Wer sich nach dem Tod eines nahen Angehörigen an einem gerichtlichen Streit um das Erbe nicht beteiligt, muss mit bösen Überraschungen rechnen.
Denn ein Urteil, das eine Erbunwürdigkeit ausspricht, ist auch als sogenanntes Versäumnisurteil wirksam, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss erstmals entschied. (Az: IV ZB 11/22)
Im konkreten Fall geht es um den Nachlass eines am 9. November 2018 gestorbenen Manns. Am 14. Dezember 2018 gab die Ehefrau beim Nachlassgericht ein Testament ab, das die Eheleute gegenseitig zum Alleinerben einsetzt. Es war von der Ehefrau handschriftlich verfasst und von beiden Eheleuten unterschrieben.
Die Tochter, einziges Kind des Verstorbenen, klagte und verlangte, die Ehefrau für erbunwürdig zu erklären. Sie habe das Testament vermutlich erst nach dem Tod des Erblassers verfasst und dafür einen von ihm blanko unterschriebenen Papierbogen verwendet.
Die Ehefrau entgegnete dem nichts und nahm an dem gesamten Verfahren nicht teil. Wie von der Tochter beantragt, stellte in einem Versäumnisurteil das Amtsgericht die Erbunwürdigkeit der Ehefrau fest. Auch hierauf reagierte die Ehefrau nicht, so dass das Urteil rechtskräftig wurde.
Erst als danach das Nachlassgericht den Erbschein allein auf die Tochter ausstellte, protestierte die Ehefrau. Nach dem Unfalltod ihres Manns habe sie unter Schock gestanden und deshalb die Post vom Gericht lange ungeöffnet liegen gelassen.
Doch das Versäumnisurteil zur Erbunwürdigkeit ist wirksam, entschied wie die Vorinstanzen nun auch der BGH. Rechtskräftige Urteile seien auch generell bindend. Anderes komme "nur in extremen Ausnahmefällen bei Vorliegen eines besonders schweren, offenkundigen Mangels in Betracht".
Das gelte auch hier für das Erbscheinverfahren. Dabei könne ein gesetzlich ausdrücklich vorgesehenes Versäumnisurteil nicht als "Mangel" gelten. Das Nachlassgericht dürfe daher die rechtskräftig festgestellte Erbunwürdigkeit nicht nochmals überprüfen. © AFP
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