- Der deutsche Torwart Philipp Grubauer gehört der NHL-Mannschaft der Seattle Kraken an.
- Die neue NHL-Saison beginnt am heutigen Freitag mit dem Spiel zwischen den San Jose Sharks und den Nashville Predators.
- Im Interview mit unserer Redaktion spricht Grubauer über das Leben als Eishockey-Torhüter, über Leon Draisaitl und über die Entwicklung des deutschen Eishockeys.
Herr Grubauer, wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man im Tor steht und der harte Puck einem mit einer Geschwindigkeit von bis zu 170 Kilometer pro Stunde entgegenfliegt?
Philipp Grubauer: Hätte ich Angst, wäre ich im falschen Business (lacht). Es macht mir Spaß, wenn die Dinger schnell auf das Tor kommen – je härter, desto besser. Und wenn es wehtut, macht das auch Spaß. Das gehört zum Eishockey dazu. Manchmal muss man in diesem Sport die Zähne zusammenbeißen.
Sie wechselten vor einem Jahr zu den Seattle Kraken, die damals als 32. Mannschaft der NHL komplett neu gegründet wurden. Wie gut wurde das neue Team in der Stadt angenommen?
Eishockey hat in Seattle Geschichte. Vor langer Zeit hat ein Team aus Seattle sogar den Stanley Cup gewonnen (die Seattle Metropolitans im Jahre 1917, Anm. d. Red.). Durch unser Team ist nun eine neue Fanbase entstanden. Grundsätzlich ist Seattle eine überragende Sportstadt. Die ganze Stadt hat sich auf das neue Team gefreut, das war überall zu spüren. Unsere Halle ist immer voll. Selbst zu den Vorbereitungsspielen kommen rund 17.000 Fans. So etwas habe ich bei einem Testspiel noch nie zuvor erlebt.
Sie bezeichnen Seattle als Sportstadt, weil es mit den Seattle Seahawks auch noch eine NFL-Mannschaft im American Football gibt und mit den Seattle Mariners eine MLB-Mannschaft im Baseball. Früher gab es auch noch das NBA-Team der Seattle SuperSonics im Basketball. Wie erleben Sie den Konkurrenzkampf unter den verschiedenen Sportarten?
American Football ist in den USA natürlich die Nummer 1, ähnlich wie bei uns in Deutschland Fußball. Danach kommen Baseball, Basketball und als viertbeliebteste Sportart Eishockey. Aber natürlich versucht die NHL, an die anderen großen drei Sportligen heranzukommen. Die Liga macht einen guten Job, um immer mehr Menschen zu erreichen. Es gibt zum Beispiel einen neuen und sehr guten TV-Vertrag. In Kanada ist die Situation noch einmal anders als in den USA…
Sieben der 32 NHL Teams sind in kanadischen Städten beheimatet…
Genau. In Kanada ist Eishockey klar die Sportart Nummer 1. Das spürt man überall. In jedem Restaurant und in jeder Bar wird Eishockey gezeigt, an jeder Säule hängen Eishockeybilder. In Kanada ist Eishockey so beliebt wie in Deutschland Fußball.
In der vergangenen Saison haben Sie mit den Seattle Kraken die Playoffs verpasst. Was ist in der bevorstehenden Saison das Ziel und welche Mannschaft ist der Favorit auf den Stanley Cup?
Das Ziel ist es, wie jedes Jahr, den Stanley Cup zu gewinnen. Dafür spielen wir Eishockey. Aber erst einmal ist es natürlich unsere Absicht, gut in die Saison zu starten. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen, welche Teams die Favoriten sind. Viele Mannschaften haben sich im Sommer gut verstärkt. Die Colorado Avalanche wird als Titelverteidiger sicherlich wieder mit guten Chancen ins Rennen gehen. Aber so ganz genau kann man das zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
Und wie schätzen Sie den deutschen Superstar
Mit Draisaitl und Connor McDavid sind die Oilers immer brandgefährlich. Leon hat eine extrem gute Übersicht, spielt extrem gute Pässe und erkennt Situationen, die nicht jeder Spieler sieht. Und McDavid hat natürlich sehr viel Speed.
Was stimmt Sie zuversichtlich, dass die bevorstehende Saison für Seattle erfolgreicher verläuft als die vergangene Spielzeit?
Wir waren in der vergangenen Saison eine komplett neu zusammengestellte Mannschaft. Wenn man zu einem neuen Team kommt, ist es ja normalerweise so, dass der Kern schon seit ein paar Jahren zusammenspielt und das System kennt und verinnerlicht hat. Das war bei uns eben nicht so. Durch Corona war die Situation zudem auch noch ein bisschen eingeschränkt. Aber nun gehen wir in unsere zweite Saison und sind eingespielt. Wir fühlen uns alle ein bisschen besser, weil wir uns kennen und bereits miteinander gespielt haben.
Sie haben mit Martin Jones einen neuen Torwartkollegen hinzubekommen, der zuletzt für die Philadelphia Flyers gespielt hat. Wie ausgeprägt ist der Konkurrenzkampf unter den Torhütern?
Wir müssen beide unsere Spiele gewinnen. Und je mehr Spiele man als Goalie gewinnt, desto häufiger wird man eingesetzt. Grundsätzlich haben wir im Eishockey eine lange Saison mit 82 regulären Saisonspielen und den darauffolgenden Playoffs. Das beinhaltet sehr viele und lange Auswärtsreisen. Daher wird auch auf der Torwartposition immer wieder durchgewechselt. Das ist anders als im Fußball.
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Sie haben 2018 den Stanley Cup mit den Washington Capitals gewonnen. Nico Sturm gelang dies in der vergangenen Saison mit der Colorado Avalanche. Leon Draisaitl zählt zu den besten Spielern der Welt. Moritz Seider von den Detroit Red Wings wurde vergangene Saison als bester Rookie ausgezeichnet. Tim Stützle zählt bei den Ottawa Senators ebenfalls zu den Top-Spielern. Wo sehen Sie den Grund dafür, dass momentan so viele deutsche Spieler in der NHL erfolgreich sind?
Die Nachwuchsarbeit hat sich in Deutschland stark verbessert. Ansonsten wären nicht so viele gute deutsche Spieler in der NHL. Das ist schön zu beobachten. Die Trainer in Deutschland sind besser ausgebildet als früher und können den Talenten in Deutschland viel mitgeben. Hinzu kommt, dass diese Spieler einen sehr großen Ehrgeiz haben. Talent alleine genügt nicht, um den Sprung in die NHL zu schaffen. Dafür muss man sehr hart arbeiten und braucht auch ein bisschen Glück.
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