In einem waren sich fast alle Beobachter des ersten TV-Duells der US-Wahl zwischen Amtsinhaber Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden einig: Das hätte man sich auch sparen können. Während sich mancher Pressevertreter nur mit Fäkalsprache zu helfen weiß, reagieren Fernsehzuschauer vor allem genervt.

Mehr zur US-Wahl 2020

Das erste TV-Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden bestätigte alle Befürchtungen. Anstatt inhaltlich zu diskutieren, ergingen sich die beiden Widersacher in persönlichen Beleidigungen.

Donald Trump war dabei gewohnt polternd, ließ Biden selten ausreden, wich Fragen aus, die ihm nicht passten und legte sich mehr als einmal mit Moderator Chris Wallace an. Doch auch Biden ließ sich immer wieder zu problematischen Erwiderungen hinreißen, nannte Trump unter anderem einen "Clown", "Putins Welpen" und herrschte ihn an: "Shut up, man!" ("Halt die Klappe!")

Donald Trump und Joe Biden: Chaotische erste TV-Debatte

US-Präsident Donald Trump und Joe Biden sind sich in einer ersten TV-Debatte gegenüber gestanden. Während Trump seinen Herausforderer immer wieder unterbrochen hat, hat Biden den amtierenden Präsidenten persönlich beleidigt. Das Fazit: chaotisch (Foto: imago images/UPI Photo)

Reaktionen auf TV-Duell fallen vernichtend aus

Entsprechend vernichtend fallen auch die Reaktionen auf diese erste TV-Debatte der US-Wahl 2020 aus. Ein Wort, das die Schlagzeilen in den USA beherrscht: Chaos.

Die "New York Times" schreibt, "Trumps Hohn und seine Täuschungen stürzen diese erste Debatte ins Chaos". Der Fernsehsender CNN spricht von "reinem Chaos" und die amerikanische "Huffington Post" erklärt die TV-Debatte gar zur ersten Runde von "Mayhem" (dt.: Chaos, aber auch Körperverletzung).

CNN-Nachrichtensprecher Jake Tapper spricht aus, was wohl viele denken: "Das war eine furchtbare Sauerei [...]. Das war die schlimmste TV-Debatte, die ich je gesehen habe. Das war kein TV-Duell, das war eine Schande". (im englischen Original: "That was a hot mess inside a dumpster fire, inside a trainwreck, that was the worst debate I've ever seen, it wasn't a debate, it was a disgrace."

Und auch Tappers Kollegin Dana Bash ringt um Worte und kann es dann selbst fast nicht fassen, was ihr da über die Lippen kommt: "Das war eine Shitshow".

Auch die deutsche Presse schlägt in eine ähnliche Kerbe. Der "Spiegel" nennt das TV-Duell einen "Schreikrampf", "Sueddeutsche.de" schreibt "Teils Faustkampf, teils Theaterstück" und "Bild.de" spricht vom "Brutalsten Duell aller Zeiten".

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP urteilte der Politikwissenschaftler Mitchell McKinney von der Universität von Missouri: "Das war die chaotischste und am meisten von Angriffen geprägte Präsidentschaftsdebatte unserer Geschichte". Und Constanze Stelzenmüller von der Denkfabrik Brookings Institution konstatierte nüchtern: "Die Debatte war ein Abbild des hyperpolarisierten Amerikas: Unterbrechungen, Beleidigungen, Lügen - aber vor allem durch den Präsidenten."

Die Zuschauer als große Verlierer der Debatte

Die großen Verlierer dieses TV-Duells sind aber auf jeden Fall die Zuschauer. In einer CBS-Blitzumfrage gaben mehr als zwei Drittel (69 Prozent) an, die Diskussion habe sie vor allem verärgert. 31 Prozent fühlten sich davon unterhalten. 19 Prozent gaben zudem an, die Sendung lasse sie pessimistisch zurück.

Auf die Frage, wer die Debatte gewonnen habe, nannten 48 Prozent Biden und 41 Prozent Trump. Rund zehn Prozent bewerteten den Ausgang als unentschieden.

Moderator Chris Wallace wirkt unglücklich

Unglücklich über den Verlauf der Debatte dürfte auch Moderator Chris Wallace sein. Vor allem im Netz hagelt es Kritik an dem Fox-Journalisten, der es nicht schaffte, vor allem Trumps ständigen Unterbrechungen Einhalt zu gebieten.

"The Daily Show" bringt die Kritik bei Twitter auf den Punkt: "Chris Wallaces Leistung heute Abend ist eine hervorragende Erinnerung daran, dass KindergärtnerInnen unterbezahlt sind."

Mit dem Ausgang des TV-Duells zufrieden zeigt sich Bidens Vorgängerin, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton: Sie sei sich sicherer denn je, dass Biden der erfahrene Führer sein, "den wir jetzt brauchen".

Biden selbst meldete sich nach dem Duell mit einer Zusammenfassung von Trumps Verfehlungen zu Wort. "Genug ist genug. Wir brauchen einen Präsidenten, der uns zusammenbringt - und uns nicht weiter auseinandertreibt", schrieb er abschließend.

Trump hingegen ließ lieber andere für sich sprechen und retweetete mehrere Aussagen seiner Anhänger, die entweder Biden angriffen oder Trump als Gewinner der Debatte feierten.

Am 15. Oktober treffen die beiden Widersacher zu einem erneuten Duell aufeinander.

Mit Material von AFP und dpa.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.