Vielleicht liegt es an dem sperrigen Begriff “Vermögenswirksame Leistungen”, dass so viele Menschen Geld vom Arbeitgeber einfach liegenlassen. Schade eigentlich. Denn abgesehen von dem Wortungetüm ist die Sache eigentlich ganz einfach.
In meinem liebevoll geführten Haushaltsbuch stehen in der Kategorie "Geschenke" jeden Monat ein paar Einträge, klein oder groß: enge Familie, entfernte Verwandtschaft, Kolleginnen und Kollegen, Musiklehrer der Kinder – ob 5 oder 50 Euro, leer ist die Spalte selten. Vor ein paar Jahren hätte ich Monat für Monat einen regelmäßigen Posten hinzufügen können: Geschenk an meinen Arbeitgeber - 40 Euro. So viel machten die vermögenswirksamen Leistungen (VL) meiner damaligen Firma aus, die ich leider nicht beantragt hatte – vielleicht auch deshalb, weil allein der sperrige Begriff mich schon zum Gähnen brachte.
Aufgewacht bin ich, als eine Kollegin mich fragte, warum ich eine Thailandreise verschenke. Wie, Thailandreise? Fragte ich zurück. Und tatsächlich: Sechs Jahre lang 40 Euro pro Monat sparen, bringt 2.880 Euro – mit Zinsen oder Kursgewinnen sogar noch mehr. Gut angelegt, kann das Geld den Grundstock für eine renditeträchtige Anlage bilden. Oder eben einen Traumurlaub finanzieren.
Die blödeste Variante ist auf jeden Fall, das Geld monatlich beim Arbeitgeber liegenzulassen und damit zu verschenken. Wenigstens bin ich nicht allein damit – das tun viele Angestellte. Vermögenswirksame Leistungen, das klingt nach langen, komplizierten Formularen und einem Antrag mit dreifachem Durchschlag. Aber: Es klingt nur so. Die Wirklichkeit ist viel einfacher: Beim Arbeitgeber erkundigen, ob das Unternehmen VL zahlt, einen Vertrag bei Bank oder Bausparkasse über VL-Sparen abschließen und dann sieben Jahre lang zurücklehnen.
Und so geht's:
Schritt 1: Herausfinden, ob Sie Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen haben
Prinzipiell können Angestellte, Auszubildende, Beamte, Richter und Soldaten VL erhalten. Voraussetzung ist, dass ihre Firma diese Leistung anbietet. In einigen Branchen ist das per Tarifvertrag vereinbart, andere Arbeitgeber zahlen freiwillig. Die Personalstelle kann darüber Auskunft geben. Manchmal steht diese Information auch im Arbeitsvertrag.
Schritt 2: Herausfinden, welche Art von VL-Vertrag sinnvoll ist
Gängige Varianten, für die es reichlich Auswahl gibt, sind Fondssparpläne und Bausparverträge. Hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten.
- Fondssparplan: Hier fließt das Geld in einen Fonds, also ein Bündel von Aktien. "Finanztest" empfiehlt, einen breit aufgestellten weltweiten ETF zu wählen. ETF steht für Exchange Traded Funds, also börsennotierte Fonds, die einen der gängigen Aktienindizes nachbilden. Der große Vorteil: Dank ihrer geringen Kosten bringen ETFs auf lange Sicht bessere Rendite als die Mehrzahl vergleichbarer Fonds, die von Menschen aktiv verwaltet werden. Das ist gerade bei geringen Sparraten ein wichtiger Vorteil. "Finanztest" hat Kosten von VL-Fondssparplänen auf ETFs verglichen.
Wichtig zu wissen: Der Wert eines Fondssparplans schwankt mit dem Börsenverlauf. Hier sollten Sie daher nur Geld investieren, das sie nach Ablauf der sieben Jahre Sparplandauer nicht sofort brauchen. Laufen die Börsen gerade schlecht und ist der Depotwert daher niedrig, lohnt es sich, auf bessere Börsenzeiten zu warten. - Bausparvertrag: Bausparverträge sind für manche VL-Sparer die attraktivste Lösung, obwohl die Verzinsung gering ist. Doch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Immobilienkauf fest eingeplant haben oder demnächst eine kreditfinanzierte Modernisierung planen, ist die Verzinsung des VL-Bausparvertrages zweitrangig. Ihr Hauptaugenmerk liegt darauf, an ein zinsgünstiges Darlehen zu kommen, und das ist auf Grundlage eines VL-Bausparvertrags möglich. Wer sich für einen VL-Bausparvertrag interessiert, sollte einfach bei einer Bausparkasse nachfragen.
- Banksparpläne: Früher beliebt, gibt es sie heute nur noch selten. Hier wird das Geld zu einem festen Zinssatz angelegt. Die lange Nullzinsphase hat diesen Markt jedoch stark ausgedünnt. Beim jüngsten Test im September fanden die "Finanztest"-Experten nur ein akzeptables Angebot: bei der Degussa Bank.
- Kredit tilgen: Eine weitere Variante für alle, die bereits einen Immobilienkredit abzahlen: Sie können die VL zur Tilgung des Kredits einsetzen. Vorausgesetzt, die Bank oder Bausparkasse, die den Kredit vergeben hat, lässt sich auf diese Variante ein. Das machen leider nicht alle Anbieter und es gibt keinen rechtlichen Anspruch darauf.
Schritt 3: Vertrag abschließen
Jetzt sind wir beim ziemlich überschaubaren Papierkram: Mit Bank, Depotbank oder Bausparkasse schließen Sie einen Vertrag. Für den Arbeitgeber erhalten Sie ein Formular, das Sie dort vorlegen. Von nun an überweist die Firma das Geld.
Schritt 4: Prüfen, ob staatliche Förderung möglich ist
Alle, die kein sehr hohes Einkommen haben, können Arbeitnehmersparzulage oder Wohnungsbauprämie bekommen. Ihr Gehalt darf dazu bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wie hoch die Einkommensgrenzen für die verschiedenen Förderungen sind, hat "Finanztest" in dieser Tabelle zusammengefasst.
Schritt 5: Einzahlungen sechs Jahre laufen lassen
Nun der entspannte Teil: Zusehen, wie sich das Geld langsam, aber sicher ansammelt. VL-Sparpläne haben eine Standarddauer von sechs Jahren. Hinzu kommt ein siebtes Jahr Ruhephase ohne Einzahlungen. Bei staatlich geförderten Sparplänen ist dieses siebte Jahr Pflicht. Ohne staatliche Förderung kann man schon nach sechs Jahren an das Guthaben heran.
Nur eine Entscheidung steht dann noch an: Weitersparen oder ausgeben? Das ist natürlich eine sehr persönliche Wahl. Wie es bei mir ausging, dazu sage ich nur: In Thailand war ich dann doch nicht – ich spare vorerst noch weiter.
Über die Autorin:
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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