Im Mai 2023 hieß es endlich: Das Deutschlandticket bringt einen für 49 Euro im Monat mit Bahn oder Bus ans Ziel – auch zur Arbeit. Bei Utopia nutzen sehr viele Kolleg:innen das Ticket. Nach genau einem Jahr können wir sagen: Wir sparen teils über 2.000 Euro jährlich – und sehen trotzdem Verbesserungspotenzial.

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Wenn ich an den Sommer 2022 zurückdenke, werde ich meist ein bisschen nostalgisch: Für nur neun Euro im Monat konnte ich mit der Bahn in die Berge, ins Büro und zu einigen meiner Freund:innen fahren. Das damalige 9-Euro-Ticket sorgte für überfüllte Züge mit schwitzenden Menschen – aber ließ mich auch daran glauben, dass eine Mobilitätswende in Deutschland schnell und für alle möglich ist.

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets ließ danach ganz schön auf sich warten. Seit Mai 2023 aber kann man das Deutschlandticket für 49 Euro kaufen und damit den Regional- und Nahverkehr in der gesamten Bundesrepublik nutzen. Für Student:innen und Auszubildende kostet das Ticket sogar nur 29 Euro.

Ein Jahr Deutschlandticket: Persönliche Erfahrungen, Ersparnisse und Ärgernisse

Lohnt sich der Umstieg auf das Deutschlandticket? Und wie sehr genau? Utopia-Redakteur:innen haben nachgerechnet, wie viel sie durch das Ticket sparen. Sie teilen ihre wichtigsten Erfahrungen – sowie tägliche Ärgernisse nach einem Jahr Deutschlandticket.

Unsere Rechnungen sind natürlich individuell und die Ersparnisse ergeben sich aus den Ticketpreisen in und um den Großraum München. In anderen Städten gelten andere Tarife.

Pendeln aus dem Münchner Umland: Mit dem Deutschlandticket 1.000 Euro im Jahr günstiger

Ich selbst lebe seit knapp zweieinhalb Jahren rund 40 Kilometer vom Utopia-Büro in München entfernt. Bereits bei meinem Umzug weg aus München nahm ich mir vor: Ich werde die Strecke ins Büro nicht mit dem Auto zurücklegen, sondern mit dem ÖPNV.

Das ist in meinem Fall deutlich umständlicher, als sich einfach ins Auto zu setzen. Ich radle zum Bahnhof, steige in die Regionalbahn, danach in die S-Bahn und dann in die U-Bahn. Wenn alles reibungslos läuft, brauche in von Tür zu Tür eine gute Stunde. Bei zwei wöchentlichen Fahrten ins Büro bedeutete das für mich aber nicht nur einen relativ großen zeitlichen Aufwand, sondern vor allem auch viel Geld.

Ich bezahlte mit Einzelfahrten und MVV-Tagestickets – ein Monatsticket rechnete sich für mich nicht – bei acht Arbeitstagen im Büro monatlich etwa 150 Euro. Wenn man Urlaube, Feiertage und andere Fehltage einberechnet, kam ich auf Fahrtkosten von rund 1.500 Euro im Jahr.

Das Deutschlandticket kostet mich nur noch 588 Euro jährlich. Das ergibt eine Ersparnis von fast 1.000 Euro – allein fürs Pendeln. Denn seit ich keine Einzeltickets mehr kaufen muss, sondern theoretisch schon unendlich viele Bahnfahrten im Monat bezahlt habe, nutze ich den Zug auch in meiner Freizeit mehrmals die Woche. Zuvor war mir das einfach zu teuer.

Das Deutschlandticket ist für mich aber nicht nur finanziell eine riesige Ersparnis, sondern macht das Bahnfahren auch so viel einfacher. Vorher musste ich fürs Pendeln vier Einzeltickets für jeden Tag kaufen. Gerade wenn ich beim Feierabend knapp dran war, war es nervig, noch an ein Ticket zu denken.

