten steht, ist eine weitere Folge des Dilemmas.
"Ich muss erst das Vertrauen ins Auto zurückerlangen, denn man kann nicht mit den technischen Aspekten beginnen. Erst kommt das Vertrauen, alles andere folgt danach", erklärte Latifi, der vor allem dank der Millionen seines Vaters im Williams-Cockpit sitzt.
Lesen Sie auch: Nicholas Latifi schildert extremen Hass nach dem WM-Finale
Wird Latifi möglicherweise ersetzt?
Die Frage ist: Wie lange noch? Zuletzt in Imola kursierte das Gerücht durch das Fahrerlager, dass es bei Williams zur Mitte der Saison, spätestens aber für 2023 einen Fahrerwechsel geben könnte. Demnach soll Top-Talent Oscar Piastri der Kandidat für den Platz von Latifi sein. Auch Mercedes-Ersatzmann und Formel-E-Weltmeister Nyck de Vries wird gehandelt.
Der Australier Piastri ist im Moment Ersatzfahrer bei Alpine, für die Franzosen und den 20-Jährigen wäre das eine ideale Lösung, um Piastri an die Königsklasse heranzuführen. Für Latifi wäre es hingegen möglicherweise das Ende der Formel-1-Karriere. Klar ist: Unabhängig vom Wahrheitsgehalt helfen auch solche Gerüchte nicht. Und so steckt Latifi weiter im Teufelskreis.
Verwendete Quelle:
- Presserunden
- TV-Übertragung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.