Berlin - Heute mal nur mit Bargeld aus dem Haus gegangen? Landet man dann ausgerechnet in einem Laden, in dem kein Bargeld akzeptiert wird, muss das schöne Kleid wohl oder übel hängen bleiben, der Kauf des neuen Handys vertagt werden. Ein Recht auf Barzahlung gibt es in den meisten Fällen nämlich nicht.
Zwar seien Euroscheine und -münzen das gesetzliche Zahlungsmittel in der Europäischen Union und müssten als solches grundsätzlich auch als Zahlungsmittel akzeptiert werden, sagt Christian Bereska, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Ausschusses Zivilrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Es sei aber zu unterscheiden, "ob staatliche Stellen solche Barzahlungsverbote vorgeben" oder ob private Unternehmen das tun.
Bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern besteht bei einer Geldschuld ein Annahmezwang von Eurobanknoten, hat der Europäische Gerichtshof (Az.: C-422/19, C-423/19) 2021 entschieden. "Etwas anderes gilt im Verhältnis zwischen Privaten", sagt Christian Bereska. Hier ist es den Parteien erlaubt, andere Abreden zu treffen - zum Beispiel also Verträge mit Barzahlungsverbot abzuschließen.
Für deren Wirksamkeit müsse der Anbieter aber klar hervorheben, dass eine Bezahlung in bar generell ausgeschlossen ist, so der Rechtsanwalt. "Alles andere könnte als überraschende Klausel unwirksam sein." Laut Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern genügt zur Information ein Schild im Verkaufsraum. Eine individuelle Vereinbarung sei darüber hinaus nicht notwendig.
Übrigens: Selbst ein Händler, der die Barzahlung grundsätzlich akzeptiert, darf Verbraucherschützer Straub zufolge "die Annahme von mehr als 50 Münzen oder die Bezahlung von mehr als 200 Euro in Euromünzen verweigern".
Händler haben bei unbaren Zahlmethoden Vorteile
Ist die Barzahlung ausgeschlossen, bleibt Verbraucherinnen und Verbrauchern in der Regel nur noch der Griff zur Giro- oder Kreditkarte - entweder in physischer Form oder in Form der digital auf dem Smartphone hinterlegten Kopie.
Helena Klinger vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff) verweist außerdem auf die Bezahlmöglichkeit bei manchen Händler-Apps. Wer hier eine Verknüpfung zum Beispiel zum Girokonto angelegt hat, kann dann auch über die App des jeweiligen Händlers zahlen. Hat man all das nicht dabei, verlässt man den Laden zumindest an diesem Tag mit leeren Händen.
Für Händlerinnen und Händler liegen die Vorteile des Bargeldverzichts auf der Hand: "Es ist weder erforderlich bei jeder Zahlung auf eventuelles Falschgeld zu prüfen, noch muss am Ende des Tages oder bei einem Mitarbeiterwechsel ein aufwendiges Zählen des Bargeldstandes erfolgen", sagt Helena Klinger.
Zudem entfalle die mitunter komplizierte und teure Beschaffung von Wechselgeld. Und der sichere Abtransport des Umsatzes zur Bank müsse ebenfalls nicht organisiert werden, sagt Verbraucherschützer Straub. Dafür kosten Kartenzahlungen die Händler oft eine geringe Gebühr pro Transaktion.
Einkaufen ohne Datenspuren wird ohne Bargeld unmöglich
Für Kundinnen und Kunden hingegen bewertet Verbraucherschützer Straub den Wegfall der baren Bezahlmethode als nachteilig. Es könne nicht angenommen werden, dass die Kostenersparnis, die Händler durch den Wegfall der Bezahlmethode hätten, an die Kunden weitergegeben wird. Einkaufen ohne Datenspuren zu hinterlassen, sei dann ebenfalls nicht mehr möglich.
Helena Klinger findet aber doch noch einige Vorteile aus Kundensicht: "Es ist vor allem einfach und schnell, da ein Abheben des Bargeldes vom Konto entfällt, ebenso wie ein aufwendiges Suchen nach dem passenden Geldbetrag." Dadurch verkürze sich die Zeit eines Zahlungsvorgangs an der Kasse - für den Zahlenden wie auch für alle wartenden Kunden. "Auch mit Blick auf die Umweltbilanz und aus hygienischer Sicht erscheinen bargeldlose Zahlungen vorteilhafter", so Klinger.
Modell setzt sich vermutlich nicht in naher Zukunft durch
Ob die Verbannung des Bargelds aus den Läden in Zukunft Schule machen wird? Das hängt laut Helena Klinger in erster Linie von der Kundengruppe und dem Geschäftsbereich des Händlers ab: "Während die bargeldlose Zahlung für technikaffine Verbrauchergruppen akzeptabel erscheint, wird das Konzept bei der alltäglichen Versorgung durch Supermärkte, Bäcker oder Drogerien eher auf eine Ablehnung der Verbraucher stoßen."
Für denkbar hält Helena Klinger in Zukunft eine Kompromisslösung bei manchen Händlern - etwa die Akzeptanz von Bargeld bei Beträgen bis 100 Euro, für alles, was darüber hinaus geht, könnte hingegen eine bargeldlose Zahlung erforderlich sein.
Sascha Straub glaubt nicht, dass sich die unbaren Zahlungsmethoden auf Dauer durchsetzen. "Auch für Händler wird Bargeld zumindest ein wichtiges Backup bleiben, an dem kein anderer mitverdient und das auch dann funktioniert, wenn das Kartenlesegerät defekt ist oder gehackt wurde." Etwas anderes sei erst vorstellbar, wenn künftig ein digitaler Euro die Funktionen des Bargelds ersetzen sollte. © dpa
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