Mehr als 2.000 Euro: Mit dem Deutschlandticket zahlen sich lange Pendelstrecken aus

Meine Kollegin Annika hat eine deutlich längere Pendelstrecke von einfach zwei Stunden und fährt meist einmal die Woche ins Büro. Je nach Verbindung spart sie mit dem 49-Euro-Ticket im Monat zwischen 140 Euro und 230 Euro. Auf ein Jahr gerechnet sind das mindestens 1.400 Euro, die sie nun spart – private Fahrten sind hier noch gar nicht eingerechnet. Um Urlaubs- und Krankheitstage mit abzubilden, berechneten wir die Fahrtkosten für zehn Monate im Jahr.

Deutschlandticket statt MVV-Abo? Kann sich lohnen!

Kathi, eine weitere Utopia-Kollegin, wohnt in München und hatte bis 2023 ein MVV-Abo. Vor einem Jahr wechselte sie zum Deutschlandticket. Um zu berechnen, wie viel man dabei spart, muss man wissen: München ist in unterschiedliche Tarifzonen unterteilt. Das macht den Öffi-Ticketkauf teils unnötig schwierig.

Meine Kollegin hatte ein Monatsticket für die Münchner Innenstadt. Für S-Bahn-Fahrten ins Münchner Umland musste sie deshalb bis vor einem Jahr Anschlusstickets kaufen. Dies fällt mit dem Deutschlandticket glücklicherweise weg. Für ihren Arbeitsweg spart Kathi seitdem knappe 40 Euro im Jahr (Jahresabo Isar Card im Vergleich zum Deutschlandticket).

Das klingt auf den ersten Blick nach nicht viel. Doch an den Wochenenden und im Urlaub zahlt sich das Deutschlandticket für meine Kollegin besonders aus. Sie rechnet vor: Fahrten zu den Eltern, zum Wandern in der Umgebung sowie in andere bayerische Städte kostete sie vor der Einführung des Deutschlandtickets knapp 470 Euro. Alle diese Bahnfahrten deckt inzwischen das Deutschlandticket ab. Somit spart Kathi über 500 Euro im Jahr.

Zugausfälle und Verspätungen bleiben – trotz günstigem Fahrpreis

Doch so sehr ich und einige andere Kolleg:innen auch finanziell vom Deutschlandticket profitieren, sehen wir an anderen Stellen noch Verbesserungspotenzial. So wäre es beispielsweise praktisch, wenn man das Ticket in der DB-App pausieren könnte. Bei den Verkehrsverbunden ist dies bislang nicht möglich. Stattdessen muss man das Abo, etwa bei einem Urlaub, kündigen und danach wieder neu abschließen. Bei der App Mopla, mit der man das Deutschlandticket ebenfalls kaufen kann, ist dies dagegen möglich.

Bis auf wenige Ausnahmen gilt das Deutschlandticket nicht im Fernverkehr, also weder in ICE- und IC-Zügen oder in den Nachtzügen unterschiedlicher Anbieter. Bei Verspätungen kann das zum Problem werden, denn: Wer aufgrund einer Verspätung im Regionalverkehr mit Deutschlandticket einen gebuchten ICE verpasst, hat keinen Anspruch auf Entschädigung oder Aufhebung der Zugbindung.

Für Eltern kann es einen weiteren Grund geben, kein Deutschlandticket zu kaufen: Kinder über 6 dürfen bei diesem Ticket nicht bei ihren Eltern mitfahren. Im Jahresabo des Münchner Verkehrsverbunds oder auch bei jeder ICE-Fahrt ist das dagegen bis zu einem gewissen Alter erlaubt. Unser Chefredakteur Martin wechselte deshalb nicht, sondern behielt sein Abo bei der MVV.

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Und auch mit dem Deutschlandticket hat man weiter mit Verspätungen, Zugausfällen, überfüllten Waggons und fehlerhaften Anzeigen sowie Bahnstreiks zu kämpfen. Das alles kann einen stressigen Arbeitstag nochmal anstrengender machen. Und es verhindert, dass noch mehr Menschen auf die Bahn umsteigen. Denn wenn ich eine Woche lang mit dem Zug statt dem Auto in die Arbeit fahre und mehrmals unpünktlich bin, hilft einem die finanzielle Ersparnis auch nicht mehr viel. Deshalb sollte der Schienenausbau und die -instandhaltung bei der Deutschen Bahn oberste Priorität haben.  © UTOPIA

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