Was Aldi bei Lebensmitteln ist, möchte dm bei Drogeriewaren sein: der Platzhirsch, wenn es um den günstigsten Preis geht. Zumindest bei den Dauerniedrigpreisen. Das nimmt bisweilen bizarre Formen an.

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Weil die Aktionspreise bei der Konkurrenz von Rossmann oder Müller gelegentlich niedriger sind als die Regalpreise bei dm, kaufen dm-Mitarbeiter dort den Vorrat oder einen Teil des Vorrats auf und stellen ihn in die eigene Filiale, wie das Unternehmen gegenüber dem Magazin "Focus Online" zugab.

Damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Mitbewerber wird geschwächt, weil er nicht mehr genug Angebot auf Lager hat – und der eigene preisverwöhnte Kunde wird bei Laune gehalten.

Zur Firmenstrategie heißt es auf der Webseite: "Ihr fragt euch, warum ihr in eurem dm-Markt keine Aktions-Angebote und Rabatt-Hinweise findet? Das liegt daran, dass wir dauerhaft die günstigsten Preise anbieten möchten."

dm-Geschäftsführer Erich Harsch: "Wir wollen es unseren Kunden ersparen, Preise zu vergleichen und sich beim Einkauf nach kurzfristigen Sonderangeboten zu richten."

Rossmann findet das nicht so lustig

In der Branche schüttelt man den Kopf. Einer Rossmann-Kassiererin im nordrhein-westfälischen Bedburg platzte im Sommer der Kragen, als eine dm-Mitarbeiterin 75 Flaschen Shampoo und 28 Flaschen Waschmittel mitnehmen wollte. "Diese Kundin bekommt hier nichts", brüllte sie durch den Laden.

Der Streit eskalierte, woraufhin die dm-Mitarbeiterin die betroffene Kassiererin von Rossmann wegen Beleidigung und Beschimpfung anzeigte. Außerdem machte die Kundin ihrem Ärger auf Facebook Luft. In einem Post schilderte sie ihr skurriles Einkaufserlebnis. Angeblich habe sie lediglich für Familie und Freunde einkaufen wollen.

Neben Rossmann sollen auch Ketten wie Kaufland, Müller, Rewe und Edeka von den Hamsterkäufen betroffen sein. Deren Sprecher wollten das aber auf Nachfragen unserer Redaktion nicht bestätigen.

dm-Co-Geschäftsführer Christoph Werner erklärt die Business-Strategie gegenüber "Focus Online" jedenfalls so: "Wir stellen unseren Kolleginnen und Kollegen in den Märkten Informationen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, die günstigste Einkaufsquelle für ihren Markt zu nutzen. Diese Quellen können auch Wettbewerber sein."

Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, dann dürfe aber auf keinen Fall das Regal leer gekauft werden, so der Sohn des Firmengründers Götz Werner.

Der Wettbewerb spitzt sich aktuell so weit zu, dass Kunden Rabatt-Coupons von Rossmann sogar in den Filialen der Konkurrenz, bei dm und Müller, einlösen dürfen.

Rossmann hat daraufhin die Bio-Marke "alnatura" ins Sortiment aufgenommen, nachdem sie dm, sehr zum Bedauern vieler Kunden, aus dem Sortiment verbannt und durch eigene No-Name-Produkte ersetzt hatte.

Der Konkurrenzkampf wird immer heftiger

Der Konkurrenzkampf tobt nicht nur zwischen dm und Rossmann. Auch mit den Discountern Aldi und Lidl liefert sich dm einen bizarren Preiskrieg. Reduziert Aldi Müllbeutel auf 79 Cent, geht dm auf 75 Cent runter. Vergünstigt Lidl den Essigreiniger auf 49 Cent an, sind es bei dm plötzlich nur noch 45 Cent, berichtete unlängst die "Süddeutsche Zeitung".

Auf Vorwürfe, dm gehe aggressiv mit Mitbewerbern und Lieferanten um, blockt ein Sprecher ab. Es handle sich lediglich um "Preispflege nach unten".

Doch dm ist nicht der einzige Händler, der angreift. Edeka plant eigene Drogeriemärkte innerhalb des Filialnetzes und ging dazu vor Kurzem eine Kooperation mit Budnikowski ein, der viertgrößten Drogeriekette Deutschlands.

Der Wettbewerb wird nicht nur im Laden, sondern verstärkt auch im Internet ausgetragen: So kooperiert der Online-Versandhandel Amazon mit Rossmann. Aber erst, nachdem die Kooperation mit dm gescheitert war.

Vor wenigen Wochen gab der Versandhändler Otto bekannt, künftig mit Kosmetik-Hersteller L'Oréal zu kooperieren, der Online-Händler Zalando wiederum plant im kommenden Frühjahr, eine eigene Kosmetik-Linie auf den Markt zu bringen.

Um für den digitalen Wandel besser gerüstet zu sein, kauft dm nun 25.000 Smartphones, um sie an die Mitarbeiter auszugeben. Fragen zu Sortiment, Inhaltsstoffen oder zum Service könnten so in den Märkten schneller beantwortet werden. Und natürlich lassen sich so auch Infos über Preissenkungen bei der Konkurrenz blitzschnell weitergeben.

Den Kunden kann es recht sein: Sie gehen aus dem Preiswettkampf der Online-Giganten auf jeden Fall als Sieger hervor.

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