In einem Fragebogen sollten sich die Spitzenkandidaten bei der Nationalratswahl dazu äußern, ob Österreich einem angegriffenen EU-Mitgliedsstaat auch militärisch Beistand leisten solle. Nur einer der Befragten äußerte sich klar.
Die Spitzenkandidaten bei der Nationalratswahl äußern sich zurückhaltend auf die Frage, ob Österreich einem angegriffenen EU-Staat militärisch beistehen soll. Ein klares Bekenntnis dazu kommt lediglich von Werner Kogler (Grüne). Die anderen Spitzenkandidaten weichen der Frage im APA-Außenpolitik-Fragebogen aus, äußern sich unbestimmt oder plädieren für zivile Hilfe. Fayad Mulla (KEINE) sieht die Frage "unklar geregelt" an und fordert daher eine "offene" Neutralitätsdebatte.
Die APA hatte die Spitzenkandidaten der neun bundesweit antretenden Listen gefragt, ob Österreich einem angegriffenen EU-Mitgliedsstaat auch militärisch Beistand leisten solle, ob dies mit der Neutralität vereinbar wäre, und wenn nein, ob Österreich umgekehrt ebenfalls auf militärischen Beistand anderer EU-Staaten verzichten solle. Laut Artikel 42 EU-Vertrag schulden die anderen EU-Staaten einem angegriffenen Mitgliedsstaat "alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung". Davon unberührt ist aber der "besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedsstaaten", heißt es mit Blick auf die Neutralität.
"Die Beistandspflicht gegenüber den EU-Mitgliedstaaten ist in unserer Verfassung verankert", betont Kogler. "Das umfasst im Ernstfall auch, einem anderen EU-Staat mit militärischen Mitteln beizustehen, wobei es sich dabei zum Beispiel um Unterstützung im Transport- oder Sanitätsbereich handeln kann. Umgekehrt erwarten wir auch von unseren Partnern in der EU, dass sie ihre Beistandspflicht erfüllen."
Keine klare Äußerung von NEOS-Chefin Meinl-Reisinger
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger will sich diesbezüglich nicht festlegen. Sie betont zwar, dass Österreich seine Sicherheit "als solidarisches Mitglied der EU im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik denken" müsse. "Wenn ein EU-Land angegriffen wird, ist das ein Angriff auf die gesamte europäische Gemeinschaft. Österreich muss daher im Ernstfall darüber entscheiden, wie es am besten seiner Beistandspflicht nachkommen kann."
Auf die Neutralität berufen sich in ihren Antworten
Für Mulla ist genau diese Frage "unklar geregelt". Österreich sei mit dem EU-Beitritt eine Beistandspflicht eingegangen, doch stehe diese nicht über der Verfassung. Es brauche eine "offene Debatte" über Neutralität und Sicherheit, "bei der wir neu und klar entscheiden, welchen Weg wir einschlagen wollen", so der KEINE-Spitzenkandidat.
KPÖ-Spitzenkandidat Tobias Schweiger gibt keine klare Antwort zum Thema Beistandspflicht. Vielmehr bekräftigt er, dass die Teilnahme an militärischen Bündnissen "keinesfalls mit der Neutralität vereinbar" sei und das Bundesheer nur noch für UNO-Friedensmissionen ins Ausland geschickt werden dürfe. Auch eine Teilnahme an Luftverteidigungsbündnissen, EU-Battlegroups oder der EU-Verteidigungszusammenarbeit PESCO werde abgelehnt.
Petrovic bekennt sich zur Neutralität
Am ausführlichsten mit der Frage setzt sich LMP-Listenführerin Madeleine Petrovic auseinander. Sie bekennt sich zur Neutralität und betont, dass sie auf absehbare Zeit keine manifeste Bedrohung der EU sehe. Für Österreich sei es wichtig, innerhalb der EU die "irische Klausel" (Neutralitätsvorbehalt) in Anspruch zu nehmen. Im Fall eines unprovozierten Angriffs auf einen EU-Staat "wird die gesamte EU angegriffen und es tritt für Österreich der Verteidigungsfall ein", so Petrovic. Ob damit militärischer Beistand gemeint ist, bleibt offen. Zugleich betont sie, dass Österreich sich an seine neutralitätsrechtlichen Pflichten zu halten habe, wenn ein EU-Staat den Angriff durch aggressive Akte selbst provoziert habe.
Bierpartei-Spitzenkandidat Dominik Wlazny hat eine Beantwortung des außenpolitischen Fragebogens der APA verweigert. (APA/bearbeitet von vit)
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