• Stoffel Vandoorne hat in den Nachwuchsklassen dominiert, galt als kommender Formel-1-Topstar. Es kam allerdings anders.
  • Vandoorne ist ein gutes Beispiel für Fahrer, bei denen das Talent am Ende dann doch nicht reicht.
  • Bei ihm kamen verschiedene Dinge zusammen, die eine größere Karriere in der Königsklasse verhinderten.

Mehr Formel-1-Themen finden Sie hier

Talent ist nicht alles, vor allem in der Formel 1 nicht. Selbst wenn man den Sprung schafft und bei einem Traditionsrennstall unterkommt, ist das keine Garantie dafür, sich im Haifischbecken freizuschwimmen. Stoffel Vandoorne zum Beispiel ist bei dem Versuch untergegangen – nach nur zwei Jahren bei McLaren war schon wieder Schluss. Der Belgier ist ein gutes Beispiel dafür, dass viele Dinge passen müssen und dass es auf mehr ankommt als bloßes Können.

Sagenhafte 160 Punkte Vorsprung hatte Vandoorne 2015 in der GP2 (heute Formel 2), als er Champion wurde, er hatte die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren. Es war für den hochtalentierten Belgier die Eintrittskarte in die Formel 1, verbunden mit der Erwartungshaltung, dass der damals 23-Jährige ein künftiger Rennsieger sein würde, wenn nicht sogar mehr. Seit 2014 war er bereits McLaren-Test- und Ersatzfahrer, sprang beim Saisonauftakt 2016 für den verletzten Fernando Alonso ein und holte auf Anhieb einen WM-Punkt. Der Lohn: ein Stammcockpit für 2017.

Der Knoten platzt nicht

Doch der Knoten, er platzte nicht, die Euphorie verpuffte zusehends, die Entwicklung stockte und Vandoorne hing im Nirgendwo der Formel 1 fest. McLaren war damals nur ein Schatten erfolgreicher Tage, es ist grundsätzlich eine Menge Politik im Spiel und hinzu kam Teamkollege Alonso, immerhin zweimaliger Weltmeister. Man könnte auch sagen: Vandoorne war zur falschen Zeit am falschen Ort.

Alonso zeigte dem Belgier 2018, wo der Hammer hängt: In 21 Qualifyings war der Spanier 21-mal schneller, er fuhr neunmal in die Punkte, Vandoorne nur vier Mal. Die sportlichen Probleme waren das eine, die hinter den Kulissen das andere. "Ihr habt nicht alles gesehen, was hinter den Kulissen passiert ist, die ganze Politik. Ich kann nicht über alles reden, aber ihr könnt euch einiges vorstellen", sagte Vandoorne der Tageszeitung "Dernière Heure" und betonte: "Ich bereue nichts. Ich habe meinen Job so gut gemacht, wie ich konnte." Gut bedeutet in der Formel 1 aber nicht automatisch gut genug.

Kein Gefühl des Vertrauens

Was er vom Team in gewissen Momenten am meisten vermisst hat, war "ein Gefühl des Vertrauens. Es ist nicht einfach, auf bestem Niveau zu fahren, wenn du weißt – hinter deinem Rücken verhandelt das Team mit anderen Fahrern", so Vandoorne. Für 2019 stellte sich McLaren nach dem Rücktritt von Alonso ganz neu auf, trennte sich von Vandoorne und holte Carlos Sainz und Lando Norris – und der alte sportliche Glanz kehrte zurück.

Zu spät für Vandoorne, der in die Formel E wechselte, um dort bei Mercedes sein Glück zu finden. Der 29-Jährige fährt regelmäßig um den Titel mit, wurde 2019/20 Gesamtzweiter. Er bereut den gescheiterten Versuch, in der Formel 1 Fuß zu fassen, nicht. "Es gibt nicht viele Gelegenheiten, Formel 1 fahren zu können. Und trotz meiner Lage bei McLaren konnte ich mir damals eine solche Chance nicht entgehen lassen", sagte er dem belgischen Fernsehsender RTBF: "Leider kam ich in einer Phase zum Team, als das Auto nicht konkurrenzfähig war und das Team politisch instabil. Es gab viele Wechsel im Management."

Keine Chance auf eine zweite Chance

Zur Politik in der Formel 1 gehört es auch, dass zweite Chancen nicht ganz so oft vergeben werden. Als Ersatzfahrer von Mercedes bewegt sich Vandoorne zwar weiter im Dunstkreis der Königsklasse, ist auch immer mal wieder im Gespräch, wenn Cockpits frei sind. Ja, er wäre als Mercedes-Mann theoretisch sogar ein Kandidat für die Nachfolge von Lewis Hamilton, sollte der Brite seine Karriere tatsächlich beenden.

Vandoorne würde die Chance in der Formel 1 generell "ergreifen, allerdings zu den richtigen Bedingungen", sagte er. Er ist aber auch Realist: "Vermutlich erhalte ich nie wieder eine neue Gelegenheit in der Königsklasse. Ich habe damit kein Problem." Denn er weiß inzwischen auch: Talent ist nicht alles, vor allem in der Formel 1 nicht.

Verwendete Quellen:

  • Interview Tageszeitung Dernière Heure
  • motorsport.nextgen-auto.com: Vandoorne : La F1, oui, s’il y a une bonne opportunité
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.