Was geht im Kopf unserer schnurrenden Hausgenossen vor? Ein Forscherteam aus Großbritannien hat einen Fragebogen entwickelt, mit dem Sie psychopathische Tendenzen bei Ihrer Katze messen können. Die Wissenschaftler hoffen, dass die Studie und ihre Ergebnisse zu einem besseren Verständnis unserer Haustiere führt.

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Wer kennt es nicht: Der geliebte Stubentiger zeigt plötzlich unberechenbares Verhalten, wechselt scheinbar grundlos zwischen Schmusen und Aggression oder ignoriert beharrlich alle Hausregeln. Was für viele Katzenbesitzer Alltag ist, könnte laut britischen Forschern psychopathische Züge widerspiegeln, die allen Katzen in unterschiedlicher Ausprägung zu eigen sind.

Fragebogen soll Psychopathie-Level von Katzen anzeigen

Die Wissenschaftler der Universität Liverpool haben laut "ScienceAlert" einen speziellen Fragebogen entwickelt, der auf dem sogenannten "triarchischen Modell der Psychopathie" basiert – einem Konzept, das ursprünglich für Menschen entwickelt wurde und nun auf unsere tierischen Begleiter angewendet wird.

"Unsere eigenen Katzen und die Unterschiede in ihren Persönlichkeiten haben uns zu dieser Forschung inspiriert", erklärt Rebecca Evans, Psychologin an der Universität Liverpool und Hauptautorin der Studie, gegenüber dem Tech-Portal "Motherboard". Für die Entwicklung des Tests werteten die Wissenschaftler Daten von über 2.000 Katzenbesitzerinnen und -besitzern aus.

Der Online-Fragebogen mit insgesamt 46 Fragen untersucht drei Hauptbereiche: Kühnheit (boldness), Gemeinheit (meanness) und Enthemmung (disinhibition). Zusätzlich werden Faktoren wie Menschenfeindlichkeit und Unverträglichkeit mit anderen Haustieren abgefragt – alles mit dem Ziel, die Beziehung zwischen Katze und Halter besser zu verstehen.

Katzenbesitzer bewerten dabei Aussagen wie "Meine Katze braucht ständige Stimulation" oder "Meine Katze reagiert aggressiv auf Fremde" auf einer Skala von "beschreibt meine Katze überhaupt nicht" bis "beschreibt meine Katze extrem gut". Am Ende erhalten die Teilnehmer einen sogenannten "CAT-Tri+"-Wert, der das Psychopathie-Level ihres Vierbeiners anzeigen soll.

Hier eine weitere Auswahl an Aussagen, die bewertet werden müssen:

  • Meine Katze erkundet gefährliche Orte (z. B. Gärten von rivalisierenden Katzen, sehr hohe Orte).
  • Meine Katze verjagt andere Katzen aus der Wohnung/dem Garten.
  • Meine Katze gibt ohne ersichtlichen Grund laute Laute von sich (z. B. Miauen, Jaulen).
  • Meine Katze läuft/sitzt auf Gegenständen, die ich zu benutzen versuche (z. B. Laptops, Bücher).
  • Meine Katze rennt ohne ersichtlichen Grund durch das Haus.
  • Meine Katze ist neugierig (z. B. beobachtet sie Dinge vom Fenster aus, schaut, wer kommt, wenn es an der Tür klingelt).
  • Meine Katze hält sich nicht an die Hausregeln (z. B. läuft sie über die Arbeitsplatte/den Tisch, klettert über die Vorhänge, läuft weg, wenn sie gerufen wird).
  • Meine Katze stiehlt Essen/Trinken von Menschen/Haustieren (z. B. frisst/trinkt aus deren Schalen/Gläsern).
  • Meine Katze scheint sich nicht schuldig zu fühlen, wenn sie sich daneben benommen hat.
  • Meine Katze mag es nicht, wenn man sie streichelt (z. B. weicht sie zurück, beißt, kratzt).

Alle Katzen haben "ein gewisses Maß an Psychopathie"

"Es ist wahrscheinlich, dass alle Katzen ein gewisses Maß an Psychopathie aufweisen, da dies für ihre Vorfahren beim Erwerb von Ressourcen wie Nahrung, Territorium und Paarungsmöglichkeiten hilfreich gewesen sein dürfte", erklärt Evans in einem Statement.

Anders als bei Menschen sehen die Forscher diese Eigenschaften bei Katzen demnach als evolutionär bedingte Anpassungsmechanismen. Die Wildkatzen-Vorfahren unserer Stubentiger entwickelten Verhaltensweisen, die ihr Überleben sicherten – darunter auch Eigenschaften wie mangelnde Empathie und manipulatives Verhalten.

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Das Forscherteam hofft, dass ihre Studie letztlich zu einem besseren Verständnis unserer schnurrenden Mitbewohner führt. "Ich interessiere mich besonders dafür, wie die Wahrnehmung von Psychopathie durch den Besitzer die Katzen-Besitzer-Beziehung beeinflussen kann", sagt Evans und fügt hinzu: "Meine Katze Gumball erzielt relativ hohe Werte auf der Enthemmungsskala – was bedeutet, dass sie ziemlich lautstark sein kann, Nähe sucht und leicht erregbar ist."

Die praktischen Anwendungsmöglichkeiten liegen auf der Hand: So könnten beispielsweise Katzen mit hohen Werten im Bereich Kühnheit von mehr Zeit mit Kratzbäumen oder Klettermöglichkeiten profitieren. Zudem hoffen die Forscher, dass durch ein besseres Verständnis problematischer Verhaltensweisen weniger Katzen in Tierheimen landen oder gar eingeschläfert werden müssen.

Bei der Auswertung der bisherigen Teilnehmerdaten stießen die Wissenschaftler auf interessante Muster: "Enthemmung und geringe Verträglichkeit mit anderen Haustieren sagten eine höhere Qualität der Katzen-Besitzer-Beziehung voraus, während Gemeinheit und Kühnheit mit einer schlechteren Beziehungsqualität verbunden waren", schreiben die Forscher in ihrer Studie, die im renommierten "Journal of Research in Personality" veröffentlicht wurde.

Verwendete Quellen

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