Der Frust bei Nico Hülkenberg in der Formel 1 ist groß, seinem Haas-Renner fehlt es in den Rennen an Pace, der Bolide ist nicht schnell genug. In Kanada wurde der Deutsche nach einem starken Qualifying deshalb durchgereicht. Hülkenberg schlägt Alarm.

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Es hat Vorteile, dass Nico Hülkenberg seine Emotionen im Griff hat. Das liegt zum einen an seinem Naturell, denn der Emmericher ist eher der rationale Typ. Zum anderen ist es die Erfahrung, die ihn nach 189 Rennen in der Formel 1 mit einer beeindruckenden Gelassenheit auf die Geschehnisse blicken lässt.

Das Rennwochenende in Kanada war ein eindeutiger Beleg für seine Herangehensweise: Erst der sensationelle Platz zwei im Qualifying, dann die Strafe und die Rückversetzung auf Startrang fünf und letztendlich das Desaster im achten Saisonrennen am Sonntag, als der Traum von Punkten bereits nach wenigen Runden zerstört war. Platz 15 war es am Ende.

Wo Hülkenberg nach der Quali nicht in jugendliche Euphorie verfiel oder die Strafe verfluchte, schlägt der 35-Jährige nach einer nun schon länger andauernden sportlichen Talfahrt seines Haas-Rennstalls nicht wild um sich.

Hülkenberg analysiert nach dem Rennen mit Bedacht, dafür aber schonungslos und auf den Punkt. Und seine Worte sind alarmierend. "Es war eine Einbahnstraße in die falsche Richtung. Das hatten wir in gewisser Weise erwartet, aber natürlich hofft man immer das Beste. Dass es besser läuft als im vorherigen Rennen. Aber das Ergebnis zeigt, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben."

Nicht schnell genug

Was fehle, sei die Pace, analysierte Hülkenberg. Haas ist im Vergleich zur Konkurrenz im hart umkämpften Mittelfeld der Königsklasse schlicht nicht schnell genug, ganz besonders leidet das Auto in unmittelbaren Kämpfen mit anderen Boliden, "da verlieren wir überproportional viel Abtrieb und Grip. Dementsprechend gehen wir hart mit den Reifen um", erklärt Hülkenberg. Ein Teufelskreis, der dafür sorgt, dass Hülkenberg und auch sein Teamkollege Kevin Magnussen durchgereicht werden.

Leider sind das nach einem starken Saisonstart des Teams keine Ausnahmen oder Ausreißer nach unten mehr, "es wird ein bisschen zum Trend. Und das killt uns die Sonntage", sagte der Haas-Fahrer weiter. "Es ist unser größtes Thema, an dem wir mit Hochdruck arbeiten müssen. Es bringt alles nichts, schöne Samstage zu haben, wenn die Sonntage so ein Downer sind."

Denn in den Qualifyings kann vor allem Hülkenberg überzeugen: Auf einer schnellen Runde geht immer was, da ist der Haas-Renner nicht schlecht; und bei regnerischen Bedingungen wie am Samstag in Montreal kommt es zusätzlich auch auf den Fahrer an. Und da zeigt Hülkenberg, dass er zu den schnelleren Fahrern im Feld gehört.

"Eine bittere Pille"

Doch das Wissen um die Schwäche im Rennen ist "derzeit eine bittere Pille", sagte Hülkenberg: "Wir müssen aber langfristig denken und eine langfristige Lösung anstreben. Wir können da nicht einfach was mit dem Setup machen, um die Sache in den Griff zu kriegen. Es sind größere Probleme." Darüber sei sich sein Haas-Team im Klaren und "wir arbeiten daran". "Es braucht aber eine langfristigere Strategie, um die Situation zu verbessern." Und die zaubert man nicht mal eben aus dem Hut.

Apropos langfristig. Die gute Nachricht: Bei Haas ist man zufrieden mit Hülkenberg, der beim US-Rennstall vor der Saison Mick Schumacher ersetzt hatte. "Was den Fahrermarkt betrifft, sind wir im Moment ziemlich happy mit dem, was wir haben", sagt Teamchef Günther Steiner in Kanada, "und natürlich wollen wir unsere Fahrer so früh wie möglich bestätigen, damit es nicht so eine Hängepartie wird wie vergangenes Jahr." Sieht für Hülkenberg nach einem weiteren Jahr bei Haas aus.

Was macht Hülkenberg?

Die großen Fragen nach den vergangenen Wochen: Was kann Haas Hülkenberg sportlich bieten? Und will er bei Haas weitermachen? "Sowohl er als auch Kevin Magnussen besitzen das Potenzial, in die Punkte zu fahren, doch das Haas-Team hat zu große Defizite", schrieb der frühere Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher in seiner Sky-Kolumne. "Sie sind an einem Punkt angelangt, an dem sie sich Gedanken machen müssen, was geändert und umstrukturiert werden muss. Aktuell ist Haas das absolute Schlusslicht des Feldes und das kann auf Dauer kein Zustand sein."

Schumachers Rat an Hülkenberg: "Ich an seiner Stelle würde mir zunächst erklären lassen, welche Schritte gemacht werden, um die Situation zu verbessern. Denn eines ist klar: Wenn alles so bleibt, wie es ist, auch personell, dann wird sich nicht viel ändern." Hülkenberg wird sich sicher seine Gedanken machen. Aber auch da hat es Vorteile, dass er seine Emotionen im Griff hat.

Verwendete Quellen:

  • Sky.de: Schumacher: "Ich an Hülkenbergs Stelle würde..."
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