Waren verschneite Feiertage früher wirklich die Regel oder handelt es sich um eine nostalgische Wunschvorstellung? Experten erklären, warum weiße Weihnachten immer seltener werden – und welche Rolle der Klimawandel spielt.
Während traditionelle Lieder wie "Schneeflöckchen, Weißröckchen" und "Leise rieselt der Schnee" in der Adventszeit häufig gesungen werden, spiegelt die Realität zunehmend ein anderes Bild wider. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) werden weiße Weihnachten – also Schneedecke vom 24. bis 26. Dezember – in weiten Teilen Deutschlands immer seltener. Durchschnittlich tritt dieses Ereignis mittlerweile nur noch alle zehn Jahre auf.
Ein Vergleich der Klimaperioden von 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 zeigt einen signifikanten Rückgang: Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten mit Schnee an allen drei Tagen ist bundesweit um mehr als die Hälfte gesunken. Besonders stark betroffen ist der Süden Deutschlands. In München lag die Wahrscheinlichkeit früher bei etwa 33 Prozent, ist jedoch auf knapp 14 Prozent gesunken. Noch drastischer zeigt sich der Rückgang in Freiburg, wo die Werte von fast 17 Prozent auf unter 5 Prozent gefallen sind
Öfter Tauwetter als Schnee an Weihnachten
Die Vorstellung von weißen Weihnachten gehört für viele zu einem idealen Fest: ein geschmückter Baum drinnen und eine Schneelandschaft draußen. Doch selbst vor dem Klimawandel waren verschneite Weihnachten eher selten. Denn gerade um diese Festtage herum gibt es häufig Tauwetter.
Meteorolog:innen bezeichnen dieses Phänomen als Singularität – eine Wetterlage, die zu bestimmten Zeiten im Jahr wiederholt auftritt. Ähnliche Beispiele sind die Eisheiligen im Mai, die Schafskälte im Juni oder der Altweibersommer im Herbst. Rund um den 24. Dezember bringen milde Temperaturen häufig Regen statt Schnee oder lassen gefallenen Schnee schnell schmelzen
Weiße Weihnachten: Ein Mythos aus Werbung und Kinderbüchern
Die romantische Vorstellung von schneereichen Feiertagen ist vor allem in kulturellen Darstellungen verankert. Experten vermuten, dass weiße Landschaften auf Weihnachtskarten, in Kinderbüchern oder in der Werbung für Wintermode das Bild idealisieren. Der in vielen Regionen eher übliche Regen passt hingegen weniger in diese nostalgische Vorstellung.
Auch in Zukunft bleibt der Traum von weißen Weihnachten wohl eher ein Mythos. Laut Klimastudien wird der Winter weiter an frostigen Tagen verlieren, was zusätzliche Illusionen erfordern könnte. Bereits heute zeigt sich, dass der Klimawandel die Zahl der frostfreien Wintertage signifikant erhöht. Eine Analyse ergab, dass es in Deutschland in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 18 Wintertage mehr mit Temperaturen über null Grad gab als in einer Welt ohne Klimawandel.
"Laut unserer Analyse gehört Deutschland zu den zehn Ländern, die am stärksten vom Verlust kalter Wintertage betroffen sind", sagte Kristina Dahl, Vizepräsidentin und wissenschaftliche Leitung bei der gemeinnützigen US-Organisation Climate Central in Princeton.
Die Klimaerwärmung bedroht den Winter
"Wenn wir weiterhin Öl, Kohle und Gas verbrennen, sind wir auf dem besten Weg, den Winter, wie wir ihn kennen, zu verlieren – mit verheerenden Folgen für Mensch und Tierwelt", warnte Dahl.
Das Forschungsteam analysierte die Auswirkungen der steigenden Temperaturen durch den Klimawandel auf die Anzahl frostfreier Tage in den Wintermonaten von Dezember bis Februar. Die Untersuchung umfasste Daten aus dem Zeitraum 2014 bis 2023, die für 123 Länder der Nordhalbkugel ausgewertet wurden, darunter auch sechs Städte in Deutschland.
Mehr als ein Drittel der untersuchten Länder – insgesamt 44 – verzeichneten in diesem Zeitraum mindestens sieben zusätzliche Tage pro Jahr mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt, die ohne den Klimawandel nicht aufgetreten wären. Besonders stark betroffen ist Europa, wobei Deutschland Platz sieben unter den Ländern mit dem stärksten Anstieg dieser Tage belegt.
Folgen für Wirtschaft, Natur und Gesundheit
Die Organisation Climate Central weist auf mögliche Konsequenzen der Veränderungen hin, die sich sowohl auf die Wintersportbranche als auch auf die Landwirtschaft auswirken könnten. Durch wärmere Winter nimmt die Schneedecke in den Bergen ab, die eine entscheidende Wasserquelle für das Frühjahr darstellt – mit negativen Folgen etwa für die Bewässerung von Nutzpflanzen.
Kürzere und mildere Winter könnten zudem die Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, wodurch gesundheitliche Risiken steigen. Gleichzeitig verlängert sich die Wachstumsperiode für Pflanzen, was Allergikern eine längere Leidenszeit beschert. "Schnee, Eis und kalte Temperaturen, die einst die Winterzeit prägten, verschwinden in vielen Regionen rapide", erklärte Kristina Dahl. Dies bedrohe nicht nur Ökosysteme und wirtschaftliche Sektoren, sondern auch kulturelle Traditionen. © UTOPIA
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