Nur noch wenige Tage bis zur Wiener Landtagswahl: Am 11. Wir haben bei Politikexperten nachgefragt, wie sie den Wahlkampf bewerten – und ob Michael Häupl Bürgermeister bleibt.

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"Für Wien brauchst a G'spür", wollen die einen wissen, eine "Oktober-Revolution" rufen die anderen aus: Wien befindet sich im Wahlkampf-Endspurt. Während sich SPÖ und Grüne besonders für ein "weltoffenes Wien" einsetzen, für Integration durch Bildung und eine dezentrale Unterbringung von Zuwanderern und Asylsuchenden, macht die FPÖ, was sie am besten kann: Sie wettert fortwährend gegen Asylwerber.

Die Freiheitlichen um Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache fordern in ihrem Wahlprogramm die konsequente Abschiebung von "Schein"-Asylwerbern sowie für "echte" Asylwerber einen "Schutz auf Zeit". De SPÖ will strenger gegen prekäre Arbeitsverhältnisse vorgehen, die FPÖ einzelne Sektoren des Arbeitsmarktes für "fremde Arbeitssuchende" schließen.

FPÖ profitiert von Bundespolitik

In aktuellen Umfragen liegen SPÖ und FPÖ nahezu gleichauf - was zeigt, dass die FPÖ den Nerv vieler Wähler trifft. "Sie profitiert derzeit als Oppositionspartei auch auf nationaler Ebene von einer wenig populären Bundesregierung sowie sozialen und wirtschaftlichen Ängsten", sagt Politikexperte Professor Peter Filzmaier von der Donau-Universität Krems. Derselben Meinung ist Kathrin Stainer-Hämmerle, Professorin für Politikwissenschaft an der FH Kärnten: "Straches Erfolg basiert auf der schlechten Performance der regierenden Parteien – eher noch im Bund als auf Landesebene." Sie ist sicher: "Falls sich das Krisenmanagement nicht bessert, insbesondere in der Asylfrage, oder die Bundesregierung es nicht schafft, zügig Reformen anzugehen, wird das wohl auch so bleiben."

Angriff auf Strache: die Grünen

Während Wiens amtierender Bürgermeister Michael Häupl und Strache im Wahlkampf im Vordergrund stehen, kämpfen die anderen Parteien mühsam um Aufmerksamkeit: "Die Grünen versuchen mit scharfer Kritik an der FPÖ, Kernschichten und rot-grüne Wechselwähler anzusprechen", sagt Peter Filzmaier. Das hat zuletzt die Elefantenrunde von ORF und Puls 4 am Montag gezeigt, in der die Grünen-Spitzenkandidatin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou Strache mehrfach scharf anging.

"Die kleinen Parteien gehen in der Duell-Situation unter – genau wie ihre Themen", sagt Kathrin Stainer-Hämmerle. Die Grünen wollen beispielsweise die Kindergartenplatzgarantie ab dem zweiten Lebensjahr und 1.000 neue Lehrer. Sie möchten die 365-Euro-Jahreskarte aufs Umland ausweiten und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen. Sie planen jährlich 10.000 neue, preisregulierte Wohnungen und den gleichen Lohn für Frauen und Männer. "Die Grünen wollen weiter mitregieren – und sind daher nicht angriffig genug", findet Stainer-Hämmerle.

Laute Korruptionsvorwürfe: die Neos

"Die Neos protestieren als neue Partei besonders laut gegen jede Form etablierter Politik und Politiker in Wien, die sie als faul und korrupt bezeichnen", sagt Filzmaier. Sie wollen den politischen Apparat abspecken und auf diese Art 120 Millionen Euro für die Bildung frei machen. Und: "Wir wollen mit der Freunderlwirtschaft aufräumen und Unternehmen stärken", schreibt Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger in ihrem Wahlprogramm.

In der Elefantenrunde prangerte Meinl-Reisinger lautstark das "korrupte, mafiöse" System bei Werbeausgaben. Kathrin Stainer-Hämmerle erinnert an die schwierige Situation der Neos: "Sie stehen sehr unter Druck, weil der Einzug in Burgenland, Steiermark und Oberösterreich nicht geklappt hat. Außerdem haben sie die geringsten Ressourcen, um gegen die Materialschlacht von SPÖ und FPÖ anzutreten."

Schweres Los: die ÖVP

Am schwersten hat es nach Meinung von Professor Filzmaier aber die ÖVP: Egal, ob sie eine Regierungsbeteiligung mit der SPÖ oder der FPÖ anstrebe, immer "würde sie die Meinungen in der Partei spalten und jeweils einen Teil ihrer potenziellen Wähler irritieren", urteilt der Experte. Wohl auch deswegen bleibt Spitzenkandidat Manfred Juraczka bei einigen Themen eher zurückhaltend. Etwa bei den Flüchtlingsfragen. Sie müssten "mit Anstand und Verstand" angegangen werden, sagte er bloß in der Elefantenrunde.

Die ÖVP will innerhalb von fünf Jahren 25.000 neue Jobs schaffen. Zu den Plänen gehören die Verlängerung der Transsibirischen Eisenbahn bis Wien oder der Bau der dritten Piste am Flughafen Schwechat. "Die ÖVP ist irgendwie gegen alle und schafft es kaum, eigene Positionen zu vermitteln", findet Kathrin Stainer-Hämmerle. "Als Autofahrerpartei noch am ehesten, aber das ist im Moment eher ein Orchideenthema."

Bleibt Häupl Bürgermeister?

"Es ist insofern wahrscheinlich, dass Michael Häupl Bürgermeister bleibt, weil es ja weniger um den ersten Platz geht als um Mehrheiten für eine Koalition", betont Peter Filzmaier. "Hier hat Häupls SPÖ unabhängig vom genauen Ergebnis deutlich mehr Chancen": Er könne auf SPÖ/Grüne sowie vielleicht SPÖ/ÖVP und womöglich mehrere Dreiervarianten mit den Neos hoffen. Strache hingegen bleibe nur eine einzige Option: FPÖ/ÖVP. "Da ist freilich die Wahrscheinlichkeit gering, dass es sich ausgeht."

Auch Stainer-Hämmerle geht zunächst davon aus, dass Häupl Bürgermeister bleibt. Allerdings gibt sie zu bedenken: "Sollte die SPÖ am Wahlabend nur knapp vor der FPÖ oder gar hinter der FPÖ liegen, dann wird Michael Häupl wohl zurücktreten." Eine kurzfristige Möglichkeit, die Freiheitlichen zu bremsen, sieht sie durchaus: "Einfach als Juniorpartner mitregieren lassen. Dann entzaubert sich jede populistische Partei sehr schnell."

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