- Daniel Ricciardo sieht gegen seinen McLaren-Teamkollegen Lando Norris kein Land.
- Ricciardos Vertrag bei McLaren läuft offenbar nach dieser Saison aus.
- Und jetzt wird der Australier auch noch vom McLaren-Boss angezählt. Droht ihm das Aus?
Daniel Ricciardo wusste wohl ziemlich schnell, dass er einen Fehler gemacht hat. Er wurde zuletzt gefragt, ob es schon Gespräche mit McLaren gegeben habe wegen 2023. "Nein, aber ich bin mir sicher, wir werden vor der Sommerpause sprechen", sagte er. Hat er also gar nicht wie angenommen einen Vertrag bis Ende 2023? Sonst müsste man ja nicht sprechen, oder? "Das ist wahr", sagte er auf die entsprechende Nachfrage. "Ihr habt mich also gerade dazu gebracht, etwas zu beantworten, was ich gar nicht zu beantworten brauche. Also, vielleicht meinte ich den Sommer 2023?"
Netter Versuch, doch zu spät: Zweifel, dass er bei seinem Wechsel zu McLaren vor der Saison 2021 nicht wie vermutet einen Dreijahresvertrag, sondern womöglich nur einen Kontrakt über zwei Saisons plus Option für eine weitere unterzeichnet haben könnte, sind gesät.
Noch ein bisschen mehr Druck
Sein "Geständnis" bedeutet, dass er sich nun noch ein bisschen mehr unter Druck setzt, denn ab sofort sind wilden Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Die heizt er durch seine Leistungen sowieso schon seit Wochen ordentlich an.
Die große Frage: Steht der 32-Jährige, der vor ein paar Jahren bei Red Bull Racing noch als kommender Weltmeister galt, bei McLaren vor dem Aus? Denn seit seinem Wechsel zu dem Traditionsrennstall bekommt
Der verbale Kuschelkurs innerhalb des Teams ist inzwischen ebenso vorbei wie eine Schon- oder Eingewöhnungszeit. Ricciardo feierte 2021 den umjubelten Sieg für McLaren in Monza, der Rest war zu wenig für einen Mann mit seinen Ambitionen. Gegen Norris unterlag er nach Punkten 115:160, außerdem fuhr der Brite zwar keinen Sieg, dafür aber insgesamt vier Podiumsplätze ein.
Erwartungen nicht erfüllt
"Abgesehen von Monza und ein paar Rennen wurden unsere Erwartungen bisher nicht erfüllt", sagt McLaren-Boss Zak Brown bei Sky Sports nun sehr deutlich. "Alles, was wir tun können, ist, als Team hart zusammenzuarbeiten, über die Dinge zu reden, zu pushen und zu hoffen, dass das, was klicken muss, bald mal klickt."
Norris sei im Moment "definitiv" besser in Form, so Brown. Der ultimative Beweis folgte zuletzt in Barcelona, als Ricciardo Zwölfter wurde. Norris fuhr mit Heuschnupfen und Mandelentzündung auf Rang acht. "Wir würden uns wünschen, dass Daniel viel näher an Lando dran ist und wir einen guten teaminternen Kampf haben. Daniel fühlt sich einfach noch nicht wohl im Auto. Wir versuchen alles, was wir können", so Brown.
Doch die Seuche geht in dieser Saison weiter, Barcelona war der vorläufige Tiefpunkt einer schon länger andauernden Krise. 11:39 steht es zwischen Ricciardo und Norris nach Punkten, 1:5 im Qualifying und 2:4 in den Rennen. In sechs Rennen fuhr er fünf Mal nicht in die Punkte. Nur im Gehaltsvergleich hat der Australier noch die Nase vorne: Ricciardo soll 15 Millionen Dollar verdienen, Norris fünf. Ein Ungleichgewicht und für Ricciardo ein Rucksack, solange er nicht liefert.
Lesen Sie auch: Lando Norris: Wie der Jungstar der Formel 1 gegen mentale Probleme kämpfte
Ricciardo schlägt Alarm
Barcelona sei ein Rennen gewesen, bei dem man hoffe, dass irgendwas falsch gewesen sei, so Ricciardo: "Man hofft, etwas zu finden und sagen zu können: 'Oh, das war also das Problem.' Wenn wir es nicht finden, ist es wahrscheinlich noch besorgniserregender", sagte Ricciardo, der selbst Alarm schlägt: "Mir fehlten nicht nur eine oder zwei Zehntel. Manchmal hat es sich angefühlt, als würde mir über eine Sekunde fehlen".
Der frühere Formel-1-Fahrer Martin Brundle sprach das Problem in seiner "Sky"-Kolumne in deutlichen Worten an: "McLaren und Daniel Ricciardo sollen sich angesichts des fehlenden Speeds sehr große Sorgen machen. Da muss sich etwas ändern."
Lesen Sie auch: Formel 1: Den Titel weggeschmissen? Daniel Ricciardo und die unglückliche Red-Bull-Flucht
Und wenn sich auf der Strecke nichts ändert, dann möglicherweise personell. Denn Ersatz wird sich schnell finden lassen. Mega-Talent Oscar Piastri steht zwar bei Alpine unter Vertrag, könnte aber ausgeliehen werden. Mit den IndyCar-Piloten Pato O’Ward und Colton Herta arbeitet McLaren zusammen. Und Pierre Gasly könnte angesichts beschränkter Aufstiegsmöglichkeiten bei AlphaTauri auch schnell eine Option werden. Lange muss Ricciardo auf Antworten wohl nicht warten. Denn ob nun Zwei- oder Dreijahresvertrag – Gespräche dürften angesichts der Krise tatsächlich schon sehr bald stattfinden.
Verwendete Quellen:
- Interview Sky Sports: Daniel Ricciardo: McLaren CEO Zak Brown says driver not meeting team's expectations
- Pressekonferenz
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.