Zu Terrorismus und Cyberkrieg bietet die neue Sicherheitsdoktrin von Wolfgang Sobotka kaum mehr als Stichworte. Konkret wird der Innenminister nur bei der Begrenzung der Zuwanderung.
Als vor vier Jahren die derzeit geltenden Leitlinien zur inneren Sicherheit verankert wurden, war die Welt eine andere. Im Frühjahr 2013 zerbrach man sich den Kopf über die Erkenntnisse des Whistleblowers
In der damals beschlossenen Sicherheitsdoktrin gab es ein Bekenntnis zur Wehrpflicht, weil die Österreicher per Referendum ein Berufsheer abgelehnt hatten. Kritik kam unter anderem vom BZÖ. Bloß Überschriften und "schöne Worte" lautete der Tenor.
Die Lage hat sich verändert
Heute ist das orange Bündnis Geschichte, dafür sind mit den NEOS und dem Team Stronach zwei neue Parteien in den Nationalrat eingezogen. Der NSA-Skandal ist beinah vergessen, in Washington musste der Liberale Barack Obama dem unberechenbaren Populisten Donald Trump Platz machen.
Noch ist nicht geklärt, welche Rolle russische Hacker bei dessen Wahl gespielt haben. Fest steht nur: Bei künftigen Wahlen in westlichen Ländern ist mit virtuellen Querschlägen aus Moskau zu rechnen. Manche Sicherheitsexperten sprechen bereits von einem neuen kalten Krieg im Internet.
Und der Terror ist nach Europa gekommen: In Paris, Brüssel, Nizza und Berlin gab es Attentate der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit zahlreichen Todesopfern.
Und dann ist da noch die Sache mit den Flüchtlingen, die im Jahr 2015 zu zehntausenden über die Grenzen kamen. Fast ausschließlich friedlich, aber unkontrolliert.
Die am Donnerstag vorgestellte Sicherheitsdoktrin von Innenminister
Ein Maßnahmenkatalog aus Überschriften
Was genau Sobotka damit meint und wie er das konkret bewerkstelligen möchte, lässt er Minister offen. Einmal mehr kritisiert die Opposition dass der präsentierte Maßnahmenplan vor allem aus Überschriften bestehe.
In Sobotkas Plan ist viel von Koordination und Evaluation die Rede. So soll es ein Sicherheitskabinett geben – eine Art inneren Zirkel innerhalb der Bundesregierung bestehend aus Bundeskanzler, Innen- und Außenminister. Im kleinen Kreis soll die aktuelle Sicherheitslage ressortübergreifend analysiert und rasche Lösungen für anstehende Probleme gefunden werden.
Antworten auf die großen geopolitischen Herausforderungen – Terrorismus, Cyberkrieg sowie die zunehmende Radikalisierung der Gesellschaft durch islamistische und rechtsextreme Gruppierungen gibt Sobotka nur in Stichworten.
"Bekämpfung staatsfeindlicher Verbindungen" heißt es lapidar, "Entwicklung einer Strategie für digitale Sicherheit" und "Überwachung von Gefährdern". Viel ist davon die Rede, bestehende gesetzliche Möglichkeiten zur Stärkung der inneren Sicherheit besser auszuschöpfen. Was damit gemeint ist, bleibt weitgehend unklar.
Konkrete Vorschläge nur beim Thema Migration
Wirklich konkret wird Sobotka nur beim Thema Migration. Die Zuwanderung durch Asylwerber soll dauerhaft und rigide reduziert werden, die bestehende Obergrenze einerseits halbiert und andererseits in der Verfassung verankert werden.
Abgelehnten Asylwerbern soll die finanzielle Unterstützung gestrichen werden. Auf EU-Ebene soll sich Österreich dafür stark machen, Flüchtlingsrouten besser zu kontrollieren und Asylwerbern den Weg nach Europa möglichst zu erschweren.
Sobotka räumt indirekt ein, dass die Abschottung gegenüber Flüchtlingen weniger der Abwehr realer als jener gefühlter Gefahren dient. Seine Maßnahmen sollen das "subjektive Sicherheitsempfinden" der Österreicher stärken.
Einen Nerv getroffen
Politisch trifft er damit zweifellos einen Nerv. Gemeinsam mit seinem SPÖ-Widerpart, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, setzt er der rechten Opposition zu.
Der Höhenflug der FPÖ unter Heinz-Christian Strache ist zu Ende, die beiden Regierungsparteien gewinnen mit ihren harten Ansagen zur inneren Sicherheit wieder an Boden unter den Füßen. Straches liebstes (manche sagen: einziges) Thema - die Zuwanderung - wird zunehmend von Rot und Schwarz besetzt. Das wird in Umfragen von der Bevölkerung goutiert.
Dennoch wüsste man ganz gerne etwas konkreter, wie Sobotka mit den Gefahren von IS-Terror und Cyberkrieg umzugehen gedenkt.
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