Palmöl ist der Liebling der Lebensmittelindustrie. Es ist vergleichsweise günstig und gilt als Alleskönner unter den Ölen. Deshalb steckt es mittlerweile in nahezu jedem zweiten Supermarktprodukt. Doch Palmöl hat einen schlechten Ruf. Warum Sie Ihrer Gesundheit zuliebe darauf verzichten sollten, wie das gelingt und ob Bio-Palmöl eine Alternative ist.
Margarine, Pizza, Eis, Schokolade, Kekse, Kuchen, Schokoaufstrich, Brühwürfel: Die Einsatzmöglichkeiten für Palmöl sind beinahe grenzenlos. Aufgrund seiner Eigenschaften sorgt es in den Produkten für die richtige Struktur und Konsistenz.
Es in der Lage, flüssige Öle zu binden und wird daher gerne für die Herstellung von Schokoaufstrichen verwendet. Palmöl ist zudem sehr hitzebeständig und eignet sich sehr gut zum Frittieren, Kochen und Braten.
Verglichen mit anderen Ölen ist es außerdem recht günstig. Momentan kostet es rund 603 US-Dollar je Tonne. Zum Vergleich: Eine Tonne Sojaöl schlägt mit rund 773 US-Dollar zu Buche.
Kein Wunder also, dass Palmöl das meistverwendete Öl in der Lebensmittelherstellung und das weltweit meistproduzierte Öl ist. Für das Erntejahr 2018/19 prognostiziert das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten (USDA) weltweit rund 72,8 Millionen Tonnen. Für Sojaöl werden 57,51 Millionen Tonnen und für Rapsöl 28,12 Millionen Tonnen erwartet.
Palmöl kann Krebs auslösen
Sein Einsatz ist jedoch stark umstritten. Zum einen fallen dem Anbau der Pflanzen Unmengen Hektar an Urwald zum Opfer. Dem WWF zufolge erstreckt sich die Palmölindustrie mittlerweile auf 19 Millionen Hektar.
Zum anderen ist raffiniertes Palmöl Wissenschaftlern zufolge sehr ungesund, da es bedenkliche Stoffe enthält. Das liegt am Herstellungsprozess.
Um unangenehme Geruchs- und Geschmacksstoffe zu entfernen, wird Palmöl bei hohen Temperaturen (zirka 200 Grad) behandelt. Dabei entstehen sogenannte Prozesskontaminanten wie Glycidyl-Fettsäureester (GE) sowie 3-MCPD- und 2-MCPD-Fettsäureester.
Diese Stoffe entstehen nicht nur bei der Raffination von Palmöl. Auch andere raffinierte Pflanzenöle können diese Substanzen enthalten. Allerdings wurde die höchste Konzentration daran laut Europäischer Lebensmittel Behörde (Efsa) in Palmölen und Palmfetten gefunden.
Das Problem: Sind sie im Körper und werden verdaut, werden Glycidol, 3-MCPD und 2-MCPD freigesetzt. Diese Substanzen gelten als äußerst bedenklich.
Die Efsa hat daher untersucht, wie diese Stoffe im Körper wirken. Es zeigte sich, dass Glycidol genotoxisch und kanzerogen ist. Das bedeutet, dieser Stoff kann das Erbgut schädigen und gilt damit als hochgradig krebserregend.
Deshalb haben die Efsa mit Sachverständigengremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) sowie das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) keine unbedenklichen Aufnahmemengen festgelegt.
"Da die genotoxische und karzinogene Wirkung von Glycidol hinreichend nachgewiesen ist, hat das CONTAM-Gremium keinen sicheren Wert für GE festgelegt", erklärte die Ärztin Helle Knutsen, Vorsitzende des Gremiums, bereits 2016 in einer Stellungnahme.
Gesetzliche Grenzwerte in Lebensmitteln
Zudem zeigte sich in Studien, dass 3-MCPD ab einer gewissen Dosis gutartige Tumore auslösen sowie Leber, Nieren und Hoden schädigen kann. Auch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), die bei der WHO angesiedelt ist, stuft diesen Stoff als "möglicherweise krebserregend" für den Menschen ein.
Das BfR empfiehlt daher, die Aufnahme dieses Stoffes so gering wie möglich zu halten – nicht mehr als zwei Mikrogramm 3-MCPD je Kilogramm Körpergewicht. Für 2-MCPD liegen bisher noch keine validen Daten vor.
Trotz dieser Erkenntnisse verzichten die Hersteller nicht auf den Zusatz industriell hergestellten Palmöls. In Italien kam es deshalb zum Streit zwischen Supermarktketten und Produzenten. So hat Coop den Brotaufstrich Nutella von Ferrero aus seinen Regalen entfernt. Außerdem findet sich immer öfter auf Verpackungen der Hinweis "Senza Olio di Palma" – "Ohne Palmöl".
