Berlin - Nach dem Unfall zweier Güterzüge im niedersächsischen Landkreis Gifhorn bleibt der Bahnverkehr auf der vielbefahrenen Strecke zwischen Hannover und Berlin noch länger eingeschränkt. Bis voraussichtlich zum 16. Dezember müssen Fahrgäste sich auf längere Reisezeiten und Umleitungen auf der Strecke einstellen, wie die Bahn mitteilte. Zuvor war davon ausgegangen worden, dass das Problem bis zum 27. November behoben wird.
Allerdings seien die Spezialeinheiten der Feuerwehr weiterhin damit beschäftigt, "in einem aufwendigen Verfahren das Propangas aus den umgekippten vier Kesselwagen abzupumpen und die Restmengen kontrolliert abzubrennen", hieß es. "Die niedrigen Außentemperaturen erschweren diese Arbeiten zusätzlich."
Erst wenn die Feuerwehr die Unfallstelle freigegeben habe, könne die Bahn mit den Aufräumarbeiten beginnen und die umgekippten Waggons abtransportieren. Danach müssten die Schäden an der Infrastruktur genauer begutachtet und mit der Reparatur begonnen werden.
Empfehlung: Alternativen prüfen
Fahrgäste, die ihre für den Zeitraum zwischen dem 18. November und dem 16. Dezember geplanten Reisen verschieben möchten, können laut Bahn ihr Ticket flexibel im Fernverkehr bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende nutzen. "Reisenden wird je nach Abfahrts- oder Zielort in NRW empfohlen, Verbindungen mit Umstieg in Frankfurt bzw. Hamburg als mögliche schnellere Alternative zu prüfen", teilte die Bahn weiter mit.
Am Donnerstag (17. November) war es auf der Strecke zwischen Hannover und Berlin zu dem Unfall gekommen. Zunächst hielt ein Güterzug an einem Signal. Nach Erkenntnissen der Ermittler gab eine Mitarbeiterin der Deutschen Bahn die Strecke fälschlicherweise für einen weiteren Güterzug mit 25 mit Propangas gefüllten Kesselwagen frei. Dieser kollidierte mit dem stehenden Zug, vier Waggons kippten auf die Seite, mindestens einer wurde so stark beschädigt, dass Gas ausströmte. Der Lokführer erlitt leichte Verletzungen, die Oberleitung wurde massiv beschädigt. Gegen die Bahnmitarbeiterin wird wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt.
Bahn überprüft weitere 130.000 Schwellen
Einschränkungen drohen den Fahrgästen auch durch erneute Kontrollen am Schienennetz. Bei der Überprüfung von 200.000 Schwellen eines bestimmten Bautyps und Herstellers waren im Sommer "Unregelmäßigkeiten in der Materialbeschaffenheit" aufgefallen. Rund 137.000 dieser Schwellen müssen ausgetauscht werden. Bis Ende des Jahres sollen nahezu alle betroffenen Strecken wieder normal befahrbar sein. "Teilweise wird sich der Austausch der Schwellen allerdings bis in das kommende Jahr ziehen", teilte das Unternehmen mit.
Bei den neu zu untersuchenden Bauteilen handelt es sich um Schwellen anderer Hersteller, bei denen die gleiche Gesteinsart verarbeitet wurde. Sollten die Experten Auffälligkeiten entdecken, werden die entsprechenden Schwellen der Bahn zufolge getauscht. "Bis die betroffenen Schwellen getauscht sind, fahren Züge dann in den entsprechenden Abschnitten langsamer." Es könne auch zu Sperrungen kommen, teilte der Konzern mit. Die betroffenen Schwellen seien bundesweit verbaut, vorrangig jedoch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Auslöser für die Inspektion im Sommer war ein Unglück in Garmisch-Patenkirchen Anfang Juni, bei dem ein Regionalzug entgleiste. Vier Menschen starben. Bei den dann überprüften Bauteilen handelte es sich laut Bahn um den gleichen Bautyp wie auf dem Streckenabschnitt des verunglückten Zugs. Rückschlüsse auf die Unfallursache in Oberbayern ließen sich aus den Inspektionserkenntnissen nicht ziehen, hieß es im Sommer. © dpa
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