Veränderungen gehören zum Arbeitsleben. Manche davon haben allerdings mit dem ursprünglich erlernten Beruf so gut wie nichts mehr zu tun – und trotzdem funktioniert der Umstieg: drei Erfolgsgeschichten der beruflichen Neuorientierung.
Kaum ein Berufstätiger kann heutzutage noch seine gesamte Laufbahn im selben Unternehmen verbringen, so wie noch die Generation zuvor. Jobwechsel sind an der Tagesordnung, Flexibilität ein Muss. Doch immer mehr Menschen wagen einen beruflichen Neuanfang - mit Veränderungen, bei denen kein Stein auf dem anderen bleibt. Von der Grafikerin zur erfolgreichen Sängerin, von der Personalmanagerin zur Unternehmerin, vom Prokuristen zum Pferdefutter-Experten: Drei Umsteiger erzählen ihre Geschichte.
Christina Wurm (42), Praktikerin für Cranio Sacral Balancing und Unternehmensberaterin
Christina Wurm ist eine Neustarterin. Die 42-Jährige war nach ihrem Betriebswirtschafts-Studium und mehreren Zusatzausbildungen über 13 Jahre als Personalmanagerin in bekannten österreichischen Metall- und Maschinenbauunternehmen und Personalberatungen tätig. Die Arbeit mit Menschen hat ihr dabei immer gut gefallen, dennoch liebäugelte sie stets damit, sich einmal selbständig zu machen - "um es nicht irgendwann einmal zu bereuen, es nicht versucht zu haben", erklärt sie.
Aufgrund ihrer Berufserfahrung naheliegend: die Gründung einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Personal. Die weniger naheliegende Ergänzung: Cranio Sacrale Körperarbeit. "Da ich selbst Skeptikerin und recht kopflastig bin, war ich immer auf der Suche nach einer Behandlungsform, mit der man einen direkten Zugang zum Unbewussten bekommt und die sich an Körper, Geist und Seele richtet", erzählt die Linzerin.
Seit März 2014 behandelt die Cranio Sacral Praktikerin nun auch hauptberuflich Mensch und Tier mit der sanften, aber effektiven Methode. Als ganz besonders in ihrer neuen Tätigkeit empfindet Wurm jene Momente, wenn Kunden nach ihrer Behandlung mit leuchtenden Augen und strahlenden Gesichtern ihre Praxis verlassen.
Für sie persönlich habe sich der Umstieg jedenfalls gelohnt, so die zweifache Unternehmerin: "Es ist eine neue Erfahrung und zugleich eine große Herausforderung. Und es macht durchaus Spaß, Unternehmer zu sein." Da man allerdings nicht genau wisse, wie viele Aufträge im nächsten Monat hereinkämen, wäre für die 42-Jährige ein klein wenig mehr "gefühlte Sicherheit" noch das Tüpfelchen auf dem i.
Michael Joos (55), selbständig
13 Jahre in der Fahrzeug-, acht Jahre in der Transportbranche, fünf Jahre in der Computerindustrie und zwei in der Medizintechnik - damit hat der frühere Prokurist, Niederlassungsleiter und Autohausbesitzer Michael Joos in seiner Karriere nicht nur einen, sondern gleich mehrere erfolgreiche Umstiege hinter sich. Mit dem jüngsten Neustart wagte der 55 Jahre alte gebürtige Wiener dann 2012 den Schritt in die Selbständigkeit, nachdem der Arbeitsmarkt wenig rosige Aussichten bot.
"Durch die Reiterei meiner Tochter ergaben sich zwei ganz konkrete Geschäftsbeziehungen", erzählt der gelernte Industriekaufmann. Der Start wurde durch das Unternehmensgründungsprogramm des AMS unterstützt. Und so führt der Jungunternehmer nun auf selbständiger Basis die österreichische Niederlassung von LEXA Pferdefutter und vermietet Westfalia-Pferdetransporter. Präsenz auf Messen und Reitsport-Events sowie Kundentermine direkt im Pferdestall sind seither an der Tagesordnung. So manches Wochenende während der Turniersaison verbringt der Pferdeliebhaber an seinem Verkaufsstand. Reiter ist er dennoch keiner.
Von Beginn an wurde Joos' Neuausrichtung von seiner Familie unterstützt. Von den Futtermitteln sind Gattin, Tochter und die eigenen Pferde so überzeugt wie der Unternehmer selbst. An seinem neuen Leben schätzt er besonders den Kontakt zu seinen Kunden - den zwei- und - fast noch mehr - den vierbeinigen.
Ob sich der Umstieg gelohnt hat? "Persönlich auf jeden Fall! Finanziell? Das kann man so noch nicht sagen, aber das Geschäft wächst", sieht Joos positiv in die Zukunft.
Manuela Gebetsroither (28), Sängerin
Einen gänzlich neuen Weg hat auch Manuela Gebetsroither eingeschlagen. Weil sie in der Kindheit gern zeichnete, besuchte die heute 28-Jährige die Höhere Technische Lehranstalt und später die Meisterklasse für Grafik- und Kommunikationsdesign. Wie sich der eigentlich kreative Beruf des Grafikers aber tatsächlich gestaltet, war ihr damals nicht bewusst: "Zeitdruck, bis nachts an Projekten arbeiten, das ständige Sitzen vor dem Computer - Gründe, die langfristig für einen Wechsel sprachen."
Dennoch war die Oberösterreicherin dreieinhalb Jahre in der Werbebranche tätig, bevor ihr ein Stipendium die Möglichkeit zu wechseln bot. Denn das Hauptmotiv für sie ist und war stets die Liebe zur Musik und das Gefühl, das sie beim Musizieren empfindet - nämlich sie selbst zu sein.
Vier Jahre Musikstudium in Osnabrück mit ausgezeichnetem Abschluss, verbunden mit intensiver Arbeit am eigenen Projekt "MANÜLA" - ein 2012 veröffentlichtes Album und ein Finalistenplatz beim "Lautstark-Contest" 2013 sollten folgen. Heuer tourt MANÜLA bereits durch Deutschland und Österreich. Daneben unterrichtet die erfolgreiche Sängerin in der Musikschule des Landes OÖ Jazz-, Rock- und Popgesang.
Gebetsroithers Ziel war es, "den größten Teil meiner Zeit mit Musik zu verbringen, zu tun, was mich glücklich macht und es schaffen, davon zu leben". Was ihr auch sehr gut gelungen ist. Einzig für den Bundesverband deutscher Gesangspädagogen wird noch die Grafikerin in MANÜLA aktiv: "Für diesen Kunden übe ich liebend gerne meinen früheren Beruf aus. Einerseits wegen der gestalterischen Freiheit, die der BDG mir schenkt, andererseits wegen meines inhaltlichen Interesses an den Projekten."
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