Seit einem Monat zimmern ÖVP und FPÖ an einer Koalition - und halten sich bedeckt wie selten. Die Erwartungshaltung ist bei Anhängern groß. Am Donnerstag wollen die Parteichefs Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache über den aktuellen Stand der Verhandlungen informieren.

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Das Drehbuch zur Regierungsbildung empfiehlt bisher Harmonie statt Drama: Bei ihren gemeinsamen Auftritten präsentieren sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz und der FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache als politisches Duo, das scheinbar nichts trennen kann.

Der im Wahlkampf versprochene "neue Stil" - konstruktives Miteinander statt missgünstiges Gegeneinander - soll bereits in der Frühphase der Zusammenarbeit einziehen. Das "formidable Betriebsklima", wie das Magazin "Profil" schreibt, kommt nach einem Monat aber mehr und mehr auf den Prüfstand der konkreten inhaltlichen Arbeit.

ÖVP dementiert Medienberichte

Die ÖVP hat am Mittwoch Berichte dementiert, dass über das Bildungsbudget bereits verhandelt worden sei. Meldungen wie jene des "Kurier" seien "unwahr", heißt es in einer Aussendung.

In den einzelnen Fachgruppen - so auch in der Fachgruppe "Bildung" - werde nicht über Budgets verhandelt. "Das ist einzig und alleine Sache der Steuerungsgruppe."

In der Fachgruppe "Bildung" werde hingegen darüber diskutiert, wie man das System verbessern, die Struktur optimieren und vorhandene Mittel effizient einsetzen könne.

Der Verband der Elternvereine warnte vorsorglich vor Kürzungen im Bildungsbereich. Der beschlossene Ausbau der Schulautonomie müsse rasch umgesetzt werden, heißt es in einer Mitteilung.

"Die Finanzierung der für den Schulbetrieb benötigten Lehrer und der Kosten für Schulbau und -erhaltung darf nicht zulasten pädagogischer Gestaltung gehen", wurde der Vorsitzende Karl Dwulit in der Aussendung zitiert.

Der "Kurier" und einige andere Medien hatten berichtet, dass es für die Bildung kein frisches Geld und keine zusätzlichen Lehrkräfte geben werde.

Öffentliche Einigkeit bisher nur bei Migration und Sozialsystem

Am Mittwoch trafen sich die Fachgruppen der unterschiedlichen Bereiche. Die Steuerungsgruppe wird am Donnerstag und am Freitag zusammentreffen.

Für Donnerstag um 15:00 Uhr ist zudem eine eine Pressekonferenz von Kurz und Strache angekündigt. Welche Inhalte die Parteichefs präsentieren, ist noch offen.

Einzig ihr Lieblingsfeld "Bekämpfung der illegalen Migration" und "Zuwanderung ins Sozialsystem" haben ÖVP und FPÖ bisher öffentlich abgehandelt.

So soll die bisher geltende, juristisch und politisch umstrittene Obergrenze von aktuell 35.000 Asylverfahren von einer noch schärferen Gangart abgelöst werden. "Wir sind da deutlich ambitionierter", umschrieb der 31-jährige ÖVP-Chef Kurz das Ziel, die illegale Migration möglichst ganz zu stoppen.

Obendrein sollen Asylberechtigte erst nach zehn statt nach sechs Jahren einen Antrag auf Staatsbürgerschaft stellen können. Die Mindestsicherung soll für Neuankömmlinge fünf Jahre lang auf rund 520 Euro gekürzt und für Familien bei 1.500 Euro gedeckelt werden.

Van der Bellen: Protokoll ist eine Fälschung

Das aufgetauchte Protokoll eines Treffens von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Diplomaten, in dem er sich äußerst undiplomatisch über Sebastian Kurz geäußert haben soll, hat sich unterdessen als Fälschung entpuppt.

Die "Kronen-Zeitung" hatte aus dem Dokument zitiert, das angeblich von einem "hochrangigen Auslandsvertreter" verfasst worden war. Demnach sei Kurz für Van der Bellen "ein irritierender junger Mann, der kaum Alkohol trinkt, nicht raucht und auch keinen Kaffee trinkt".

Vonseiten der Hofburg wurde das Protokoll als völlig unseriös eingestuft. Van der Bellens Ausführungen hätten nicht in der Form stattgefunden. Möglicherweise habe der Diplomat dem Gespräch nicht richtig folgen können. Laut APA herrschte zudem Ärger darüber, dass der vertrauliche Charakter der Veranstaltung missachtet wurde.

Ein Zeuge geht noch weiter: Nach Angaben des Gastgebers des Treffens - Estlands Botschafter Rein Oidekivi - ist das "Protokoll" eine Fälschung: In einer schriftlichen Stellungnahme, die dem "Kurier" vorliegt, erklärte Oidekivi, dass "die besprochenen Themen nicht korrekt dargestellt wurden".

Knackpunkt Europa

Auch die Äußerung von Van der Bellen, die FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Harald Vilimsky nicht angeloben zu wollen, wird in dem "Protokoll" erwähnt. Die "Presse" hatte zunächst exklusiv darüber berichtet.

Demnach will Van der Bellen sein Vetorecht nutzen, wenn ihm einzelne FPÖ-Ministerkandidaten nicht behagen - etwa Harald Vilimsky oder Johann Gudenus.

Zum Knackpunkt könnte das eindeutige Bekenntnis zu Europa werden, das Kurz von seinem potenziellen Koalitionspartner verlangt. Angesichts der von der FPÖ über Jahrzehnte kultivierten EU-Schelte dürfte sich die Frage stellen, ob die erwartete politische Geste mehr ist als ein taktisches Lippenbekenntnis.

Das strukturierte Vorgehen beim Schmieden der Koalition kommt laut Experten nicht von ungefähr. "Kurz und Strache sind zwei Typen, die auf Nummer sicher spielen", sagt der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt. (ank)

Mit Material der dpa
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