Die Spitzenkandidaten Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) stellten sich den Fragen in der Pressestunde. Beide Interviews wurden von der Affäre um Tal Silberstein dominiert. Wirklich profitieren konnte keiner der beiden davon.

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Genau eine Woche vor der Nationalratswahl stellten sich die Spitzenkandidaten der beiden Regierungsparteien in der ORF-Pressestunde Journalistenfragen. Das sonntägliche Ritual am frühen Nachmittag soll der Vertiefung von Sachfragen dienen: Einmal in der Woche haben österreichische Politiker die Möglichkeit, auf Fragen ausführlich zu antworten.

Im Wahlkampf-Finish gelten freilich andere Regeln, auch in der Pressstunde. Die aufeinanderfolgenden Interviews mit dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Christian Kern und seinen konservativen Herausforderer, Außenminister Sebastian Kurz, drehten sich zu weiten Teilen um einen abwesenden Israeli, der in diesen Tagen in seiner Heimat in Hausarrest sitzt. Der ehemalige SPÖ-Berater und Spindoktor, der mysteriöse Facebook-Gruppen betreiben ließ, in denen Kurz teils rassistisch attackiert wurde, dominierte beide Gespräche.

Dabei war das Thema für keinen der beiden Kandidaten wirklich angenehm – auch wenn Kurz das Thema von sich aus mehrfach nachdrücklich aufs Tapet brachte. Er habe den Eindruck, sagte er, "dass alles getan wird um es so darzustellen, als ob die Sache furchtbar kompliziert sei." Das sei sie aber mitnichten.

Schmutzkampagnen sollen strafbar werden

Kurz kündigte auch an, sich für eine Gesetzesänderung einzusetzen, um zu verhindern, dass künftig im Wahlkampf mit schmutzigen Unterstellungen gegen andere Kandidaten gearbeitet wird. Dazu habe er bereits ein Gespräch mit Justizminister Wolfgang Brandstetter geführt.

Freilich: Auch Kurz musste sich zur Rolle der ÖVP in der Affäre rechtfertigen. Dabei geht es einerseits um den Vorwurf, die Konservativen hätten einen Maulwurf in den Reihen der SPÖ gehabt und seien daher über alle gegnerischen Aktivitäten informiert gewesen.

Kurz: "Hier gibt es eine Opfer-Täter-Umkehrung." Es handle sich um einen SPÖ-Skandal, er Kurz, sei ein Opfer der Aktivitäten von Silberstein, der in seinem Privatleben geschnüffelt habe.

Kurz musste sich aber auch für seinen offiziellen Pressesprecher Gerald Fleischmann rechtfertigen, der sich mehrmals mit einem Mitarbeiter Silbersteins getroffen und diesem per SMS ein Angebot für bezahlte PR im Auftrag der ÖVP gemacht hat.

Davon habe er, sagte Kurz, nichts gewusst. Auf Nachfrage schloß er aus, dass die ÖVP jemals für Informationen aus den gegnerischen Lager gezahlt habe.

Dass sie über Details aus der Kampagne der SPÖ im Bilde war, leugnete Kurz nicht. Diese seien aber durchaus bekannt gewesen, weil einzelne Sozialdemokraten die schmutzigen Tricks ihrer eigenen Partei missbilligten und an die Öffentlichkeit gebracht hätten.

Wie Kurz musste auch Kern in der Affäre Silberstein eine Gratwanderung zwischen Angriff und Defensive hinlegen. Einmal mehr bezeichnete der Bundeskanzler des Engagement des Beraters als Fehler und sprach sich - wie zuvor Kurz - für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Affäre aus.

Kern distanzierte sich auch vom Politikberater Rudolf Fußi, der – wie am Samstag bekannt wurde – einer mutmaßlichen ÖVP-Informantin in den Reihen der SPÖ per WhatsApp gedroht hatte.

Damit habe er, Kern nichts zu tun, er verurteile das scharf. "Ich habe absolut kein Verständnis für diese Vorgangsweise." Mit Fußi wollte er im Übrigen wenig zu tun gehabt haben, dieser habe bloß "Redebausteine" für einige seiner Ansprachen beigesteuert. Das habe Fußi freiwillig getan, "er hat keinen Cent dafür bekommen."

Regelmäßiger Kontakt mit Silberstein

Kern räumte auch ein, dass er mit Tal Silberstein regelmäßig Kontakt hatte, relativierte aber einen Kurier-Artikel, wonach er diesem beinahe blind vertraut habe.

Als ihm dieser vorgeschlagen habe, als PR-Gag im Anzug in die Donau zu springen, habe er das abgelehnt. Er verteidigte hingegen die umstrittene Pizza-Aktion, bei der der Kanzler Privatpersonen das Essen brachte. Das sei eine Maßnahme gewesen, um mit der Mittelschicht ins Gespräch zu kommen.

Und sonst? Beide Kandidaten untermauerten ihre Wahlkampfforderungen. So sprach sich Kern einmal mehr für eine Vermögensbesteuerung und Erbschaftssteuer aus – eine alte SPÖ-Forderung, von der der konservative Noch-Koalitionspartner nichts wissen will.

Umgekehrt kündigte Kurz - für den Fall, dass er Kanzler werde – an, die Sozialversicherungsträger zusammenzulegen, bei der Mindestsicherung zu sparen und eine Steuerreform in Höhe von bis zu 14 Milliarden Euro durchzusetzen. Im Hinblick auf künftige Koalitionen ließen sie sich alles offen.

Am Ende war die Pressestunde wohl für beide Kandidaten ein Pflichttermin, eine letzte Aufwärmrunde vor der heißen Phase des Wahlkampfs, in der ein TV-Duell das andere jagen wird. Fazit: Wirklich gewonnen hat keiner der beiden, verloren aber auch nicht.

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