"Fucking Gastro" heisst das kürzlich erschienene Buch, mit dem Linzer Szenewirt Günter Hager über die aktuellen Missstände in der Branche vom Leder zieht. Themen wie das nachträglich verschärfte Nichtrauchergesetz oder die Registrierkassenverordnung sind fürwahr starker Tobak für einen Berufsstand, der ohnehin als ein hartes Pflaster gilt.
"Ich habe mir in den letzten Jahren so manchen Ärger im Unternehmen, egal ob über unverständliche bürokratische Entscheidungen oder neue Auflagen unserer Politik, immer notiert und quasi von der Seele geschrieben. Irgendwann war es dann soweit, dass ich Gastrokollegen, Mitarbeiter, Lieferanten und Gäste da teilhaben lassen wollte", erklärt Autor Günter Hager die Motivation hinter dem Buch.
Er erzählt darin beispielsweise tragikomische Anekdoten über eine 84-köpfige taiwanesische Reisegruppe, die 48 Liter Leitungswasser serviert bekommt - "Gratis natürlich! Von wegen gieriger Wirt!"- wechseln sich da ab mit Frontberichten direkt aus dem Bürokratiedschungel als täglich Brot eines Gastro-Unternehmers. Hager bilanziert resigniert, "dass es beispielhaft für die Branche ist: Viel Arbeit und viel persönlicher Einsatz werden am Ende des Tages meist mit einem miserablen Gewinn vergolten."
Der galoppierende Amtsschimmel
Dass sich die Branche im Umbruch befindet und die wirtschaftlichen Umstände für die Gasthäuser immer schwieriger werden, bestätigt auch Thomas Wolf, Geschäftsführer Fachverband Gastronomie, auf Anfrage: "In der Gastronomie wird es zunehmend härter, es herrscht immenser Wettbewerb. Vor allem kleine Betriebe haben es besonders schwer. Das Ziel muss es sein, diese Gruppe zu entlasten und zu unterstützen, Stichwort: Bürokratie."
Stadt und Land haben dabei laut Wolf mit ganz unterschiedlichen Bürden zu kämpfen: " Im ländlichen Bereich ist vor allem die Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Vereinen und politischen Parteien eine große Belastung. In der Stadt wiederum ist - durch das mit 1. Mai 2018 in Kraft tretende absolute Rauchverbot - zu erwarten, dass Probleme mit Anrainern entstehen, weil rauchende Gäste zwangsläufig auf die Straße ausweichen müssen.
Momentan sieht das Gesetz für solche Fälle vor, dass die Sperrstunde dann vorverlegt werden muss, wenn sich Anrainer gestört fühlen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert eine sachgerechte Lösung zu finden, andernfalls könnte unzählige Bars und Diskotheken Probleme bekommen.
Rauchzeichen
Überhaupt das Rauchverbot: Viel wurde darüber debattiert, viel gestritten, viel Geld für Umbauten in die Hand genommen, als rauchfreie Bereiche in den Lokalen gefordert wurden. Max Zillinger, Gastroquereinsteiger, der jahrelang das "Wursti´s" in der Pratersauna betrieben hat und neuerdings mit seinem Stand im Volksgarten zu finden ist, hat dazu eine sehr dezidierte Meinung: "Es ist einfach schade und gleichzeitig auch eine Schande mitanzusehen, wie gut andere Länder wie zum Beispiel Italien und England damit umgegangen sind. Durch eine kompromisslose Einführung des Nichtrauchergesetzes haben sich die Wirte in diesen Ländern viel Geld, Zeit und Nerven erspart. Dieser Zug ist bei uns abgefahren. (...) Mein Lösungsansatz: Warum stellt die Regierung nicht selber so genannte Rauchersheriffs? Ziel ist es ja, den Gast und nicht den Betreiber zur Kasse zu bitten."
Harte Worte, die auch Günter Hager so unterschreiben würde, denn in "Fucking Gastro" kritisiert er politische Unentschlossenheit und Überreglementierung rund um den Nichtraucherschutz scharf: "Phase eins mit dem "Ja-Nein-Vielleicht-Weiß-nicht"-Kurs der Regierung kostete den Wirten jede Menge Nerven und viel Geld für oft sinnfreie Investitionen. In Phase zwei entschloss man sich, ein strenges, einheitliches Nichtraucherschutzgesetz zu erlassen. Eine typisch österreichische Lösung: Erst will man es allen recht machen und niemandem wirklich wehtun. Dann, wenn man merkt, dass man erst recht alle verärgert hat, wird scheibchenweise am Gesetz herumgedoktert. Und schließlich führt man ein Gesetz ein, das man schon von Beginn an hätte anwenden können."
Auf die Finger geschaut
Nicht nur das bisher zahnlose, dafür umso teurere Nichtrauchergesetz versetzt die heimische Branche in Rage, auch die Registrierkassenverordnung und deren bürokratische und finanzielle Auswüchse stoßen auf wenig Gegenliebe. Max Zillinger kritisiert vor allem eine Problematik: "Wem das eingefallen ist, der hat wohl noch nie im extrem schnelllebigen Gastrobereich gearbeitet. Die Nachteile für den Wirt überwiegen hier enorm. Abgesehen von Anschaffungskosten, Wartungskosten, Papierkosten kostet es vor allem: Viel Zeit. Und Zeit ist Geld. Die längeren Wartezeiten führen zu unzufriedenen Kunden, was den Umsatz drosselt. Für die Mitarbeiter ist es eine Zusatzbelastung. Und ehrlich gesagt: Jeder, der schummeln will, findet auch einen Weg zu schummeln! Ich persönlich schlafe lieber ruhig. Aber der Schlaf ist teuer."
Ein paar Nachbesserungen hat es zwar gegeben, allerdings nur in homöopathischen Dosen, wie Thomas Wolf skizziert: "Letzten Endes gab es auf Betreiben des Fachverbandes doch noch einige Erleichterungen in Bezug auf die Registrierkassenpflicht. Flankierend konnten wir einige Erleichterungen für Veranstaltungen außerhalb des Stammbetriebes, außerdem Erleichterungen und Klarstellungen bei der familienhaften Mitarbeit sowie das grundsätzliche Commitment der Politik zu einem Modell für endbesteuerte Aushilfen erreichen."
Wunschkonzert
Was sich alle drei für die Zukunft wünschen, ist weniger Bürokratie in einer überregulierten Branche und mehr finanziellen Spielraum. Urgestein Günter Hager würde zwar wieder den für ihn schönsten Beruf der Welt ergreifen, "aber ich würde diesmal ins Ausland gehen: Dort passt die Gewinnspanne."
Thomas Wolf relativiert: "Auch in Österreich gibt es in letzter Zeit genügend Beispiele, die zeigen, dass Wirte mit innovativen Ideen und kreativen Konzepten finanziell erfolgreich sein können." Ob sich der aktuelle Unmut vieler Gastronomen und die Zahl der Konkurse wieder legt – im vergangenen Jahr mussten laut KSV alleine in Wien 272 Lokale ihre Pforten schließen, bundesweit waren es leicht rückläufige 795 – wird sich allerdings erst weisen müssen.
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