Um den Anteil an gesundheitsschädlichen Stoffe im Palmöl zu reduzieren, hat die Europäische Union 2018 gesetzliche Grenzwerte für Glycidyl-Fettsäureester in Ölen und Fetten festgesetzt: 1.000 Mikrogramm pro Kilogramm Öl beziehungsweise Fett.
Strengere Grenzwerte gelten für Babynahrung: Zulässig sind hier nur 500 Mikrogramm Glycidyl-Fettsäureester. Noch niedriger fallen sie für Säuglingsnahrung aus, hier sind maximal 75 Mikrogramm erlaubt. Ab Juli 2019 sollen diese noch einmal gesenkt werden, auf 50 Mikrogramm.
Zu viele gesättigte Fettsäuren schaden
Nicht nur wegen seiner Prozesskontiminanten steht Palmöl massiv in der Kritik. Bedenklich ist auch der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren. Zu viel davon kann sich negativ auf die Blutfettwerte, insbesondere auf das schlechte Cholesterin – den LDL – auswirken. Heißt: Das Risiko, an Diabetes zu erkranken, steigt. Denn LDL kann die Wirkung von Insulin auf den Körper beeinträchtigen.
Außerdem kann ein übermäßiger Konsum an gesättigten Fettsäuren zu Gefäßverengungen führen. Und das wiederum ist schädlich fürs Herz. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher, die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren auf sieben bis zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr zu beschränken. Gesättigte Fettsäuren sollten eher durch ungesättigte Fettsäuren ersetzt werden.
Palmöl ist allerdings nicht per se schlecht – wenn es nicht raffiniert wird. Kalt gepresste und unbehandelte Öle sind generell frei von Glycidol und gebundenem Glycidol. Denn die gefährlichen Verbindungen entstehen nur unter Einfluss von Hitze.
Außerdem enthält es etwa 15-mal so viel Beta-Karotin (Provitamin A) wie Karotten. In dem Öl stecken darüber hinaus auch viel Vitamin E und Coenzym Q1. Beide gehören zu den sogenannten Antioxidantien. Diese schützen die Zellen vor freien Radikalen und gelten somit als krebsvorbeugend.
Nichtsdestotrotz kommt in verarbeiteten Produkten selten kaltgepresstes Palmöl zum Einsatz. Selbst Biohersteller kommen um die Desodorierung (Entfernen unerwünschter Farbe und Geschmack) des Palmrohöls nicht herum. Zwar haben einige Biopioniere wie Rapunzel Maßnahmen ergriffen, um die Werte möglicher Schadstoffe zu reduzieren; ein Geschmäckle, wie es so schön heißt, aber bleibt.
Palmöl in Lebensmitteln zu boykottieren, ist jedoch nicht besonders schwer – wenn man damit leben kann, auf einige Lieblingsprodukte zu verzichten und/oder diese durch Alternativen zu ersetzen. Ersatzprodukte findet man vor allem im Biomarkt.
Aufs Kleingedruckte achten
Im Grunde reicht es, die Zutatenliste zu studieren. Ist Palmöl drin, steht es auch auf dem Produkt.
Mitunter sind die Zutatenlisten jedoch so klein aufgedruckt, dass selbst Menschen ohne Sehschwäche Schwierigkeiten beim Lesen bekommen. Dann hilft das Smartphone. Apps wie Codecheck verraten per Barcode-Scan, ob das kritische Öl enthalten ist oder nicht.
Wer gerne außer Haus isst, sollte nicht vergessen: Manche Restaurants greifen auch auf Fertigprodukte zurück. Hier hilft nur fragen. Und auch der mit Schokocreme gefüllte Crêpes auf der Kirmes könnte ein Problem darstellen.
Auf Nummer sicher geht, wer selbst kocht und backt. Wie wäre es mit einem Schoko-Avocado-Mus statt des Schokopuddings aus dem Regal? Ein Nussaufstrich ist schnell gemacht und Butterplätzchen gelingen im Backofen wunderbar. Palmölfreie Rezepte gibt es unter anderem auf Chefkoch.de.
Verwendete Quellen:
- Europäischer Lebensmittel Behörde (Efsa): Prozesskontaminanten in Pflanzenölen und Lebensmitteln
- Grenzwerte in Lebensmitteln - Amtsblatt der Europäischen Union. Verordnung (EU) 2018/290 der Kommission
- Foodwatch - Ist Palmöl krebserregend?
- Rapunzel - Palmöl in Rapunzel Produkten gesundheitlich unbedenklich
- Statista
- Bundesamt für Risikobewertung (BfR)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
- NDR: Leben ohne Palmöl: Bei Lebensmitteln praktikabel
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